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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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eine Veränderung vor sich ging. Sie schien ihre alte Munterkeit völlig eingebüßt zu haben und war auch nicht mehr so gesprächig wie früher, sondern verfiel immer wieder in langes Schweigen und in trübselige Stimmungen, und mehrere Male ertappte er sie dabei, wie sie offensichtlich tief in irgendwelche Gedanken versunken ins Leere starrte. Als er ihr einmal für ihre Gedanken den obligaten Penny anbot, hatte sie ihm überhaupt nicht geantwortet, und das nervöse Zucken von ihrem Schwanz hatte ihn davor gewarnt, weiter in sie zu dringen. Peter führte das alles noch auf den Schock zurück, den sie erlitten haben mußte, als sie über Bord fiel und beinahe ertrunken wäre.
    Nicht, daß ihr Verhalten Peter gegenüber sich verändert hätte, außer daß sie noch zutraulicher und anhänglicher wurde, als fühle sie sich irgendwie abhängiger von ihm, seit Peter sich in all den Dingen, die man wissen mußte, um das freie Leben einer herrenlosen Katze zu führen immer besser auskannte und sich immer seltener auf seine .Erinnerungen an die Zeit verließ, als er noch ein Junge gewesen war. Ja, es war nicht zu leugnen, daß sie, seit er ihr das Leben gerettet hatte, zu ihm aufsah und das auch gern tat. Peter wiederum hatte nun am eigenen Leibe er. fahren, wie gefährlich es war, in diesem neuen und aufregenden Leben auf eigene Faust etwas zu unternehmen, und er war stets bereit, auf seine kluge kleine Freundin zu hören, die so gut gelernt hatte, sich ihrer Haut zu wehren und ohne menschlichen Beistand durchzukommen.
    Und mochte Peter von ihrem Leben in Glasgow auch enttäuscht sein da er sich von dieser Stadt, die ihm aus der Entfernung so reizvoll erschienen war, Gott weiß was erwartet hatte, so war Jennie das durchaus nicht, denn sie hatte längst herausgefunden, daß sich das Elendsviertel und die Hafengegend einer Stadt für die Armen und vom Schicksal Benachteiligten in nichts von den entsprechenden Gegenden anderer Hafenstädte unterschieden. Peter aber sollte das jetzt erst feststellen.
    Es war gewiß ein Erlebnis, an einen fremden Ort oder gar in ein anderes Land zu reisen und in einer unbekannten großen Stadt anzukommen, wenn deine Eltern dann eine Kutsche, einen Fiaker oder einen Landauer oder ein Taxi nahmen und mit dir eine Rundfahrt machten, um all die Sehenswürdigkeiten zu betrachten: die Parks mit ihren prächtigen Denkmälern berühmter Männer; die Hauptgeschäftsstraßen mit ihren langen Reihen glitzernder Schaufenster; die vornehmen Wohnviertel mit den schönen Villen und prunkvollen Hotels, den Museen, Kunstgalerien, Ausstellungshallen, Kirchen und Ruinen und den Promenaden oder Boulevards, wo die Leute auf und ab flanierten und oft auch eine Musikkapelle spielte. Es war jedoch etwas ganz anderes, allein in einer fremden Stadt einzutreffen, ohne einen Penny und ohne dort auch nur ein einziges Lebewesen zu kennen, ohne Obdach und Nahrung, und sich doch irgendwie am Leben erhalten und sein tägliches Brot suchen zu müssen, besonders, wenn man wie Jennie nicht willens war, für Kost und Logis mit dem Preis seiner Freiheit zu zahlen und seine Unabhängigkeit einzubüßen.
    Unter solchen Umständen hielt man sich den anziehenderen Stadtgegenden besser fern, da einer herumvagabundierenden Katze dort höchstwahrscheinlich doch nur Schimpfworte, Schläge und Fußtritte zuteil wurden und man obendrein Gefahr lief, in das Asyl für obdachlose und verirrte Haustiere verschleppt und womöglich um die Ecke gebracht zu werden. Da beschränkte man sich doch lieber auf jene Stadtviertel deren Bewohner viel zu sehr mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt waren, um auf den Gedanken zu kommen, ihre unglücklichen Schicksalsgenossen aus dem Tierreich zu quälen und zu verfolgen.
    Auch Peter sollte sehr bald entdecken, daß die Docks und die Werften am Ufer des Clyde, die Gerüche, der Lärm, die Gebäude, die Aufzüge, Ladebäume und hohen Kräne, die Stapel von Tauen und Kabeln und meilenlangen Geleise nicht viel anders aussahen wie am Ufer der Themse in London und daß die baufälligen düsteren Behausungen der Armeen der Armen, die häßlichen Lagerhäuser und Speicher und schmutzigen Hintergassen in der Nachbarschaft genau so trostlos waren.
    Jennie lehrte ihn die Kunst, den Deckel eines Müllkastens zu heben, um an vielleicht noch genießbare Abfälle des Kehrichts zu gelangen. Zu diesem Zweck stellte man sich auf die Hinterbeine und stieß dann mit der Nase unter den Rand des Deckels. Wie Jennie herausbekommen

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