kann. Bitte, Jennie, hilf mir doch! Ich würde meine Eltern so schrecklich gern noch einmal wiedersehen...»
Als Jennie ihn so reden hörte, ging plötzlich eine Veränderung mit ihr vor. Sie richtete sich aus ihrer schlaffen Haltung auf und rappelte sich wieder zusammen. Wie immer, wenn etwas sie tief bewegte, setzte sie sich aufrecht hin und fuhr sich mit ihrer flinken Zunge ein paarmal über den Rücken. «Ja», sagte sie dann, «wenn du wirklich glaubst, daß ich dir von Nutzen sein kann...»
«Aber natürlich, Jennie», fiel Peter ihr ins Wort, «du ahnst ja gar nicht, wie sehr ich dich brauche!»
«Gut, dann werde ich mit dir gehen, wohin du immer willst.»
Peter sprang hoch und blickte zum Fenster hinaus. Weit hinten, bei den Güterwagen auf dem Rangiergleis, konnte er mehrere Leute sehen, kurz darauf sah er auch, daß es der Vorarbeiter und die beiden Schauerleute waren, die mit einem Mann, der eine große schwarze Tasche trug und noch ein paar Männern auf die Baracke zugingen.
«Ich glaube», sagte er, «wir machen uns lieber gleich aus dem Staut bevor die Leute wiederkommen.»
Jennie nickte nur, und so schlüpften sie beide durch den Türspalt ins Freie. Aber diesmal übernahm Peter die Führung, und Jennie folgte ihn Rasch huschten sie hinter die Rückwand der Baracke, und dann liefen sie bald schneller, bald langsamer, am Wasser entlang und an den Lager, schuppen vorbei auf das hohe Eisentor zu, dessen Flügel jetzt weit offenstanden. Noch ein großer Satz — und sie befanden sich wieder auf de, Straße.
Von neuem in London
Es war nur die halbe Wahrheit, daß Peter so gern wieder nach Haus gehen wollte, denn in seinem Innern herrschte ein solches Durcheinander, daß er selber nicht mehr recht wußte, ob er nun eigentlich ein Junge oder ein Kater war.
Während seiner Seereise an Bord der Gräfin von Greenock und auch während der verschiedenen Abenteuer in Glasgow hatte Peter oft an seine Mutter, seinen Vater und die Schotten-Nanny gedacht und sich gefragt, wie es ihnen jetzt gehen mochte, ob sie ihn vermißten und ob sie wohl für sein rätselhaftes Verschwinden irgendeine Erklärung gefunden hatten. Denn sicherlich konnte nicht einmal Nanny, obwohl die doch dabei gewesen war und es sozusagen mit angesehen haben mußte, vermuten, daß er sich aus einem kleinen dunkelblonden Jungen in einen schneeweißen Kater verwandelt hatte, der dann von ihr, weil sie glaubte, eine zugelaufene Katze vor sich zu haben, so unsanft und herzlos auf die Straße hinausbefördert worden war.
Wahrscheinlich hatten seine Eltern angenommen, daß er einfach davongelaufen sei, und daraufhin die Polizei verständigt und unter der Rubrik
eine Anzeige in den Times erscheinen lassen, etwa des Inhaltes: , oder auch mit dem förmlicher gehaltenen Text:
Alles in allem glaubte Peter, wenn er an daheim zurückdachte, jedoch nicht, daß man ihn dort sehr vermissen würde. Der alten Nanny freilich mochte er fehlen, denn sie hatte sich ja fast den ganzen Tag, von morgens bis abends, bis auf die Stunden, die er in der Schule verbrachte, mit ihm abgegeben und würde jetzt, wo er nicht mehr da war, kaum poch etwas zu tun haben. Sein Vater aber war ja ohnehin so selten zu j-Jause, daß es für ihn, von den abendlichen Balgereien abgesehen, vermutlich kaum einen Unterschied ausmachte, ob Peter nun daheim war oder nicht. Und was seine Mutter anging — ach, Peter stimmte es immer traurig und ihm wurde richtig schwer ums Herz, wenn er an seine Mutter dachte, weil er nicht vergessen konnte, wie schön sie war und wie lieb er sie gehabt hatte. Aber es war die Art Traurigkeit, die mit einer Erinnerung an etwas verbunden ist, das schon weit zurückliegt. Wenn er an jene Zeit dachte, deren er sich jetzt nur mehr undeutlich zu entsinnen vermochte, war er zwar überzeugt, daß seine Mutter anfangs, nachdem man vergeblich versucht hatte, seiner wieder habhaft zu werden, darüber ein bißchen unglücklich gewesen war — aber schließlich hatte sie ja nie viel Zeit für ihn übrig gehabt, und vielleicht hatte es gar nicht sehr lange gedauert, bis sie sich damit abfand, ihn verloren zu haben.
Und er selber