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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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Ich rauchte den Stummel ohne Scham. Heute könnte ich das nicht mehr, heute bin ich kultivierter als damals. Aber rauchen würde ich ihn trotzdem. Ich kenne mich und die Menschheit gut genug, um das zu wissen.
    Damals waren einheimische Zigarren so preiswert, dass jemand, der nur etwas Geld hatte, sich auch Zigarren leisten konnte. Mr. Garth besaß eine große Tabakfabrik, und im Dorf gab es einen kleinen Laden für den Einzelverkaufseiner Produkte. Er bot eine Sorte an, die die Armut selbst hätte kaufen können. Schon viele Jahre vorrätig, sahen diese Zigarren äußerlich recht gut aus, doch ihr Inneres war zu Staub zerfallen und wäre, wenn man sie entzweigebrochen hätte, wie ein Dunsthauch aufgestoben. Weil sie so günstig war, erfreute sich diese Sorte großer Beliebtheit. Mr. Garth hatte andere Sorten im Angebot, die billig, und einige, die schlecht waren, doch die Vormachtstellung, die dieser Sorte zukam, zeigte sich schon in ihrem Namen. Sie hieß »Garths letzte Zuflucht«. Wir zahlten immer mit alten Zeitungen (Tauschausgaben) für diese Sorte.
    Im Dorf gab es noch einen Laden, dessen Umstände für mittellose Jungen günstig waren. Er wurde von einem einsamen und schwermütigen kleinen Buckligen geführt, und wir konnten einen Vorrat an Zigarren ergattern, indem wir ihm von der Dorfpumpe einen Eimer Wasser holten, ob er Wasser brauchte oder nicht. Eines Tages trafen wir ihn schlafend in seinem Sessel vor – eine Gewohnheit von ihm – und warteten geduldig darauf, dass er aufwachte, was eine Gewohnheit von uns war. Diesmal jedoch schlief er so lange, dass sich unsere Geduld erschöpfte und wir ihn zu wecken versuchten – aber er war tot. Der Schreck sitzt mir noch heute in den Gliedern.
    In meinen frühen Mannesjahren und im mittleren Alter versuchte ich hin und wieder, mich mit moralischen Besserungsvorhaben zu quälen. Und ich hatte nie Anlass, diese Abzweigungen zu bedauern, denn ob die daraus resultierenden Entbehrungen lange anhielten oder nicht, das dankbare Vergnügen, das mir das Laster bereitete, wenn ich wieder zu ihm zurückkehrte, entschädigte mich stets für die Kosten. Ich bin sicher, dass ich in meinem Buch
Reise um die Welt
über diese Experimente geschrieben habe. Irgendwann werde ich nachschauen. Vorerst will ich das Thema fallenlassen und mich wieder Susys Skizze über mich zuwenden:
     
    Aus Susys Biographie
     
    Nachdem Papa eine Zeitlang Lotse auf dem Mississippi gewesen war, wurde sein Bruder, Onkel Orion Clemens, zum Sekretär von Nevada ernannt, und Papa ging mit ihm nach Nevada, um sein Privatsekretär zu werden. Später interessierte er sichfür den Bergbau in Kalifornien; danach wurde er Zeitungsreporter und berichtete für mehrere Zeitungen. Anschließend wurde er auf die Sandwichinseln geschickt. Als er nach Amerika zurückgekehrt war, wollten seine Freunde, dass er Vorträge hielt, also hielt er Vorträge. Dann fuhr er auf der
Quaker City
nach Übersee, und an Bord dieses Schiffes wurde er mit Onkel Charlie bekannt (Mr. C. J. Langdon aus Elmira, New York). Papa und Onkel Charlie freundeten sich bald an, und als sie von ihrer Reise zurückkehrten, bat Grandpa Langdon – Onkel Charlies Vater – Onkel Charlie darum, Mr. Clemens zu einem gemeinsamen Dinner im St. Nicholas Hotel in New York einzuladen. Papa nahm die Einladung an und ging ins St. Nicholas, um mit Grandpa zu essen, und dort begegnete er Mama (Olivia Louise Langdon) zum ersten Mal. Aber erst im darauffolgenden August begegneten sie sich wieder, weil Papa nach Kalifornien ging, und dort schrieb er
Die Arklosen im Ausland
.
     
    Was die nächste Begegnung betrifft, so will ich hier anmerken, dass Susy irrt. Die erste Begegnung fand am 27. Dezember 1867 statt und die nächste fünf Tage später im Haus von Mrs. Berry. Miss Langdon war dort, um Mrs. Berry beim Empfang der Neujahrsgäste zu helfen. Um zehn Uhr morgens traf ich ein, um meinen eigenen Neujahrsbesuch abzustatten. Ich hatte vierunddreißig Besuche auf meiner Liste, und dieser war der erste. Ich dehnte ihn auf dreizehn Stunden aus und verschob die dreiunddreißig anderen auf das nächste Jahr.
     
    Aus Susys Biographie
     
    Mama war die Tochter von Mr. Jervis Langdon (ich weiß nicht, ob Grandpa einen Mittelnamen hatte oder nicht) und Mrs. Olivia Lewis Langdon aus Elmira, New York. Sie hatte einen Bruder und eine Schwester, Onkel Charlie (Charles J. Langdon) und Tante Susie (Susan Langdon Crane). Mama liebte Grandpa mehr als jeden anderen auf der Welt.

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