Meine Freundin Jennie
wedeln mit dem Schwanz, was, wie du ja wohl weißt, bei ihnen nur bedeutet, daß sie es gut meinen und sich über etwas freuen, also nicht nervös oder erregt oder verärgert und wütend sind, wie das bei uns der Fall ist, wenn wir unseren Schwanz sprechen lassen. Du kannst dich dann entweder dumm stellen und so tun, als bemerktest du gar nicht, daß so ein Hund mit dir anbandeln will, oder versuchen, wegzulaufen oder irgendwohin zu klettern, wohin er dir nicht zu folgen vermag. Ich für mein Teil hab es nun einmal nicht gern, wenn so eine kalte feuchte und sabbernde Hundeschnauze in meinem Fell herumschnüffelt, deshalb gebe ich ihnen gewöhnlich einen kleinen Klaps, nur um mir Luft zu machen und sie daran zu erinnern, daß wir immerhin einer ganz anderen Tierfamilie angehören und ihre Art zu spielen nicht die unsrige ist.»
«Aber wenn es nun größere Hunde sind», wandte Peter ein, «so wie die in Glasgow...»
Jennie schüttelte sich. «Huh!», sagte sie. «Erinnere mich bloß nicht an diese Bestien! Wie ich dir damals schon sagte: wenn du so einen Bluthund zu Gesicht bekommst, lauf, was du kannst, oder, besser noch, klettere irgendwo hinauf!
Von den anderen Hunden kannst du aber viele bluffen und ihnen Angst einjagen, indem du dich aufpustet und dich dadurch größer machst, als du eigentlich bist. Das werde ich dir gleich mal vormachen. Ich hätte es dir schon längst zeigen sollen, weil man nie wissen kann, wann einem das von Nutzen sein wird.»
Sie liefen jetzt an den ausgebombten Grundstücken vor der St. Pauls-Kathedrale entlang, und Jennie sprang über eine Vertiefung hinweg in das blühende Unkraut hinein, das da auf der Trümmerhalde wucherte. «Also», sagte sie, «mach’s nur genauso wie ich. Zuerst hol mal tief Luft, ja, so ist’s richtig, ganz tief! Und jetzt bläh dich auf, aber halte gleichzeitig den Atem an. Na siehst du, wie gut du das kannst!»
Und wie sie das sagte, schwoll Peter tatsächlich so stark an, daß er doppelt so groß aussah wie sonst — wie eine aufgeblähte Kugel aus Pelz, die etwas Schlagseite hatte. Er war überzeugt, daß er geradezu unheimlich wirkte und den Eindruck erweckte, als wäre er inwendig ganz aus Blei, doch kam er sich zugleich sehr töricht vor. Er machte vor Jennie auch kein Hehl daraus, sondern sagte zu ihr: «Ich finde das zu albern.»
«Das ist es durchaus nicht», erwiderte sie. «Du findest es nur komisch, weil du dich selber eben nicht sehen konntest, aber du sahst wirklich zum Fürchten aus. Betrachte es doch als eine Vorbeugungsmaßnahme, dann wird es dir schon einleuchten, warum wir das tun. Wenn du eine Schlacht gewinnen kannst, ohne sie schlagen zu müssen, oder der Feind solche Angst vor dir kriegt, daß er sich gar nicht erst mit dir anlegen will und also wegläuft und der Kampf überhaupt nicht stattzufinden braucht, ist das besser als alles andere. Es geschieht dadurch ja niemandem etwas zuleide, und es lohnt sich immer, wenigstens den Versuch zu machen, auch anderen Katzen gegenüber. Denn obwohl du ja weißt, daß es nur die Luft ist, die einen so aufbläht, jagt es dir doch einen Angstschauer über den Rücken, wenn dich selber jemand auf diese Weise zu erschrecken versucht.»
Peter mußte bei diesen Worten an Dempsey denken und wie wahrhaft zum Fürchten dieser narbenübersäte Veteran unzähliger Straßenschlachten ausgesehen hatte, als er plötzlich so anschwoll und sich in seiner Tücke drohend auf ihn stürzte.
«Und jedenfalls», bemerkte Jennie abschließend, «kann es, auch wenn es seine Wirkung verfehlen sollte, nicht schaden, sich so mit Luft vollgepumpt zu haben, weil du dann einen wirklich markerschütternden Schlachtruf ausstoßen kannst, und meistens hat der dann den gewünschten Erfolg, falls es dir gelingt, ihn vom Stapel zu lassen, bevor dein Gegner sich die Lunge aus dem Hals schreit. Ein Hund wird daraufhin fast immer die Flucht ergreifen und sich daran erinnern, daß er eigentlich etwas anderes vorhatte.»
Im großen und ganzen stellte Peter bei dieser Wanderung durch London fest, daß die Katzen den Menschen sehr ähnlich waren. Einige, denen sie unterwegs begegneten, waren überaus kleinlich, schäbig und knickrig und bestanden auch dann auf ihrem Recht, wenn sie höflich darum gebeten wurden, eine Mahlzeit oder ein Obdach mit Jennie und ihm zu teilen; andere wiederum waren großzügig und gastfreundlich und sagten herzlich: «Aber selbstverständlich, kommt nur herein. Hier drin ist noch genug Platz», sogar
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