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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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fahren...»
    Peter fühlte sich jetzt ganz verwirrt und wußte nicht, was er sagen sollte. «Aber du hast mir doch erzählt, du wolltest deine Verwandten gern Wiedersehen und wo du geboren bist und...»
    Jennies Kopf tauchte mit einem Ruck wieder auf, und ungeduldig rief sie aus: «Ach, zum Teufel mit meinen Verwandten! Du hast ja gesehen, wie die eine, die wir getroffen haben, sich benommen hat. Ich glaube, hier leben buchstäblich noch Tausende von Katzen, die irgendwie mit mir verwandt sind und denen ich genau so gleichgültig bin wie sie mir. Aber ich dachte, wenn wir zusammen eine kleine Reise machten, würdest du nicht mehr an Mr. Grims denken und auch nicht mehr daran, wie häßlich ich zu ihm war, und — ach Peter, ich glaube, vor allem dachte ich wohl, daß ich dann nicht mehr andauernd daran denken müßte. Ich bin sozusagen vor dem Gedanken davongelaufen, daß ich da eine große Gemeinheit begangen habe.»
    Sie rückte Peter wieder etwas näher auf den Pelz und fuhr mit ihrer Beichte fort: «Und natürlich — wohin ich auch lief und wo immer ich war, ob nun unten mit dir im Proviantraum oder allein im Mannschaftsquartier, ob wir nun oben auf Deck in der Sonne lagen oder im Dunkeln auf eine Ratte gelauert haben, immer sah ich den alten Mann wieder vor mir und wie traurig er aussah, als er uns so flehentlich bat, wir sollten doch zu ihm zurückkommen... Und selbst beim größten Lärm hörte ich immer wieder seine Stimme und mußte stets daran denken, wie schlecht ich ihm seine Gastlichkeit lohnte. Und dann versuchte ich mir einzureden, daß ich nur deshalb so gehandelt hätte, weil Buff mich so grausam meinem Schicksal überließ. Aber da hörte ich dich wieder sagen, das könne sie mir gar nicht angetan haben, daß es nicht ihre Schuld sei und damals irgend etwas geschehen sein müsse, was sie verhindert hat, mich zu holen. Und dabei hatte ich das gräßliche Gefühl, daß du recht hattest und ich also die ganze Zeit zu Unrecht so böse auf sie war; daß Buff womöglich bald darauf zurückkam, vielleicht sogar schon am nächsten Tag, und wie sie dann geweint haben mochte, als sie mich nicht fand...»
    Peter hatte Mitleid mit Jennie, aber gleichzeitig fühlte er sich auch erleichtert, denn das hörte sich doch ganz so an, als käme die alte Jennie
    wieder zum Vorschein, die lebhafte Jennie, die so gern wie ein Wasserfall redete und alles genau erklären mußte; und außerdem war er sehr glücklich darüber, daß sie wieder zu Mr. Grims zurückkehren wollte.
    «Und wie ich dann über Bord fiel», fuhr Jennie fort, nachdem sie tief Luft geholt hatte und sich mit der Zunge rasch einmal über ihre Flanke gefahren war, «da dachte ich, das sei die gerechte Strafe für alle meine Sünden, und meinte, ich verdiente es, umzukommen. Als ich mich kur2 darauf in den Fluten wiederfand, war es mir deshalb ziemlich gleich, was mit mir geschah, und ich gab mir gar keine besondere Mühe, mich über Wasser zu halten, denn ich war fest überzeugt, daß der Dampfer nie bei. drehen und zurückfahren würde, um mich zu retten. Dann tauchtest du plötzlich neben mir auf, und das war mehr, als ich ertragen konnte, weil ich wußte, ich würde nun auch die Schuld an deinem Ende haben. An alles, was danach geschehen ist, erinnere ich mich nur noch ganz dunkel oder überhaupt nicht mehr, bis ich in Mr. Strachans Kajüte wieder zu mir kam und sah, wie eifrig du mich gewaschen hast. Aber in dem Augenblick habe ich sofort den Entschluß gefaßt, wieder zu Mr. Grims zurückzukehren und bei ihm zu bleiben und zu versuchen, ihn glücklich zu machen, denn ich wußte genau, solange ich das nicht tat, würde ich nie wieder auch nur einen einzigen Augenblick Ruhe haben.»
    «Das kann ich dir nachfühlen», sagte Peter, «ich habe ja auch immer wieder an ihn denken müssen.»
    «Aber ich schämte mich so vor dir, Peter», sagte Jennie, «so sehr, daß ich nicht wußte, wann und wo und wie ich dir klarmachen könnte, daß ich mich eines Besseren besonnen hatte. Als wir da oben auf den Brückentürmen festsaßen, sagte ich mir unaufhörlich vor; wenn ich hier je wieder lebend herunterkäme, wollte ich dir’s sofort erzählen, und dann würde ich dich vielleicht nicht mehr in solche Schwierigkeiten bringen und dich so schrecklichen Gefahren aussetzen...»
    «Aber wir sind ja immer noch heil davongekommen», wandte Peter ein.
    «Eines Tages würden wir das aber nicht mehr tun», sagte Jennie heftig. «Die Menschen haben sich da so eine komische

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