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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Schmerz nachzulassen, so daß Peter diesen unliebsamen Zwischenfall allmählich vergaß; und als Jennie sich nach einer ganzen Weile schließlich wieder zu ihm umdrehte und beiläufig bemerkte: «Weißt du, ich fürchte, es wird heute nacht noch regnen. Was melden dir denn deine Schnurrhaare?», fiel es ihm gar nicht schwer, seine Schnurrhaare zu spreizen und die Haut auf dem Rücken zusammenzuziehen, wie jede Katze das tut, wenn sie das Wetter Voraussagen will, und Jennie zu antworten:
    «Einen oder zwei Schauer wird es wohl geben. Wenn wir den Cavendish-Square noch erreichen wollen, bevor die ersten Tropfen fallen, werden wir uns ein bißchen in Trab setzen müssen. Oh, sieh doch! Da fährt gerade der richtige Bus vorbei. Wenn wir in derselben Richtung weiterlaufen, können wir gar nicht fehlgehen.»
    Es war die Linie 7, und vorn auf dem Schild stand: .
    «Die Oxford Street kreuzt nämlich die Regent Street, und dann sind wir gleich in der Prince Street, und wenn wir in die einbiegen, kommen wir unweigerlich zum Cavendish Square», erklärte Peter, «und von da ist’s nur noch ein Sprung bis zu uns nach Hause.»
    «Nach Hause», echote Jennie mit einer so traurig und sehnsüchtig klingenden Stimme, daß Peter sie scharf ansah. Jennie verstummte jedoch wieder, und da sie nun in kurzen Sätzen, von einer Ladentür zur anderen, vorwärts hasteten, gelangten die beiden bald durch die Oxford Street in die Regent Street, und kurz darauf sahen sie auch schon den Cavendish Square vor sich liegen.
    Die vom Cavendish Square
    Nun sie endlich am Cavendish-Square angelangt waren, hatte Peter es sehr eilig, bis zu der kurzen Sackgasse weiterzulaufen, in der seine Eltern wohnten. Hier bot sich ihm ein Anblick, der ihm so vertraut war, daß er sich sofort wieder heimisch fühlte. Da lag der kleine ovale Park, der von einer dichten Hecke aus hohen grünen Sträuchern umschlossen war, die wie eine Palisadenwand wirkte und nur für Katzen kein unüberwindliches Hindernis darstellte. Deshalb konnte der Park auch nur durch das Eisentor an der Nordseite betreten werden.
    Auf den Bänken vor den Rondells saßen die Säuglingsschwestern neben den Kinderwagen und strickten, während die größeren Kinder, ungefährdet durch den Verkehr draußen auf den Straßen, miteinander spielten. Da standen auch noch, auf drei Seiten des großen Platzes, die Peter so wohlbekannten alten Häuser, die so schläfrig und würdevoll dreinschauten und eine Vornehmheit ausstrahlten, die selbst das eine nicht eingebüßt hatte, das von Brandbomben getroffen und vom Feuer ausgehöhlt worden war, seine Wunden und leeren Räume aber hinter den unversehrt gebliebenen Außenwänden und den mit Brettern vernagelten Türen und Fenstern schamhaft verbarg, was den Eindruck, es habe die Augen geschlossen und wolle nicht gestört werden, nur noch verstärkte.
    Und direkt davor stand Mr. Wiggo, der baumlange Polizeiwachtmeister, der mit seinem runden blauen Helm, dem dunkelblauen Cape und den sauberen weißen Handschuhen jedem anständigen Menschen sofort Vertrauen einflößte. Mr. Legg, der Briefträger, trat gerade aus dem Nebenhaus, in derselben Minute, in der das Lieferauto des großen Lebensmittelgeschäfts um die Ecke bog, und Peter schien es, als müsse nun jeden Augenblick auch die Schotten-Nanny mit ihrem steif gestärkten blauweißen Glengarry-Häubchen vor ihm auftauchen, wie sie aus der Gasse auf den Platz zuging und womöglich ihn selbst an der Hand hielt und ihn ein bißchen vorwärtszerrte, weil er so widerspenstig war und sich dagegen sträubte, wie ein Baby bemuttert zu werden.
    Nein, nichts hatte sich hier verändert! Wenn er nur noch ein Stückchen weiterlief, würde er auch das Haus Wiedersehen, aus dem Nanny ihn damals hinausgeworfen hatte, und es kam ihm plötzlich so vor, als sei das schon furchtbar lange her. «Komm, spute dich», sagte er zu Jen-nie. «Dann sind wir auch gleich da.»
    Aber so ungern sie’s auch tat, Jennie mußte ihn doch ermahnen, seine Ungeduld zu zügeln, da sie ja schließlich als Fremde in diesen Stadtteil kamen und es sich nun einmal für sie gehörte, bescheiden aufzutreten, ein gutes Benehmen zu zeigen und sich bekanntzumachen und vor allem jede Frage höflich zu beantworten und ruhig anzuhören, was die Einwohner ihnen zu sagen hatten. Danach würde es ihnen freistehen, zu kommen und zu gehen, wie es ihnen beliebte, vorausgesetzt, daß die gichtigen Mitglieder der Gemeinde sie

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