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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Wanderzirkus bald hier, bald dort die Neugierigen anlockt.
    Von allen Seiten strömten die Leute auf den Eingang zu. «Beeil dich, beeil dich», schrie Lulu, die mitten im Gedränge herumhüpfte und sich alle naselang nach Peter umsah. «Ist das nicht Dusel? Sowas habe ich noch nie zu sehen bekommen! Ich bin sicher, daß es da auch eine ganze Menge guter Sachen zu futtern gibt. Na, da sind wir ja schon. Lauf du nur voraus, falls irgend etwas schiefgehen sollte, ich werde dich schon im Auge behalten...»
    Peter hatte zwar schon einmal einen kleinen Rummelplatz besucht, als er in den Ferien an der See gewesen war, aber natürlich nicht allein, das heißt, ohne daß ihn jemand an die Hand nahm und ihm sagte, wohin er gehen dürfe und wohin nicht, und selbstverständlich war er noch nirgendswohin in Begleitung eines so bezaubernden und durch und durch verführerischen Geschöpfs wie Lulu gegangen.
    Sie kamen an einem Mann vorbei, der prall aufgeblasene rote, gelbe, blaue und grüne Luftballons feilhielt, die alle an einem langen Stock befestigt waren, und natürlich mußte Lulu mit ihrer einen Vorderpfote hinauflangen und einen anfassen, und da sie vergaß, ihre messerscharfen Krallen einzuziehen oder das womöglich auch aus reiner Bosheit unterließ, zerplatzte der Ballon, ein besonders großer, hellroter, mit einem lauten Knall, was Lulu so erschreckte, daß sie Hals über Kopf umfiel und, als sie wieder auf ihren Pfoten stand, in drei Richtungen zugleich davonlaufen wollte, mit dem Erfolg, daß sie überhaupt nicht von der Stelle kam, worüber Peter in ein schallendes Gelächter ausbrach. Aber der Mann, der die Luftballons verkaufte, fand es gar nicht komisch, daß einer, der sechs Pennies kostete, zerplatzt war und statt dessen nur ein schlaffes Stückchen Gummi an dem Stock hing, das er nun wütend abriß, und mit dem er Lulu geschlagen haben würde, hätte sie nicht gerade in diesem Augenblick ihr Gleichgewicht wiedergefunden und wäre nicht sofort wie ein abgeschossener Pfeil davongeflitzt, so schnell, daß Peter, der immer noch lachen mußte, Mühe hatte, ihr zu folgen. Als er sie endlich einholte, war sie furchtbar böse auf ihn, nicht etwa nur, weil er sich über sie lustig gemacht hatte, sondern auch, weil er, wie sie ihm entrüstet vorwarf, den Ballon kaputtgemacht habe, und das habe er nur getan, um ihr einen Schrecken einzujagen — was doch in keiner Weise der Wahrheit entsprach.
    Doch Peter war ihrem Zauber so stark erlegen, daß er ihr diese Behauptung gar nicht übelnahm, obwohl ihn als Junge nichts so gekränkt und so unglücklich gemacht hatte wie eine ungerechte Beschuldigung. Er bat Lulu sogar um Verzeihung, als wäre er wirklich der Sünder gewesen, und um sie wieder zu versöhnen, erbot er sich, sie zu einer Bude zu führen, wo sie vielleicht etwas Eiscreme ergattern konnten.
    Lulu, die offenbar in keiner Stimmung lange verharren konnte, wurde sofort wieder guter Laune, scheuerte sogar zweimal äußerst zärtlich ihren Rücken an Peters Fell und rief entzückt aus: «Eiscreme! Wie himmlisch! Ich schwärme für Eiscreme! Wenn du mir etwas Eiscreme verschaffst, werde ich dich mein ganzes Leben lang nicht vergessen», und dann fügte sie rasch hinzu: «Weißt du, bei uns zu Hause gibt es nämlich jeden Tag Eiscreme und sonntags sogar zweimal. Das kommt daher, daß meine Leute so reich sind. Aktien, weißt du. Oder hab ich das schon erzählt?»
    Ganz glaubte Peter das ja nicht, denn warum wäre sie sonst so begierig auf Eiscreme gewesen, dachte er im stillen, aber es war ihm einfach nicht möglich, an irgend etwas, was Lulu tat oder sagte, Kritik zu üben, und außerdem meinte er einen Stand entdeckt zu haben, wo die kleine Prinzessin ihre Genäschigkeit befriedigen konnte. Seine scharfen Augen, die jetzt so trainiert waren, daß ihnen keine Gelegenheit entging, wo man eine gute Mahlzeit oder auch nur einen kleinen Happen erwischen konnte, hatten ganz in der Nähe von der Stelle, wo sie gerade standen, eine Eisbude erspäht, in der ein junges Mädchen in einer weißen Kittelschürze die Kundschaft bediente. Das Mädchen hatte strohgelbes Haar, Kinnbacken, die sich unaufhörlich bewegten, und Augen, die sie ebenfalls unablässig über die Menschenmenge schweifen ließ. Daß ihre Kinnbacken sich fortwährend bewegten, lag gewiß nur daran, daß sie ein Stück Kaugummi im Mund hatte. Da ihr Blick aber nur deshalb immer wieder über die Menge wanderte, weil sie nach einem stattlichen jungen Mann Ausschau

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