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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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aufs Wasser.
    Der Matrose, der ein Eremit gewesen war, sagte zu Peter: «Da geht sie hin, deine Freundin, Weißfell! Denn das wirste nicht erleben, daß Käpten Sourlies seinen Kahn beidreht, um eine wunzwinzige Miezekatze zu retten...»
    Aber Peter war gar nicht mehr da. Es war nur noch ein weißer Streifen von seinem Fell zu sehen, als er die Ratte fallen ließ, die Reling enterte und dann in hohem Bogen Jennie nach ins Meer sprang.

Mr. Strachan liefert den Beweis

    Platsch! — sauste Peter ins Wasser hinein.
    Es zischte und brodelte und schäumte, stieß kleine Wellenberge empor und schluckte sie wieder ein und wirbelte den Gischt bald in diese, bald in jene Richtung, so heftig wurde es dicht unter der Oberfläche von den starken Bewegungen der Schiffsschraube gepeitscht. Außerdem war es schauderhaft kalt.
    Peter fühlte sich unaufhaltsam in den Sog eines Strudels hineingerissen; er wurde hinuntergedrückt, überrollt, Hals über Kopf herumgeschleudert, dann hochgeworfen und, bevor er noch seine Lungen mit Luft vollzupumpen vermochte, von den grünen Fluten wieder in die Tiefe gezerrt. Mit einem Gefühl, als würde sein Hunger nach Luft ihm im nächsten Augenblick die Brust zersprengen, kämpfte er mit allen vier Pfoten gegen die Strömung an, um wieder aufzutauchen, und schließlich gelangte er auch an die Oberfläche, weit genug vom Kielwasser des Dampfers entfernt, um nicht mehr der Spielball des von den Maschinen aufgewühlten Elements zu sein. Dem Strudel war er entronnen, der würgende weiße Schaum verlor sich, und Peter schwamm nun endlich oben auf der eisigen, glasklaren See.
    In einer Entfernung von etwa fünfzig oder sechzig Metern sah er einen winzigen hellen Fleck, der sich im Wasser hin und her bewegte. wollte er ihr zurufen, , aber er bekam nur die Kehle voll Salzwasser, das scheußlich schmeckte, und so beschloß er, die Zähne fest zusammenzubeißen und sich ganz darauf zu konzentrieren, Jennie zu erreichen. War ihm doch, als habe er einen leisen Jammerschrei von ihr gehört, und da es ihm nun, wie er zu seiner großen Beruhigung feststellte, nicht weiter schwer fiel, an der Oberfläche zu bleiben und den Kopf aus dem Wasser zu halten, indem er einfach das Kinn hob, schwamm er so schnell, wie ihn seine vier Beine nur vorwärtsbrachten, in der Richtung, aus der er den Schrei vernommen hatte, auf Jennie zu.
    Was geschehen sollte, sobald er bei ihr angelangt war, wußte er nicht, jedenfalls wollte er jetzt nicht darüber nachdenken, denn der Matrose hatte gewiß recht, und Kapitän Sourlies würde es auch nicht im Traum einfallen, sein Schiff beizudrehen, die Fahrt zu stoppen und kostbare Zeit zu verlieren — zu keinem anderen Zweck, als zwei vagabundierende Katzen, die sich noch dazu als ungebetene Gäste an Bord eingefunden hatten, vor einem nassen Grab zu bewahren. Aber was auch geschehen mochte, dachte Peter, wenigstens würden sie beisammen sein, er und die gutherzige und hilfsbereite kleine Tigerkatze, die ihm erst das Leben gerettet und dann so treu zu ihm gestanden hatte. Sie würden versuchen, zusammen bis zur Küste zu schwimmen, die da drüben so grün und so verheißungsvoll schimmerte, und wenn es ihnen nicht gelang, das feste Land zu erreichen — nun, dann konnten sie einander in den letzten Augenblicken doch wenigstens trösten und würden nicht getrennt sein.
    Peter hatte erst die Hälfte der Strecke zwischen sich und Jennie zurückgelegt und sah nun zu seiner Bestürzung, wie langsam er vorankam. Ihr kleiner Kopf mit den dicht anliegenden Ohren und dem angeklatschten nassen Fell ragte kaum noch aus dem Wasser heraus, und ihre Schwimmbewegungen wurden sichtlich schwächer. Trotzdem hörte er sie Noch rufen, wenn auch so undeutlich, daß er ihre Worte mehr erriet als v«stand: «Peter, schwimm zurück! Du hättest mir nicht nachspringen sollen. Ich kann nicht länger durchhalten. Leb wohl, Peter, mein Lieber...»
    Und gleich darauf verschwand ihr Kopf im Wasser. Einmal tauchte er noch auf, und jetzt war Peter nahe genug, um den verzweifelten Blick in ihren Augen zu sehen, bevor sie dann wieder versank — und nicht mehr zum Vorschein kam. Er verdoppelte seine Anstrengungen, während sein spitz vorgewölbter Brustkorb wie ein gespannter Flitzbogen oder ein umgekehrtes V das Wasser zu seinen beiden Seiten durchschnitt, schlug er, in dem leidenschaftlichen Bemühen, Jennie noch rechtzeitig zu erreichen, mit den Pfoten

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