Meine Freundin, der Guru und ich
jedenfalls taten wir so). Das führte dazu, daß wir so was wie gute Kumpel werden konnten.
Es war das erste Mal, daß ich mit einem Mädchen richtig befreundet war. Mit ihr war es immer lustig. Und obwohl ich auf ihren Körper scharf war, aber gleichzeitig wußte, daß da nichts zu machen war, verstanden wir uns prima. So prima, daß ich mich nicht erinnern konnte, mich mit meinen sonstigen Freunden je so gut verstanden zu haben. Die meiste Zeit hatten wir es lustig, aber manchmal, wenn wir in der Stimmung dazu waren, führten wir auch ziemlich ernste Gespräche. Ich meine, was wir uns da so erzählten, war gelegentlich richtig … na ja, intim. Zum Schluß habe ich ihr Dinge anvertraut, die ich eigentlich vorher noch nie jemandem erzählt hatte. Ich kann mich jetzt gar nicht mehr erinnern, was es war, aber ich weiß noch, wie ich damals dachte, daß es sich alles ziemlich bedeutsam anfühlte.
∗∗∗
Obwohl wir bloß Freunde waren und ich keinen zweiten Versuch machte, sie anzugraben, wurde es mit der Zeit immer offensichtlicher, daß wir uns näherkamen. Wenn wir uns irgendwo hinsetzten, fanden wir uns stets genau nebeneinander wieder. Wenn wir spazierengingen, geschah dies oft händchenhaltend. Und im Kino fanden wir nichts dabei, uns aneinander festzuhalten, wenn es spannend wurde.
Ich bin zwar kein Experte auf dem Gebiet, aber für mich war es sonnenklar, daß da was Sexuelles abging. Es war nicht so, daß ich mich an sie rangemacht hätte oder so was, aber zwischen uns begann sich einfach etwas zu entwickeln – beinahe ohne unser Zutun. Und je mehr wir irgendwo herumsaßen und uns betatschten, und je mehr wir über unsere tiefsten und dunkelsten Geheimnisse redeten und einander das Herz ausschütteten, desto mehr türmte sich dieses Etwas auf, über das keiner von uns beiden sprechen wollte.
Und ich wußte genau – das weiß man in solch einer Situation einfach –, also ich wußte genau: Wenn ich gesagt hätte, daß wir uns wie ein Pärchen in den Flitterwochen verhalten, hätte sie einen auf geschockt gemacht und wäre wütend geworden – und die ganze Sache hätte sich in Rauch aufgelöst. Denn wenn das Körperliche weg gewesen wäre, wäre es auch mit unserer Freundschaft über kurz oder lang Essig gewesen. Wir hätten schlecht aufhören können, uns anzufassen, ohne das Gefühl zu haben, uns wie Schauspieler zu benehmen.
Ab und zu sagte sie so Sachen wie: »Du hast 'nen ziemlich engen Begriff von persönlichem Freiraum, oder?« Was totaler Quatsch ist, weil es einfach überhaupt nicht stimmt. Mein Sperrgebiet ist größer als das von Tschernobyl, und ich hasse es, Leute anzufassen, wirklich – aber was sollte ich machen? Also log ich und sagte, sie hätte recht.
Sie muß gewußt haben, daß das mit der Freundschaft eine einzige Farce war und daß irgendwas im Busch war, aber sie sorgte dafür, daß es nur ja niemand von uns beiden zugeben konnte.
Ich war immer davon ausgegangen, daß die Sache in einer einzigen schwitzigen, von Schuldgefühlen geplagten Raserei enden würde und daß wir danach nie wieder miteinander würden reden können. Aber eines Tages, völlig aus heiterem Himmel, haute Liz mich mit einem Vorschlag aus den Socken, der mehr sexuelle Möglichkeiten eröffnete, als ich jemals zu träumen gewagt hatte.
Es ging auf Ende April zu, und Liz schwänzte schon das dritte Mal in dieser Woche ihren Kurs. Wir hatten gerade den Nachmittag damit verbracht, uns in Hampstead Heath die Zeit zu vertreiben, und lagen nun ausgestreckt auf dem Rasen. Liz hatte ihren Kopf auf meinen Bauch gelegt.
»Und was machst du jetzt?«
»Wegen was?«
»Na, mit dem Rest von deinem Jahr.«
»Ahaaa – jetzt kommt die Fünf-Millionen-Dollar-Frage, oder wie?«
»Sechs Millionen.«
»Ist doch nicht so wichtig.«
»Du hast noch mehr als vier Monate Zeit.«
»Stimmt.«
»Gehst du arbeiten?«
»Nicht, wenn sich's vermeiden läßt.«
»Mußt du arbeiten?«
»Nö, eigentlich nicht.«
»Du machst Witze.«
»Mach ich nicht. Ich hab Kohle ohne Ende.«
»Echt?«
»Ja. Sieht man das nicht?«
»Nee – du bist genauso zugeknöpft wie immer.«
»Freut mich zu hören.«
»Woher kommt es dann, daß du so reich bist?«
»Hauptsächlich daher, daß der Mindestverdienst in der Schweiz bei über tausend Pfund liegt. Und weil ich dort so gut wie nie weggegangen bin, habe ich das meiste davon gespart.«
»Mehr als einen Tausender im Monat?«
»Na ja – sie behalten den größten Teil von deinem Gehalt
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