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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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ihr Schwanz bewegte sich drohend hin und her. «Ich finde, es war gemein von ihm, daß er gleich die Tür hinter uns zugemacht hat. Das allein hätte dir schon zeigen sollen, worauf er es abgesehen hatte.»
    «Vielleicht hat er die Tür bloß geschlossen, damit seine Blumen keinen Zug kriegen», entgegnete Peter eigensinnig. «Er hat es bestimmt nicht böse mit uns gemeint, so hinterhältig kann er gar nicht sein, wo er doch ein so großer Blumenfreund ist.»
    Jennie knurrte laut. «Alle Menschen sind hinterhältig, und ich will nichts mit ihnen zu tun haben. Ich hab dir ja gesagt, warum ich so denke, und davon laß ich mich auch nicht wieder abbringen.»
    «Warum gibst du dich dann noch mit mir ab?» fragte Peter. «Ich bin doch auch ein Mensch...»
    «Das bist du nicht», schrie Jennie, «du bist nichts anderes als ein weißerKater und nicht mal besonders nett, nach allem, was ich für dich getan habe... Ach, Peter, bist du dir darüber klar, daß wir uns zum erstenmal richtig zanken? Und noch dazu wegen eines Menschen! Da siehst du ja, was dabei herauskommt, wenn man sich mit ihnen einläßt.»
    Peter war sich durchaus bewußt, daß er im Begriff war, sich ernstlich mit Jennie zu streiten, und er schämte sich, weil sie sich seiner so rührend angenommen hatte, als er vor Schwäche ohnmächtig geworden war, und darum sagte er rasch: «Liebe Jennie, es tut mir aufrichtig leid. Du bist so lieb und gut zu mir gewesen, und ich wollte dich gewiß nicht kränken. Und wenn es dich aufbringt, an Mr. Grims oder überhaupt irgendwelche Menschen zu denken und von ihnen zu sprechen, dann wollen wir das lieber bleiben lassen.»
    Jennies Augen blickten nun wieder friedlich, ihr Schwanz beruhigte sich, und herzlich sagte sie: «Du bist doch ein lieber Kerl, Peter, verzeih mir bitte, daß ich dich so angefaucht und die Ohren zurückgelegt habe.» Sie wandte sich ab und fing an, sich eifrig zu putzen, und Peter konnte nicht umhin, es ihr gleich zu tun.
    Als sie der Verlegenheit, die sich ihrer bei dieser beiderseitigen Gefühlsaufwallung bemächtigt hatte, durch eine ausgiebige Reinigungsprozedur Herr geworden waren, bemerkte Peter, daß Jennie ihn mit einem höchst merkwürdigen Ausdruck in ihrem sanften hellen Gesicht anstarrte, fast so — nun ja, wäre er jetzt kein Kater, sondern noch ein Junge gewesen, hätte er gesagt: fast so wie eine Katze, die soeben eine Maus verschlungen hat. Sie schien einen Plan auszuhecken, der ihr offensichtlich Spaß machte und sie stark erregte.
    «Peter», hub sie an, gerade als an der Flußbiegung ein großer Dampfer mit einer grünlich gelben Rauchfahne auftauchte und heiser tutete. «Du bist so schrecklich gescheit, kannst du denn auch Geschriebenes oder Gedrucktes ebenso gut lesen, wie du alles verstehst, was die Leute sagen?»
    «Natürlich», erwiderte Peter. «Das wäre ja auch noch schöner! Schließlich gehe ich doch schon zwei Jahre zur Schule. Ich kann eigentlich alles lesen, bis auf einzelne Wörter, die ich nicht verstehe und die zuviele Buchstaben haben.»
    «O Peter, dann lies mir doch etwas vor! Was steht denn zum Beispiel auf dem kleinen Schiff da drüben, das ein anderes gerade ins Schlepptau genommen hat?»
    «Maude F. O’Reilly, Themse-Schleppdampfer G.m.b.H., Limehouse», las Peter ohne zu stocken.
    «Und auf dem, das im Schlepp fährt?»
    «Esso Queen, Standard Oil Company, Bayonne, N.J.»
    «Und auf dem Schiff, was da weiter draußen vorbeifährt?»
    «Ryndam, Amsterdam. Aber ich weiß nicht, was dieser Name zu bedeuten hat.»
    Jennie seufzte tief und warf Peter einen geradezu verliebten Blick zu. «Oh», sagte sie, «du denkst dir das doch nicht alles aus, was du da vorliest, nein?»
    «Wie kam ich denn dazu?» entgegnete Peter verdutzt «Du hast mich gebeten, dir die Namen vorzulesen, und das hab ich auch getan. Weil du mir aber nicht glaubst...»
    «Oh, aber das tu ich doch, Peter», beteuerte Jennie hingerissen. «Ich konnte es nur erst gar nicht fassen. Das nenne ich wirklich Glück! Begreifst du denn nicht, was das bedeutet?»
    Peter gab sich alle Mühe, es zu begreifen, aber seiner verblüfften Miene konnte Jennie deutlich ansehen, daß er keine Ahnung hatte, was sie meinte, und so erklärte sie’s ihm. «Das bedeutet, daß wir frei sind und wir alles tun und überall hinfahren können, wo wir hin möchten...»
    Aber Peter verstand sie noch immer nicht
    Die Sonne stand jetzt im Westen als feuriger Ball ganz tief am Horizont, und von ihrem glutroten Widerschein

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