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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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einem wunderbar dicken und straffen Fell, das einen Farbton hatte wie Perlmuscheln oder eine kaum angerauchte Meerschaumpfeife, aber vielleicht doch mit einem Stich ins Cremefarbene, so wie Kaffee mit sehr viel Milch drin; jedenfalls hatte er in seinem ganzen Leben noch keine Katze von dieser Farbe gesehen.
    Doch das war noch keineswegs alles, was Peter an dieser kleinen Katze so überraschte, denn ihr Gesicht hatte die Farbe von einem Seehundsfell, ihre Nase war ein kohlschwarzes Dreieck, das Haar auf dem Kopf sah wie Rahm aus, und dazu hatte sie ganz dunkelbraune Ohren. Aber das schönste an ihr waren doch die fast durchsichtig schimmernden tiefblauen Augen, die mitten aus diesem dunklen Gesicht hervorleuchteten. Diese Augen waren nicht veilchenblau oder saphirblau und auch nicht so blau wie das Meer oder der Himmel — man konnte dieses besondere Blau einfach nicht beschreiben, aber wenn man es einmal gesehen hatte, konnte man sich unter Blau nur noch diese Farbe vorstellen. Peter bemerkte auch, daß die Augen etwas schräg standen, aber das tat der Schönheit dieses Gesichts durchaus keinen Abbruch, sondern ließ es nur noch reizvoller erscheinen. Er war sich bewußt, daß er wie angenagelt dastand und diese liebliche Erscheinung ganz benommen anstarrte, weil er offenbar gar nichts anderes zu tim vermochte.
    Der Bann wurde von der seltsamen kleinen Person selbst gebrochen, die nun drei Schritte zur Seite hüpfte und dann wieder drei Schritte zurücksprang, ihren Schwanz aufplusterte und sagte: «Guten Abend! Ich weiß, daß es Morgen ist, aber das ist mir gleich. Ich sage immer das, was mir gerade Spaß macht. Und wenn ich mich so aufgelegt fühle, sage ich abends, auch , und     Da ihr letztes Wort zweifellos eine Frage war, die sie an ihn direkt richtete, hatte Peter das Gefühl, etwas darauf erwidern zu müssen, aber er war von dem Charme dieser kleinen Katze und ihrer drolligen Redeweise noch so verblüfft, daß ihm nichts Besseres einfiel als: «Guten Abend, Miß», was ihr wieder einen Aufschrei entlockte, und diesmal sprang sie außerdem vor Vergnügen hoch in die Luft, und als sie wieder auf ihren vier Pfoten stand, rief sie aus: «Oh, du scheinst mir ja ein lustiger Bursche zu sein. Ich heiße Lulu, aber alle meine Freunde nennen mich kurz das Fischgesicht. Das tun sie deshalb, weil mein Atem, wenn ich Bratheringe oder Bücklinge esse oder ein Stück Dorsch, Butt, Kabeljau oder auch mal Lachs, immer nach Fisch riecht. Hier, du kannst dich selbst davon überzeugen. Riechst du’s?»
    Und dabei schob sie ihren Kopf ganz dicht an Peter heran und atmete ihm ins Gesicht. Der Fischgeruch war unverkennbar, aber trotzdem — vielleicht, weil er jetzt ein Kater war—fand Peter ihn nicht unangenehm.
    Er lächelte und sagte: «Ich heiße Peter, und...» Doch weiter kam er nicht, denn Lulu machte fast gleichzeitig einen Satz nach vom und einen zurück und rief: «Peter, Peter! Es gibt irgendein Gedicht, das so anfängt, aber ich hab vergessen, wie es weitergeht. Außerdem denk ich mir immer selber Gedichte aus. Jetzt fällt mir gerade eines über Fingerhüte ein. Warte, ich werde es dir gleich aufsagen.» Und bei diesen Worten setzte sie sich aufrecht hin, ganz still und begann — mit einem so verklärten Ausdruck im Gesicht, daß Peter unwillkürlich an die Gesichter der Heiligen denken mußte, die er auf den bunten Kirchenfenstern gesehen hatte — zu rezitieren:

    «Fingerhut,
    Fingerhut,
    Finger-Finger-Fingerhut,
    Fi-fi-fi-fi-fingerhut!

    Siehst du», erklärte ihm Lulu, nachdem sie geendet hatte, «im Gegensatz zu den meisten anderen Gedichten reimt sich hier jede einzige Zeile. Huuuuuuiii!» Mit einem großen Satz war sie davongesprungen und jagte nun hinter einem Blatt her, das es einzig und allein in ihrer Phantasie gab und das plötzlich durch die Luft zu wirbeln schien; immer wieder schlug sie mit ihren flinken dunklen Pfoten danach, und schließlich bildete sie sich ein, es sei dicht neben Peter auf den Boden geweht worden, wo sie nun mit einem fürchterlichen Bums hinplumpste, und als sie da so hockte, blickte sie Peter forschend ins Gesicht und fragte ihn: «Magst du Tee? Oder magst du lieber Kaffee? Ich für mein Teil schwärme für Oliven! War das nicht ein hübscher Tag, der nach dem Mittwoch kam?
    Du brauchst mir nicht zu antworten», schrie sie dann mit ihrer tiefen Stimme, bevor Peter sich auch nur eine Antwort überlegen konnte, und stand auf

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