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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Katzenviecher genau angeguckt, und ich kann auf keinem von beiden was davon geschrieben sehn, weder mit der Hand, noch in klarer Druckschrift daß an dem und dem Tage gewisse Ereignisse stattgefunden haben. Und zu dem Zeitpunkt, wo solches zu lesen sein wird, werden Sie schon entschuldigen müssen, wenn ich weiterhin sage!»
    Mr. Strachan reichte es. Der Fabrikarbeiter hatte ihn an seiner verwundbarsten Stelle getroffen. Der Zweifel des Kapitäns hatte ihn bereits arg durcheinander und seinen Glauben an sich selbst ins Wanken gebracht, und nun war diese Dreckschnauze da im Begriff, ihm die beste Geschichte zu verderben, die er je auf Lager gehabt hatte — und die er beweisen konnte! «Na schön», sagte er sanft mit einem leisen Seufzer, «vülleicht wird düß Ihrem Sehvermögen etwas auf die Sprünge helfen», und dabei ergriff er behutsam das Glas Bier, von dem er noch keinen Tropfen getrunken hatte, und goß es der Spitznase über den Kopf.
    Daraufhin nahm der baumlange Hafenarbeiter Mr. Strachan aufs Korn und sagte in leicht vorwurfsvollem Ton: «Also alles, was recht is, aber das hätten Sie dem kleinen Jock, der Ihnen bloß bis zu den Schultern reicht, nich an tun dürfen. Dafür müssen Sie sich jetzt auch taufen lassen», und ohne weitere Umschweife goß er nun sein Bier über Mr, Strachan aus, dem der Spitznasige gleichzeitig einen wohlgezielten Stoß in den Magen versetzte.
    Der Mann, der spontan für Mr. Strachan Partei ergriffen hatte, holte nun aus, um den Hafenarbeiter niederzuboxen, stieß dabei aber die beiden Matrosen, die neben ihm standen, so heftig an, daß sie ihren Grog verschütteten. Mr. Strachan, der dem kleinen Jock den Hieb heimzahlen wollte, traf statt dessen den Handlungsreisenden, der auf den nächsten Tisch fiel und dabei sämtliche Gläser umwarf, deren Inhalt sich über den Nebentisch ergoß.
    Und im nächsten Augenblick schien sich zu Peters Entsetzen jeder Mann in der Kneipe mit einem anderen in die Haare zu geraten — während der Wirt hinter der Theke mit einem Spundzapfen in der Hand auf und ab lief und nach Köpfen Ausschau hielt, denen er damit eins überziehen konnte, und die Frau mit gellender Stimme Zeter und Mordio schrie.
    «Halt dich fest!» ermahnte Jennie. «Laß dich auf keinen Fall von der Theke runterschubsen, Peter, denn sonst wirst du einfach totgetrampelt Es wird jetzt nicht mehr lange dauern.»
    Die Schläge, die Schreie und das Krachen der umgeworfenen und zersplitternden Tische und Stühle folgten einander nun immer schneller, während Peter und Jennie auf der Theke hin und her sprangen, um den Stößen auszuweichen, die auf niemanden im besonderen abzielten. Die Hälfte der Kneipengäste kämpfte auf Mr. Strachans Seite, die anderen hatten sich zu Parteigängern der Spitznase erklärt, und das Schlachtenglück wandte sich erst den einen, dann den anderen zu. Einer der Kämpfenden warf eine Flasche, die mit voller Wucht durch das Fenster hinaus auf die Straße sauste. Und dann wurde plötzlich die Tür aufgerissen, und herein trat der größte Schutzmann, den Peter je gesehen hatte, und hinter dessen breitem Rücken erschien noch ein kleinerer Polizist, der aber in der offenen Tür stehenblieb.
    «Hallo, hallo, hallo», ließ sich der Hüne in Uniform vernehmen. «Was ist denn hier los?»
    Diese wenigen Worte oder wohl mehr noch diese dröhnende Stimme übten eine erstaunliche Wirkung aus, genau so wie in der Märchenpantomime, die Peter einmal im Theater gesehen hatte, als der Zauberer magische Worte sprach und seinen Zauberstab hob, woraufhin jeder regungslos in der Stellung verharrte, die er gerade einnahm, oder mitten in einer Bewegung innehielt, ganz gleich, was er gerade tat oder hatte tun wollen.
    Mindestens fünf Sekunden lang rührte sich in der Kneipe kein Mensch. Einige blieben unbeweglich mit zurückgeworfenen Armen stehen, andere halb geduckt, die Finger noch in das Haar ihres Gegners gekrallt, während der kleine Jock, dieser ekelhafte Kerl mit der spitzen Nase, der an Mr. Strachan hochgeklettert war, auf dessen Schultern hockte wie ein Affe auf der Stange — und das war das letzte, woran Peter sich später noch erinnern sollte, denn genau in diesem Augenblick rief Jennie: «Jetzt!»
    In einem einzigen Satz sprangen sie beide von der Theke auf den Fußboden herunter und zur Tür hinaus und rannten dann, so schnell sie nur konnten, zusammen die Straße hinunter.

Die Bluthunde

    Mehr und mehr wurde Peter sich bewußt, daß mit Jennie

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