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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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am Zollhauskai entlang und dann über die große, ganz aus Stahl und Eisen erbaute Glasgower Brücke zum südlichen Teil der Stadt, Warnas Leben an Bord der Gräfin von Greenock geradezu fürstlich gewesen. Glasgow war eine Industriestadt, und die klebrigen Rußflocken setzten sich in ihrem Fell so fest, daß es für sie sehr schwierig war, sich sauber zu halten; außerdem regnete es viel, und so hatten Peter und Jennie oft ihre liebe Not, ein trockenes Plätzchen zu finden.
    Trotzdem schien Jennie das für eine ganz normale Lebensweise zu halten, und es machte ihr offenbar gar nichts aus, so zu existieren; jedenfalls klagte sie nie und war immer guter Laune, bis auf die Stunden, in denen sie so merkwürdig schweigsam war und über irgend etwas nachzugrübeln schien, was ihre Gedanken sehr stark beschäftigen mußte.
    Die Nachforschungen nach ihrer Familie waren einstweilen auch nicht weit gediehen, und es hatte schon den Anschein, als sollten sie erfolglos Reiben, als Peter und Jennie eines Tages einer grauen, schwarz und gelb gefleckten Malteserkatze begegneten, die so aussah, als könne sie eine entfernte Verwandte von Jennie sein.
    Es hatte gerade einen dieser schneidend kalten und trüben Regenschauer gegeben, für die Glasgow berühmt ist, und Peter und Jennie suchten sich einen trockenen Platz unter einem der Brückenbogen über dem Clyde. Doch als sie sich dort niederlassen wollten, vernahmen sie ein leises heiseres Knurren, und eine verärgerte und gereizte Stimme sagte warnend: «Achtung! Unbefugten ist das Betreten verboten!»
    «Oh, ich bitte um Entschuldigung», sagte Jennie höflich. «Das war nicht unsere Absicht.»
    Da er es Jennie versprochen hatte, hielt Peter, wie gewöhnlich, wenn sie es mit einer anderen Katze zu tun bekamen, den Mund, um nichts Verkehrtes zu sagen. Doch sah er nun, daß es eine von Wind und Wetter arg mitgenommene dunkelgraue Malteserkatze war, die sie da eben so unfreundlich begrüßt hatte, mit hellen gelblichen Augen und Narben an Ohren und Nase, die nur von Raufereien herrühren konnten, und natürlich auch mit den wohlbekannten Spuren der Müllkastendeckel. Sie war nicht sehr groß und sah auch nicht übermäßig kräftig aus, und er und Jennie zusammen hätten sie gewiß in die Flucht schlagen können, aber Jennie bestand stets darauf, die unter wohlerzogenen Katzen üblichen Umgangsformen zu wahren, obwohl soviel Höflichkeit oft ganz unangebracht zu sein schien. Unter dem Brückenbogen hätten noch ein paar hundert Katzen Schutz vor dem Regen gefunden, da die Graue aber zuerst dagewesen war, durfte sie, den Regeln des Anstands gemäß, den ganzen Platz für sich allein beanspruchen, besonders da es ihr beliebte, dieses Vorrecht auch geltend zu machen. Peter fand das alles sehr töricht, aber er wußte, daß Jennie, wäre sie als erste auf dem Plan erschienen, sich dieses Vorrecht auch nicht hätte streitig machen lassen und daß dergleichen nun einmal zu den Eigenheiten des Katzenlebens gehörte.
    «Wir werden uns selbstverständlich sofort wieder verziehen», erklärte Jennie. «Ich habe nur nach ein paar Verwandten von mir Ausschau gehalten. Ich heiße Jennie Baldrin, und dies hier ist mein Freund Peter. Baldrin heiße ich natürlich nach meinem Vater. Seit Generationen eine rein schottische Familie und überdies aus den Hochlanden. In der Emilie meiner Mutter hat sich die nubische Abstammung fast zu hundert Prozent rein erhalten; aber das werden Sie mir ja wohl schon an. gesehen haben. Meine Vorfahren mütterlicherseits sind dann auf dem üblichen Weg hierhergekommen, Sie wissen ja: Zentralafrika, Ägypten, Marokko, Spanien und dann auf den Schiffen der berühmten Armada.»
    Die graue Katze schien nicht sehr beeindruckt zu sein. «Nun, wir sind ursprünglich über den Bosporus hier eingewandert, aber schon lange vor der Belagerung der Türken. In Malta waren wir bereits ansässig, als die Ritter vom Johanniterorden dorthin kamen, und nach Schottland ge. langte unsere Familie auf einem der Schiffe von Admiral Nelsons Flotte, nachdem er die Insel erobert hatte. Durch die Baldrins sind wir wahrscheinlich entfernt miteinander verwandt. Wo, sagten Sie noch, sind Sie her?»
    «Oh», erwiderte Jennie, «im Augenblick sind wir nur zu einem kurzen Besuch aus London hierhergefahren, aber meine Mutter stammt aus Mull. Und daß die Baldrins alle Glasgower Katzen sind, wird Ihnen ja bekannt sein.»
    Die Malteserin wurde merklich abweisend. «So, aus London? Was haben die denn da

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