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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Osten durch Clapton zu den Wiesen von Ley ton, wo sie eine Zeitlang in der Nähe der Wasserwerke spielten, bevor sie wieder in nördlicher Richtung weiterliefen, bis zum Eppinger Forst, den sie bei Anbruch der Nacht erreichten und wo sie sich nicht genug darüber wundem konnten, daß es innerhalb der Stadtgrenzen von London so viele Bäume und Sträucher gab.
    Peter wurde allmählich müde und ziemlich hungrig, denn irgendwie kam es immer dazu, daß sie gerade dann, wenn er einen kleinen Happen hätte essen oder sich etwas hätte ausruhen können, sofort weitergehen oder irgend etwas tun mußten, denn Lulu war viel zu aufgeregt und begeistert darüber, so weit draußen auf dem Lande zu sein, wie sie sich ausdrückte, als daß sie sich über Peters Befinden irgendwelche Gedanken gemacht hätte, und inständig bat sie ihn, ihre Begeisterung und Freude doch zu teilen.
    Inzwischen waren die Sterne aufgegangen, und der Mond war beinahe voll und leuchtete so hell, daß es einen geradezu blendete, wenn man ihn ansah.
    Natürlich übte der Mondschein eine phantastische Wirkung auf Lulu aus. Sie jubelte und kreischte, hüpfte und tanzte umher; sie schlug Purzelbäume, machte Luftsprünge, lief an der einen Seite von einem Baumstamm hinauf und an der anderen wieder hinunter, ohne auch nur eine Sekunde lang anzuhalten, und überall schimmerte ihr rahmfarbenes Fell in dem silbernen Mondlicht zwischen den dicht belaubten Ästen auf. Und was sie auch tat, Peter mußte es nachmachen, und dann jagten sie einander unter den Bäumen und Sträuchern, bis Peter dachte, er würde umfallen vor Müdigkeit, und da schrie Lulu übermütig:
    «So! Und jetzt klettern wir einen Mondstrahl hinauf. Ich allein weiß, wie man das macht. Paß gut auf und komm mir nach!»
    Natürlich gelang es ihr nicht, doch als Peter sah, wie sie sich zusammenraffte und dann mondwärts emporschnellte, wobei sie heftig mit allen vier Pfoten in der Luft herumstrampelte, kam es ihm so vor, als bringe sie dieses Kunststück wirklich fertig, und er geriet völlig außer Atem, als er versuchte, es ihr gleich zu tun. Schließlich schien sie selber das Bedürfnis zu haben, sich ein wenig zu verschnaufen, und streckte sich keuchend unter einer großen Buche aus, als aber Peter sich neben ihr ins Moos warf und gerade im Begriff war, einzuschlafen, sagte sie: «Mondschein macht mich immer so sentimental. Soll ich dir ein siamesisches Lied Vorsingen?» Und ohne seine Antwort abzuwarten, sang sie mit ihrer merkwürdigen, etwas brüchigen Stimme:

    «Inii-minii-mingmang, Mool
    Hokuspokus, Bangkok-Joe!»

    Diese Strophe sang sie mehrere Male, aber ihre Stimme klang immer schläfriger. Endlich erklärte sie: «So! Morgen werd ich’s dir beibringen. Jetzt ist Schlafenszeit. Wache über mir, Peter! An einem fremden Ort zu schlafen, macht mich immer so nervös. Einer von uns sollte immer ein Auge offen halten, während wir schlafen. Tu du das bitte!» Sie legte sich auf die Seite, und an der gleichmäßigen Bewegung ihrer Flanke merkte Peter, daß sie bereits eingeschlummert war. Er blickte auf sie nieder und dachte, daß er noch niemanden so anmutig schlafen gesehen habe, und das Vertrauen, das sie ihm bewies, indem sie ihn zu ihrem Wächter bestellte, rührte ihn tief. Was da auch aus dem Wald auf sie zukommen mochte, ein Löwe oder ein Tiger oder auch ein Elefant, er wollte Lulu schon beschützen — wenn es ihm nur gelingen würde, wachzubleiben.
    Glücklicherweise währte diese mondhelle Nacht nur noch wenige Stunden, und bald nachdem der Mond hinter den Bäumen versunken war, stieg die Sonne wieder am Himmel empor, und Lulu erwachte. Sie reckte sich, blinzelte und kniff sich mit der rechten in die linke Vorderpfote, während Peter entzückt jede ihrer graziösen Bewegungen verfolgte. Und dann setzte sie sich mit einem Ruck, als ob ihr ganz plötzlich etwas eingefallen sei, aufrecht hin und starrte Peter auf eine höchst sonderbare Weise an, fast so, als hätte sie ihn in ihrem Leben noch nie gesehen. Sie erhob sich sogar, lief auf ihn zu und blickte ihm forschend in die Augen. Daraufhin schüttelte sie sich und fragte in einem so erstaunten Ton, als sei sie soeben aus einer tiefen Betäubung wieder zu sich gekommen: «Wo in aller Welt sind wir hier eigentlich? Wohin hast du mich verschleppt? Was ist denn nur mit mir geschehen?» Und obwohl sie sich in Wirklichkeit gar nicht mit der Pfote über die Stirn strich, machte sie dabei ein Gesicht, als hätte sie das getan.
    Ganz

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