Meine geheime Autobiographie - Textedition
bedauert, obwohl ich einige harte Zeiten durchgemacht habe. Sie betrug dreiundzwanzig Cent.
Clara Spaulding, inzwischen Mrs. John B. Stanchfield, hat einen Sohn, der im letzten Jahr studiert, und eine Tochter, die in Deutschland zur Universität geht. Derzeit ist sie in New York, und gestern bin ich zum Hoffman House gegangen, um sie zu besuchen, aber es war, wie ich vermutet hatte: Sie ist zu krank, um außer Ärzten und Krankenschwestern irgendjemanden zu empfangen. Diese Krankheit geht auf einen Reitunfall zurück, der ihr vor dreißig Jahren zustieß und Knochenbrüche am Fuß und Sprunggelenk zurFolge hatte. Die gebrochenen Knochen wurden schlecht gerichtet, und danach konnte sie nur noch hinken. Vor einigen Monaten begannen Fuß und Sprunggelenk unerträglich zu schmerzen, und es wurde entschieden, sie müsse nach New York fahren und die Knochen erneut brechen und richten lassen. Als ich sie ungefähr drei Wochen nach der Operation in dem privaten Krankenhaus aufsuchte, befand man, die Operation sei erfolgreich verlaufen. Das stellte sich als Irrtum heraus. Vor einem Monat oder sechs Wochen kam sie abermals nach New York, und die Knochen wurden erneut gebrochen und gerichtet. Als ich vor einer Woche vorbeischaute, konnte sie an Krücken durch das Zimmer humpeln und war der frohen Überzeugung, nun keine Probleme mehr zu haben. Doch hat es mittlerweile den Anschein, als müssten die Chirurgen ihre schreckliche Arbeit ein weiteres Mal verrichten. Dafür ist sie nicht geschaffen. Der Schmerz zehrt an ihren Kräften, und man sagte mir, in den vergangenen drei Tagen sei es notwendig gewesen, ihr jeden Kontakt außer mit Ärzten und Krankenschwestern zu verbieten.
Aus Susys Biographie
Gleich nach dem Abendessen wollten wir mit Tante Clara ins Theater gehen und hofften, dass Papa so früh wie möglich nach Hause kommen und uns bringen würde. Inzwischen beendeten wir unsere Malzeit, und er kam und kam nicht, und Mama wurde immer ratloser und besorgter, und schließlich glaubten wir ohne ihn fahren zu müssen. Also zogen wir uns an und gingen nach unten, doch auf halber Treppe begegneten wir Papa, der einen großen Strauß Rosen in der Hand hielt. Er erklärte den Grund für seine Verspätung, seine Uhr war stehengeblieben und er hatte es nicht bemerkt, sondern geglaubt, es wäre eine Stunde früher, als es tatsächlich war. Die Rosen waren von Col. Fred Grant für Mama. Wir gingen ins Theater und hatten großes Vergnügen an einem (Wort unleserlich) gespielten
Adonis
. Gegen ½ zwölf kamen wir nach Hause und gingen sofort ins Bett. Am Mittwochmorgen standen wir zimlich spät auf und frühstückten gegen ½ zehn. Nach dem Frühstück ging Mama einkaufen, und Papa und ich suchten geschäftehalber Papas Agenten auf. Als Papa das Gespräch mit Cousin Charlie (Webster), seinem Agenten, hinter sich gebracht hatte, holten wir Major Pond ab, einenFreund von Papa, mit dem wir eine Hundeschau besuchen wollten. Dann gingen wir mit Major Pond die Hunde bestaunen, und es war herrlich, so viele Hunde auf einmal zu sehen; als wir die Hunde alle gesehen hatten, wollte Papa General Grant besuchen, und ich begleitete ihn – das war am 29. April 1885. Papa ging hinauf in General Grants Zimmer und nahm mich mit, ich war sehr geehrt und glücklich, als Papa mich in General Grants Zimmer mitnahm, damit ich den General und Col. Grant sah, denn General Grant ist ein Mann, den gesehen zu haben mich mein ganzes Leben lang freuen wird. Papa und General Grant führten ein langes Gespräch miteinander, und Papa hat einen Bericht über seinen Besuch bei General Grant und sein Gespräch mit ihm geschrieben, den ich in diese Biographie einfügen darf.
An dieser Stelle hat Susy meinen Bericht wie folgt eingeschoben:
29. April 1885
Ich besuchte General Grant und nahm Susy mit. Zum ersten Mal seit Monaten sah der General viel besser aus und fühlte sich auch viel besser. Am Vormittag hatte er sich wieder an sein Buch gewagt – das erste Mal seit etwa einem Monat, dass er daran gearbeitet hat. Die Arbeit an diesem Vormittag war sein erster Versuch mit einem Diktat, und zu seiner großen Freude war es ein voller Erfolg. Er hatte immer behauptet, es sei ihm unmöglich, irgendetwas zu diktieren, ich aber hatte entgegnet, er sei für die Klarheit seiner Darstellungen bekannt und eine Erzählung sei nichts weiter als eine Darstellung aufeinanderfolgender Tatsachen, folglich sei er für Diktate besonders gut geeignet und ausgerüstet.
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