Meine Freundin Jennie
abgab, und an drei Seiten waren sie dort durch die Überreste der Backsteinmauer vor Kälte und durch einen Mauervorsprung sogar vor Regen geschützt. Bisher hatten Ebony und Limpy und die beiden Schwestern aus Wien da gewohnt, die jedoch alle vier darauf bestanden, daß Jennie und Peter sich jetzt allein dort niederließen.
Und was das Abendessen anging, brauchten sie unter den vielen guten Dingen, die man ihnen anbrachte, nur zu wählen und darauf zu achten, daß alles gerecht verteilt wurde, damit keiner zu kurz kam. Mickey Riley stiftete einen großen Kalbsknochen, Pounce Andrews hatte noch eine Maus vorrätig, an der noch allerhand dran war, Limpy steuerte einen Fischkopf bei, undTiggo schleppte aus einem Müllkasten in der Nachbarschaft sogar das ganze Gerippe eines halben Hummers an, mit Beinen und allem.
Nach beendeter Mahlzeit wuschen sie sich alle gründlich und gönnten sich eine ausgiebige Plauderstunde, um noch besser miteinander bekannt zu werden. Danach krochen diejenigen, die gern nachts draußen herumstromerten, unter der losen Planke zur Tür hinaus, während die anderen sich noch für ein Weilchen zusammenhockten und ihre Erfahrungen austauschten, bevor sie dann ihre verschiedenen Schlafplätze aufsuchten.
Ein Dreiviertelmond schien durch das dachlose Haus und erfüllte es mit seinem sanften silberblassen Licht, das die Umrisse der in tiefem Schatten liegenden Ruinen deutlich hervortreten ließ und sich in den Augen der Katzen, die noch wach waren, wie in kühlen smaragd- und topasfarbenen Seen widerspiegelte.
Vom Turm der nahegelegenen Allerseelenkirche hörte Peter, der dicht an sein Stück Mauer gekuschelt dalag, es elf schlagen. Das Herz war ihm schwer, weil er daran dachte, daß Jennie ihn jetzt jeden Augenblick verlassen und zu ihren Leuten zurückkehren mußte. Sie schien sich hier jedoch ganz wohlzufühlen, und als sie noch immer keine Miene machte, aufzubrechen, und auch mit keinem Wort erwähnte, daß sie jetzt fortgehen müsse, brachte Peter, der diese Spannung nicht länger zu ertragen vermochte, selbst das Thema zur Sprache.
«Jennie», sagte er, «willst du nicht, ich meine, müßtest du nicht schleunigst zu deiner Buff und den Pennys zurücklaufen? Buff wird dich gewiß schon vermißt haben, als sie zu Bett ging...!»
Jennie antwortete nicht gleich, sie hob jedoch den Kopf, so daß Peter jetzt im Mondschein ihren weißen Hals, ihr weißes Gesicht und auch ihre feucht schimmernden Augen sehen konnte. Und dann sagte sie mit einer merkwürdig fremd klingenden Stimme: «Peter, ich habe zu lange selbständig gelebt, als daß ich meine Freiheit wieder aufgeben könnte. Ich werde nicht zu den Pennys zurückkehren. Ich bin hergekommen, um hier zu bleiben! Macht es dir was aus?»
Wie typisch für Jennie, es so darzustellen! Ob es ihm was ausmache, wenn sie bei ihm blieb! Und mit der einfachen Erklärung, sie habe zu lange in der Freiheit gelebt, um sich wieder an das Leben einer Hauskatze gewöhnen zu können, einfach abzuleugnen, was für ein großes Opfer sie ihm brachte I
Denn hätten die Pennys nur begriffen, daß er und Jennie zusammengehörten, und ihn auch zu sich genommen, wäre Jennie nur zu froh gewesen, bei ihrer geliebten Buff bleiben zu können, dem einzigen Menschenwesen, dem sie wirklich zugetan war — daran zweifelte Peter nicht einen Augenblick. Was sie da eben so selbstverständlich und ohne irgendwelches Getue behauptet hatte, hieß nur, daß sie alles, woran ihr Herz hing, für ihn aufgeben wollte.
Und das rührte ihn tief. Da er aber insgeheim doch noch wie ein Junge dachte, konnte er nicht umhin, sich vorzustellen, wie enttäuscht, wie traurig und besorgt Jennies Buff sein würde — dieses hübsche Mädchen mit den langen Ringellocken und dem lieben Gesicht!
Laut sagte er: «Liebste Jennie, ich hab mich ohne dich so einsam gefühlt. Alles schien auf einmal anders zu sein und ich dachte, so würde es nun immer bleiben, und wußte gar nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Aber wäre es nicht einfach zu schrecklich für die arme Buff? Sie hat sich doch so darüber gefreut, dich wiedergefunden zu haben! Ach, Jennie, warum muß denn nur immer irgend jemand unglücklich sein?»
Peter sah genau, wie es in Jennies Augen aufglitzerte, bevor sie den Kopf zur Seite wandte, um sich, dem Gebot dieses gemütvollen Augenblicks gehorchend, schnell ein bißchen zu putzen, und er wußte, das konnte nicht nur am Mondschein liegen. Doch als sie ihr Fell etwas glattgestrichen
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