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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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geweint hätte, während Jennie nicht das geringste Lebenszeichen von sich gab.
    «Klar bei Riemen!» schrie Angus. «Riemen flach! Streich Backbord! Nach Steuerbord halten! Also dann: Dippt und pullt!»
    Zwar tauchten die acht Matrosen ihre Riemen wieder so ungleichmäßig ins Wasser, wie es ihnen gerade paßte, aber das Manöver gelang, das Rettungsboot wendete — wobei es allerdings in der letzten Minute um ein Haar gekentert wäre — und bewegte sich in seinem Zickzackkurs sofort wieder auf die wartende Gräfin von Greenock zu.
    Mr. Strachan hockte jetzt im Bug auf dem Boden, blickte gerührt auf Peter und die noch immer schlaff und reglos daliegende Jennie und murmelte vor sich hin: «Es üss und bleibt ein Beispüll für die Wunder der Natur. Daß düss wahr und wahrhaftig possiert üss, werden sie mirselbst in der in Glasgie nich abstreiten können… Und er memorierte bereits, wie er die Geschichte zum Besten geben würde: «Das bracht ich denn doch nich übers Herz, düsse nüdliche Pussie da im Bach versaufen zu lossen, und wie donn der schmucke weiße Kater seinen Abscheu vor dem Wasser so topfer überwand und in einem einzigen kühnen Satz über Bord sauste, um seiner Liebsten zu Hülfe zu eilen...»
    Mr. Box, der Zimmerer, der als Vormann der Ruderer Mr. Strachau am nächsten saß, kicherte und sagte: «Dem wird’s der Alte nich schlecht besorgen! Wartet nur, bis der alte Sourlies aus seinem Nickerchen aufwacht und hört, daß Mr. Strachan eigenmächtig die Fahrt gestoppt und sich den Deubel darum geschert hat, was das für Zeit, Geld und Kohlen kostet und ob der Alte heute nich mehr an Land kommt! Da wird der bestimmt nich bloß die Hälfte von seinem Geschirr zerteppern.»
    Der Matrose, der ein Eremit gewesen war, entgegnete: «Ojah, das gibt totsicher ‘nen Haufen Scherben! Aber ‘s hätt uns nur Unglück gebracht die kleine Pussie absaufen zu lassen, und wenn ich Mister Strachan auch nich ganz beistimmen kann, was die Rrrechtfertigung seiner Rrrettungsaktion angeht, so kommt’s doch auf den Erfolg des Unternehmens an, Ich fürchte bloß, die Kleine is schon hinüber, die wird nich wieder lebendig.»
    Peter war verzweifelt, weil er dasselbe befürchtete, denn Jennie lag da wie ein nasser Spüllappen, und es sah ganz so aus, als hätte ihr Herz unter den dünnen Rippen, die sich jetzt auf dem nassen Fell deutlich abzeichneten, zu schlagen aufgehört.
    Außerdem zeigte es sich, daß Mr. Box recht behalten und ihnen an Bord kein herzlicher Empfang zuteil werden sollte. Denn am Fallreep, das direkt neben den Taljen heruntergelassen war, damit die kleine Mannschaft an Bord gehen konnte, bevor das Boot aus dem Wasser gehievt und wieder in die Davits eingeschwungen wurde, erwartete sie wie eine dicke, finster dräuende Gewitterwolke, die soviel Donner und Blitz mit sich führte, wie sie nur in sich zu bergen vermochte, ohne augenblicks zu zerbersten, Käpten Sourlies. Sein Pfeffer-und-Salz-Anzug wai fest zugeknöpft und spannte sich straff über seinem Bauch, sein blutroter Schlips lugte angriffslustig unter dem Zelluloidkragen hervor, der ihm so eng ansaß wie das Halsband eines Bernhardiners, und der senffarbene weiche Filzhut thronte genau in der Kopfmitte hoch über seiner Stirn. Seine Schweinsäugelchen hatte er vor Wut zusammengekniffen, sein winziger Schmollmund bildete das denkbar spitzeste o, und sogar sein mächtiges Doppelkinn bebte vor Zorn.
    Seine Laune wurde nicht besser, als er sah, wie ungeschickt die acht Mann es anstellten, das Boot längsseit zu bringen. Ein Riemen zerbrach ihnen dabei, und beinahe hätten sie die Gräfin gerammt, aber nachdem Angus sie mehrfach angebrüllt hatte, brachten sie auch dieses Manöver ohne weitere Zwischenfälle zustande.
    Mr. Strachan hob Peter hoch und steckte ihn sich unter den Arm. Unter seinem anderen Arm trug der Offizier die bewußtlose Jennie, deren Kopf schwer herabhing, während aus ihrem Maul immer noch Wasser rieselte. So stieg er die Stufen des Fallreeps hinauf und ging wieder an Bord der Gräfin von Greenock, um seinem Vorgesetzten Rede zu stehen.
    Obwohl er vor Zorn außer sich war, holte Käpten Sourlies erst noch tief Atem, ehe er sprach. Allem Anschein nach hätte die Lautstärke dieses Zorns, der jetzt im Begriff war, sich Luft zu machen, den Schornstein erzittern lassen, den Ladebaum des Besanmasts umwerfen und Mr. Strachan geradenwegs zu den Cumbrischen Bergen hinüberpusten müssen, die den imposanten Hintergrund

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