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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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ist günstig. Bis die Ladung gelöscht ist, wird der Wächter nichts zu tun haben. Die Wolken haben sich verzogen, und in den nächsten achtundvierzig Stunden wird es bestimmt nicht regnen. Ein Güterzug ist gerade zum Verladekai runtergefahren. Das trifft sich gut, denn das bedeutet, daß die Tore offenstehen, und außerdem können wir die Waggons als Deckung benutzen.»
    «Donnerwetter!» rief Peter anerkennend aus. «Mir ist es einfach ein Rätsel, wie du das alles in einem einzigen Augenblick herausgefunden hast. Glaubst du, ich werde je... ?»
    «Natürlich wirst du», entgegnete Jennie lachend, schnurrte ein wenig und fügte hinzu: «Das hast du bald raus, wenn du dich erst daran gewöhnt haben wirst, die Dinge so anzusehen, wie eine Katze das tut. Es ist wirklich kinderleicht.» Und vor Verlegenheit leckte sie sich ein paarmal die Pfote. Denn um die Wahrheit zu sagen: sie war ein ganz klein bißchen eitel, und nichts freute sie mehr, als von Peter für klug gehalten zu werden, weil sie eben eine echte Katze war.
    «Ja, ich begreife nur nicht», setzte Peter an und traf damit gerade das Richtige, um Jennie ein Stichwort zu geben, das sie sofort aufgriff.
    «Es ist wirklich ganz einfach», erklärte sie. «Zum Beispiel riecht es doch jetzt hier nach Tee. Nun, und als ich gestern draußen war, tat es das nicht. Das heißt also, daß ein Tee-Schiff eingelaufen ist und die Ladeluken auf stehen. Und dann hab ich gesagt: Katzen sind keine da, denn ich empfing keine Ausstrahlungen, jedenfalls keine feindlichen. Und der Hund, der hier vorbeigelaufen ist - du liebe Zeit, den hast du ja schon zehn Meilen gegen den Wind riechen können. Wenn der einen guten Stammbaum hätte oder so viel auf sich halten würde, daß er auf Katzen Jagd machte, würde er sauber sein, und ein sauberer Hund riecht anders. Dieser war bestimmt ganz verdreckt, und deshalb sage ich, daß wir uns seinetwegen keine Sorgen zu machen brauchen. So ein Köter wagt sich ja kaum auf eine ordentliche Straße und ist froh, wenn man ihn ungeschoren läßt. Und was den Güterzug angeht, so ist auch da keine Kunst dabei, wenn du dich in einer Gegend erst richtig auskennst, Siehst du, der Rauch kam von links, wo die Verladekais liegen, also ist er auch dorthin gefahren. Und ob es ein Güterzug ist oder nicht, weißt du sofort, weil man ja riechen kann, was sich in den Waggons befindet, Siehst du nun, wie einfach das alles ist?»
    Und wieder tat Peter das einzig Richtige, denn er begriff jetzt, womit er Jennie eine Freude machen konnte. «Ich finde, du bist wahnsinnig klug», sagte er zu ihr. Jennie lächelte, und ihr Schnurren übertönte beinahe das Geratter eines gerade vorbeifahrenden Rollwagens. Dann rief sie ihm vergnügt zu: «Komm, Peter, die Bahn ist frei!» Und mit einem Satz sprangen sie beide auf das Kopfsteinpflaster der Straße hinaus. I

Ein alter Katzenfreund wird zum Narren gehalten

    Das Paar machte sich also auf den Weg und lief zunächst die belebte Geschäftsstraße hinunter, und zwar nicht in einem gleichmäßigen Geschwindschritt, Trab oder Galopp, sondern in kurzen hastigen Sprüngen von Punkt zu Punkt, sozusagen in Etappen, und Peter gewann wieder einen neuen Einblick in das schwierige Leben einer obdachlosen Straßenkatze, die keine Freunde hat und auf sich selbst angewiesen ist.
    Denn in einer solchen Steinwüste von einer Stadt, in der einem alles feindlich war, konnte man sich’s, wie Jennie erklärte und er ja nun auch mit eigenen Augen sah, einfach nicht leisten, unbekümmert dahinzuschlendern oder aufs Geratewohl loszurennen, zumal bei dem starken Verkehr, den vielen Menschen, die da vorüberhasteten, und den unzähligen Fahrzeugen — Handkarren, Fahrrädern, Lieferwagen, Omnibussen und Lastautos, die alle schon aufeinander so gut wie gar keine Rücksicht nahmen und erst recht nicht auf etwas, was sich so dicht am Boden fortbewegte wie eine Katze.
    «Die Hauptsache ist», schärfte Jennie ihm ein, «daß du nie einen sicheren Platz verläßt, bevor du nicht den nächsten ins Auge gefaßt hast, wo du Schutz findest, falls dir irgend eine Gefahr droht. Und am besten springst du dann gleich hinüber, ohne dich unterwegs aufzuhalten. Natürlich, befindest du dich noch in dem Viertel, in dem du wohnst, kennst du ja Schlupfwinkel genug, wohin du dich in letzter Minute noch flüchten kannst, und brauchst also nicht so scharf aufzupassen. Wenn du aber in eine Gegend kommst, die dir noch fremd ist, bring dich lieber sofort in

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