Meine geheime Autobiographie - Textedition
aufgerissenen Augen zu ihrer Mutter gestürzt und rief: »Santa Claus ist ausgebüxt.«
Das erinnert mich an Reverend Charley Stowes kleinen Jungen – einenkleinen Jungen von sieben Jahren. Ich traf Reverend Charley eines Morgens, als er das Grundstück seiner Mutter durchquerte, und er erzählte mir folgende kleine Geschichte. Er war nach Chicago gefahren, um an einem Kongress kongregationalistischer Geistlicher teilzunehmen, und hatte seinen kleinen Jungen dabei. Unterwegs ermahnte er ihn immer wieder, sich in Chicago möglichst gut zu benehmen. »Wir sind bei einem Geistlichen zu Gast«, sagte er, »es werden auch andere Gäste da sein – Geistliche und deren Ehefrauen –, und du musst dich bemühen, diesen Leuten mit deinem Gang und deinen Worten zu zeigen, dass du aus einem frommen Haushalt stammst. Denk immer daran.« Die Ermahnung trug Früchte. Beim ersten Frühstück, das sie im Haus des Chicagoer Geistlichen einnahmen, hörte er seinen kleinen Sohn in äußerst bescheidenem und höchst ehrfürchtigem Ton zu der ihm gegenübersitzenden Dame sagen: »Herrgott noch mal, würden Sie mir bitte die Butter reichen?«
Montag, 26. März 1906
Noch einmal John D.’s Bibelklasse – Mr. Clemens kommentiert etliche
Zeitungsausschnitte – Erzählt Mr. Howells von der Gliederung dieser
Autobiographie – Erzählt von dem Zeitungsbericht über ein Mädchen,
das einen Selbstmordversuch unternahm – Zeitungen in abgelegenen
Dörfern und in großen Städten im Vergleich – Bemerkungen über
Captain E. L. Marsh und Dick Higham – Higbies Brief und
ein Brief des
Herald
an Higbie
ROCKEFELLER JR. ÜBER REICHTUM
Reichtum darf nicht über Gott stehen, ist aber ein gutes Ziel
für die Ehrgeizigen
John D. Rockefeller jr. entschuldigte sich gestern bei den Mitgliedern seiner Sonntagsschule, dass er bislang den gesamten Bibelunterricht für sich in Beschlag genommen habe, und versprach, es nie wieder zu tun, es sei denn, sein Thema sei von der Art, dass eine Diskussion nicht zweckmäßig wäre.
»Es ist besser«, sagte er, »eine allgemeine Diskussion zu führen und so viele wie möglich zu Wort kommen zu lassen.«
Dann warf Mr. Rockefeller eine Frage auf, die darauf abzielte, den Mitgliedern Gelegenheit zur Diskussion zu geben. Er sprach über die Zehn Gebote, und nachdem er diese unterschieden hatte in die ersten fünf, die sich auf die Verpflichtungen des Menschen gegenüber Gott beziehen, und die zweiten fünf, die sich auf die Verpflichtungen des Menschen gegenüber seinem Nächsten beziehen, sagte er:
»Wir sind so daran gewöhnt, die meisten dieser Gebote zu beachten und zu befolgen, dass es überflüssig ist, näher auf sie einzugehen. Nehmen wir aber das Erste und das Vierte Gebot. Lassen Sie uns das Erste Gebot betrachten und überprüfen, ob wir tatsächlich nur einen Gott verehren. Viele unter uns denken zuerst an ihr Vergnügen; und sehr häufig gilt heutzutage unser erster Gedanke dem weltlichen Besitz. Ein Fremder, der zu uns kommt, würde sagen, der Gott New Yorks ist der Gott des Reichtums. Wenn wir also zunächst an Vergnügen oder Reichtum denken und erst danach an Gott, verstoßen wir gegen das Erste Gebot.
Damit will ich nicht sagen, dass wir keinen Ehrgeiz haben oder uns keinem unschuldigen Vergnügen hingeben dürfen, sondern nur, dass wir Gott, wenn wir Ihn diesen Zielen unterordnen, nicht so verehren, wie wir es sollten.
Der reiche Jüngling wurde ermahnt, all seine Besitztümer den Armen zu geben, denn Christus hatte erkannt, dass der reiche Jüngling zuerst an seinen Reichtum und erst dann an Gott dachte und somit gegen das Erste Gebot verstieß.
Bei der Betrachtung des Vierten Gebots wollen wir versuchen herauszufinden, wie wir den Sabbat angemessen heiligen. Inwiefern sind wir berechtigt, die Beschränkungen, die dieses Gebot uns auferlegt, zu missachten?«
Etliche erörterten die Heiligung des Sabbats. Dann sagte Mr. Rockefeller:
»Dieses Thema sollte eine allgemeine und hilfreiche Diskussion entfachen. Darf ich am Sonntag Golf spielen, Fahrrad fahren oder eine Landpartie machen? Das möchten wir wissen. Wir sind hier, um die Wahrheit zu suchen. Lassen Sie uns diese Woche darüber nachdenken und nächsten Sonntag gut vorbereitet mit unseren Ansichten zusammentreffen. Vielleicht kommen wir dann zu einem angemessenen Ergebnis.«
Sie sehen, gestern troff der junge John D. wieder einmal vor Theologie. Wegen einer Erkrankung verpasste ich letzten Donnerstagabend das Treffen der
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