Meine Freundin Jennie
Notlage hier.»
Doch als sie nun genauer hinguckte, konnte sie sehen, daß die hellen Gesichter dieser dunklen Menschenmasse sich sämtlich ihnen zuwandten, daß die Leute mit den Fingern auf sie zeigten, daß da ein paar Männer aufgeregt umherrannten und mehrere Polizisten versuchten, vor dem Brückenpfeiler, auf dem die beiden Stahltürme emporragten, einen Raum freizuhalten, und daß Leitern aufgestellt und mancherlei merkwürdige Apparaturen in Bewegung gesetzt wurden.
«Siehst du’s nun?» frohlockte Peter. «Das gilt nur uns! Oh, was sind wir doch für wichtige Persönlichkeiten! Guck doch, was die alles auf die Beine gebracht haben, um uns zu retten!»
Jennie beugte sich auf ihrem Tragbalken etwas vor, um Peter besser sehen zu können, und schaute dann mit einem geradezu schwärmerischen Blick zu ihm auf. «Ach, Peter», sagte sie, «du bist einfach wundervoll. Das verdanken wir nur dir. Wenn du nicht um Hilfe gerufen hättest, wären wir beide hier oben elend umgekommen, und bloß, weil ich...»
Peter fand es sehr schön, von Jennie bewundert zu werden, obwohl er das Gefühl hatte, daß sie ihm da gar zu viel Ehre antat, denn er hatte doch nichts weiter getan, als laut geschrien und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß sie doch noch aus ihrer gefährlichen Lage befreit werden könnten. Bevor er jedoch etwas zu erwidern vermochte, rauschte und dröhnte es über ihnen, und mitten aus dem Himmel brauste ein kleines Flugzeug auf sie zu, und gerade, als es so aussah, als würde es im nächsten Augenblick auf sie niederstürzen, schraubte es sich wieder hoch und schwirrte davon, während sich aus dem Rumpf ein junger Mann hinauslehnte, der mit einem schwarzen Kasten auf die beiden Katzen zeigte. Gleich darauf war der Hubschrauber verschwunden.
Jennie stieß einen gellenden Schrei aus. «Was war denn das?» fragte sie entsetzt.
«Der hat uns bestimmt für die Zeitungen photographiert», erklärte Peter, der sich selber fast zu Tode erschrocken hatte.
«Ach, du meine Güte», sagte Jennie, «und ausgerechnet dann, wenn man so vorteilhaft wie möglich aussehen sollte, muß ich einen so scheußlichen Anblick bieten! Glaubst du, der kommt nochmal wieder?» erkundigte sie sich besorgt und fing an sich zu putzen, soweit ihr dies, ohne daß sie ihr Gleichgewicht verlor, möglich war.
Peter aber war viel zu aufgeregt und viel zu begeistert über die Rettungsaktion, um jetzt auch nur einen einzigen Augenblick an eine solche Tätigkeit zu verschwenden.
Zunächst versuchten es die Wagen vom Elektrizitätswerk und vom Telephonamt, aber deren Türme waren bei weitem nicht hoch genug, um Peter und Jennie zu erreichen, selbst, als sie so hoch gekurbelt wurden, wie es nur irgend anging.
Die Wagen vom Hochbauamt hingegen wurden mit viel Lärm und Geschrei wieder weggefahren, und nun kamen die Jungs von der Feuerwehr an die Reihe. Sie brachten sowohl ihre höchste mechanische Leiter als auch den Spritzturm in Stellung, und dann kletterten zwei Feuerwehrmänner hinauf, deren Messinghelme und Gürtelschnallen in der Sonne hell aufleuchteten; und zugleich begann auch ein dicker pausbäckiger Polizeiwachtmeister in die Höhe zu klimmen.
Doch alle drei blieben gut sechs Meter unter Peter und Jennie stecken, denn auch ihre Leitern erwiesen sich als zu kurz, und Jennie war so verzweifelt, daß sie schon jede Hoffnung aufgeben wollte, als Peter, der diese ganzen Manöver mit großer Spannung verfolgte, sie darauf aufmerksam machte, daß mitten im Gedränge noch weitere Vorkehrungen zu ihrer Rettung getroffen wurden.
Diesmal waren es zwei Männer vom Hochbauamt, die sich mit Kletterschuhen, Enterhaken, Sicherheitsnetzen, Gleitgürteln, Handschuhen, Helmen, Säcken und Seilen ausrüsteten; und als sie damit fertig waren, setzten sie beide, wie auf ein Signal hin, gleichzeitig den rechten Fuß auf eine Verstrebung der stählernen Zwillingstürme und begannen unter leisen Beifallsrufen der Umstehenden gemeinsam den Aufstieg.
Es sah aus, als veranstalteten sie ein Wettklettern, und bald war der eine ein Stück voraus, bald der andere. Die Sportler unter den Zuschauern feuerten die Turmbesteiger durch lebhafte Zurufe an und schlossen auch Wetten ab: «Halt dich ran, Bill! Jetzt hast du ihn gleich überholt, Tarn! Nur weiter so, mein Junge! Paßt auf, Bill kriegt den weißen Kater noch eher zu packen als Tam die kleine Tigerkatze! Drei zu zwei, daß Tam mit seinem Kätzchen als Erster wieder unten ankommen wird! Bravo, Tam! Ein
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