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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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kam einmal eine entfernte Verwandte zu Besuch. Sie wollte eine Woche bleiben, aber alle unsere Anstrengungen, sie glücklich zu machen, schlugen fehl, wir konnten uns nicht denken, weshalb, und anderntags lichtete sie ihren Anker und segelte davon. Wir überlegten hin und her, konnten das Rätsel aber nicht lösen. Später fanden wir heraus, worin das Problem bestanden hatte. Es war mein Auf-und-ab-Laufen zwischen den Gängen der Mahlzeit gewesen. Sie hatte den Eindruck, ich könne ihre Gesellschaft nicht ertragen.
    Wie der Leser schon erraten haben dürfte, war der Ausdruck »junger Mann« der Kosename, den meine Frau mir gab. Er war leicht spöttisch, aber liebevoll. Ich besaß gewisse geistige und körperliche Eigenheiten und Gewohnheiten, die einem jüngeren Menschen anstanden, als ich einer war.
     
    Aus Susys Biographie
     
    Papa mag Tiere, besonders Katzen, einmal hatten wir ein süßes kleines graues Kätzchen, das er »Lazy« nannte und ständig auf seiner Schulter sitzen ließ (passend zu seinem Haar und seinen Augen trägt Papa immer Grau), ein wunderhübscher Anblick! die graue Katze, die an Papas grauem Mantel und Haar eingeschlafenist. Die Namen, die er unseren verschiedenen Katzen gegeben hat, sind wirklich bemerkenswert komisch, nämlich Stray Kit, Abner, Motley, Fraeulein 13 , Lazy, Bufalo Bill, Soapy Sall, Cleveland, Sour Mash, Pestilenz und Hungersnot.
     
    Einmal, als die Kinder noch klein waren, hatten wir eine pechschwarze Katzenmutter namens Satan, und Satan hatte ein kleines schwarzes Junges namens Sünde. Pronomen bereiteten den Kindern Schwierigkeiten. Eines Tages kam die kleine Clara herein, ihre dunklen Augen funkelten vor Empörung, und sie sagte:
    »Papa, Satan gehört bestraft. Sie sitzt draußen im Gewächshaus und bleibt einfach da, und sein Kätzchen ist unten und weint.«
     
    Aus Susys Biographie
     
    Papa drückt sich drastisch aus, aber ich denke, nicht ganz so drastisch wie zu der Zeit, als er Mama geheiratet hat. Eine Bekante von ihm neigt dazu, die Leute zu unterbrechen, und Papa sagte zu Mama, er würde dem Ehemann der Dame gerne sagen: »Ich bin froh, dass Susy Warner nicht dabei war, als Gott sprach: ›Es werde Licht.‹«
     
    Es verhält sich so, wie ich gesagt habe, sie ist eine freimütige Biographin. Sie verschleiert meine Unzulänglichkeiten nicht, sondern räumt ihnen ebenso viel Platz ein wie meinen attraktiveren Eigenschaften. Natürlich habe ich die zitierte Bemerkung gemacht – und noch an diesem heutigen Tag bin ich halbwegs überzeugt, dass Susy Warner, wenn sie dabei gewesen wäre, als der Schöpfer sprach: »Es werde Licht«, Ihn unterbrochen hätte und wir es niemals bekommen hätten.
     
    Aus Susys Biographie
     
    Neulich sagte Papa: »Ich bin parteilos, und ein Parteiloser ist aufrichtig bis ins Mark.« (Papa weiß, dass ich eine Biographie über ihn schreibe, und hat es deswegen gesagt.) Er geht überhaupt nicht gern zur Kirche, warum, habe ich bis vor kurzemnie verstanden, aber neulich erzählte er uns, er kann es nicht ertragen, jemanden anders als sich selbst reden zu hören, sich selbst aber kann er stundenlang reden hören, ohne zu ermüden, natürlich sagte er das im Schertz, aber ich habe keinen Zweifel, dass es wahr ist.
    Freitag, 9. Februar 1906
    Der »Drastische Ausdrucksweise«-Vorfall im Badezimmer – Susys Verweis
auf
Der Prinz und der Bettelknabe
– Mutter und Kinder helfen beim Lektorat
der Manuskripte – Ein Hinweis auf Vorfahren
    Susys Bemerkung über meine drastische Ausdrucksweise beunruhigt mich, und ich muss darauf zurückkommen. In den ersten zehn Jahren meiner Ehe hütete ich meine Zunge, solange ich im Haus war, und wenn die Umstände es verlangten und ich mir Erleichterung verschaffen musste, ging ich hinaus und entfernte mich weit genug. Die Achtung und den Zuspruch meiner Frau schätzte ich weit höher als die Achtung und den Zuspruch der übrigen Menschheit. Ich fürchtete mich vor dem Tag, an dem sie entdecken würde, dass ich nichts weiter als ein übertünchtes Grab war, inwendig voller unterdrückter Sprache. In diesen zehn Jahren war ich so achtsam, dass ich am Erfolg meiner Unterdrückungsbemühungen nicht zweifelte. Deshalb war ich in all meiner Schuld ebenso glücklich, wie wenn ich unschuldig gewesen wäre.
    Allein ein Zufall stellte mich schließlich bloß. Eines Morgens ging ich ins Badezimmer, um Toilette zu machen, und ließ die Tür unvorsichtigerweise einen Spalt offen. Es war das erste Mal, dass ich

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