Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
Vom Netzwerk:
Sicherheit.»
    Und so hüpften sie also, um immer wieder in Deckung zu gehen, in kurzen Sätzen von einem Fleck zum anderen, was Peter höchst aufregend und spaßig fand. Und als sie das Tor erreicht hatten, durch das man zu den Verladekais gelangte, trafen sie dort alles genau so an, wie Jennie es vorausgesagt hatte. Die großen eisernen Torflügel standen weit offen, denn ein Güterzug war tatsächlich gerade durchgefahren, das heißt, die hintersten Waggons und der Bremswagen hatten das Tor noch nicht passiert, obwohl der Zug bereits hielt, so lang war er. Und nun hatten Jennie und Peter es auch nicht mehr nötig, sich immer wieder nur in Etappen fortzubewegen, denn die Loren, die Kessel-, Vieh- und Kühlwagen gaben eine großartige Deckung ab, so daß die beiden Spießgesellen ganz unbehelligt darunter entlanglaufen konnten.
    Die kleine Baracke stand am äußersten Ende der Kais, noch ein Stück hinter den Lagerschuppen: ein niedriger Holzbau mit nur einem Raum, nur einer Tür und zwei Fenstern, von denen mehrere Scheiben zerbrochen und durch Lumpen ersetzt worden waren; und statt eines Schornsteins ragte unter dem Wellblechdach ein gebogenes Ofenrohr hervor.
    Trotz der Trübseligkeit der Umgebung — inmitten all dieser modernden Tauenden, verrosteten Trossen und Schienen und morschen Planken, die da herumlagen — machte die Baracke, so verwittert und verfallen sie auch war, doch einen freundlichen, ja, geradezu anheimelnden Eindruck, denn zu beiden Seiten der Tür, direkt unter den Fenstern, standen zwei lange grüne, mit Blumenerde gefüllte Kästen, in denen hellrote Geranien blühten. Als Jennie und Peter näher kamen, drang aus der offenen Tür der aufreizend köstliche Duft frisch gebratener Leber.
    «Er ist drinnen und kocht sich gerade seinen Tee», sagte Jennie. «Jetzt müssen wir ihn erstmal wissen lassen, daß wir hier sind», und schon entrang sich ihrer Kehle ein langgezogenes, herzzerreißendes «Miiiiiau!»
    Sofort tauchte im Türrahmen ein ärmlich gekleideter alter Mann auf, der einen struppigen und fleckigen Schnauzbart trug und in der Hand eine Bratpfanne hielt.
    «Hallo», sagte er. «Das ist doch wahrhaftig die kleine Tigerkatze! Da hat sie also den alten Bill Grims doch nicht vergessen und will ihm wieder mal einen Besuch machen. Und diesmal hat sie sogar noch einen Freund mitgebracht. Na komm nur her, Pussie, Pussie!»
    Mr. Grims hatte schneeweißes Haar, das ihm bis auf die Schulter herabhing, und buschige grimmige Brauen, unter denen jedoch die sanftesten blauen Augen hervorleuchteten, die Peter je gesehen hatte — Augen, die zugleich unendlich gütig und traurig dreinschauten. Seine unrasierten stacheligen Backen waren ganz rot von der Ofenhitze, und seine runzligen knotigen Hände waren sehr schmutzig.
     dachte Peter.
    Der Wächter stellte die Pfanne beiseite, beugte sich zu ihm nieder und sagte: «Du bist ja ein ganz prächtiger Bursche. Komm mal her und laß dich näher anschauen!» Und dabei machte er ein so freundliches Gesicht, daß Peter sofort zu ihm hinlaufen wollte, so schmutzig der alte Mann auch war, doch Jennie ermahnte ihn:
    «Nein, nein, Peter, wenn du dich zu schnell mit ihm anbiederst, kriegst du keine Milch. Laß mich nur machen!» Und schon begann sie wieder laut zu miauen, so jämmerlich, daß selbst Peter den unechten, allzu mitleidheischenden Ton deutlich heraushörte.
    Aber offensichtlich hatte sie damit bei Mr. Grims die richtige Saite zum Klingen gebracht, denn er sagte sofort: «Mir scheint, ein bißchen Milch kam euch beiden jetzt gut zupaß, wie? Ich hol euch gleich welche, Pussies, lauft mir inzwischen nur nicht weg.» Und nach diesen Worten drehte er sich um und verschwand in der Baracke.
    «Aha!» sagte Jennie triumphierend. «Siehst du? Ich hab gehört, wie er gesagt hat. Das übrige hab ich leider nicht verstanden.»
    «Aber ich», erwiderte Peter. «Er hat gesagt, wir sollen ihm nicht weglaufen, er würde uns gleich etwas Milch holen.»
    Jennie starrte Peter an, als könnte sie ihren eigenen Ohren nicht trauen. «Peter! Kannst du wirklich alles verstehen, was er sagt?»
    «Natürlich kann ich das. Wie sollte ich auch nicht? Er hat doch englisch gesprochen. Wenn er französisch

Weitere Kostenlose Bücher