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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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insgesamt fünfundvierzig Francs Trinkgeld und zweifelten nicht daran, dass
     der Padrone zwei Drittel davon für sich beanspruchte. Die Einwohner erklärten uns,
     es sei üblich, dass der Padrone einen beträchtlichen Anteil am Trinkgeld seiner
     Untergebenen einstreiche, und ebenso üblich, dass der Padrone es leugne. Der Padrone
     ist ein entgegenkommender Mann, ein äußerst begabter und angenehmer
     Gesprächspartner, der Englisch wie ein Erzengel spricht und es einem fast unmöglich
     macht, unzufrieden mit ihm zu sein; und doch hat er uns neun Monate lang einen
     siebzig Tonnen schweren Landauer und lahme Pferde angedreht, wo wir doch Anspruch
     auf eine leichte, für Hügelfahrten geeignete Kutsche hatten, und pingelige Menschen
     hätten ihn gezwungen, eine bereitzustellen.
    Die Familie Cerretani, in den
     großen Tagen der Republik von alter und hoher Bedeutung, hat viele Jahrhunderte in
     diesem Haus gewohnt. Im Oktober stieg uns ein stechender und verdächtiger Geruch in
     die Nase, der uns unvertraut war und der uns etwas Angst machte, aber ich schob’s
     auf den Hund und erklärte der Familie, Hunde dieser Art röchen immer so, wenn sie
     auf der Windseite einer Person stünden, doch insgeheim wusste ich, dass es mit dem
     Hund nichts zu tun hatte. Vielmehr glaubte ich, der Grund seien unsere adoptierten
     Ahnen, die Cerretanis. Ich glaubte, dass sie irgendwo unter dem Haus konserviert
     seien und wir gut daran täten, sie herauszuholen und durchzulüften. Aber ich irrte
     mich. Heimlich machte ich mich auf die Suche und musste die Ahnen freisprechen. Es
     stellte sich heraus, dass der Geruch harmlos war. Er rührte von der Weinernte, die
     in einem Teil der Keller lagerte, zu dem wir keinen Zutritt hatten. Diese Entdeckung
     beruhigte unsere Phantasie und verwandelte einen unangenehmen in einen angenehmen
     Geruch. Allerdings erst nachdem wir das Haus so lange und so freigebig mit
     abscheulichen Desinfektionsmitteln überschwemmt hatten, dass der Hund sich trollte
     und die Familie die meiste Zeit im Hof kampieren musste. Es dauerte zwei Monate, bis
     die Desinfektionsmittel desinfiziert waren und das Quantum von üblen Gerüchen zur
     Emigration überredet werden konnte. Als sie endlich alle verschwunden waren und der
     Weinduft wieder am alten Standort seine Geschäfte aufnahm, begrüßten wir ihn
     überschwänglich und haben seitdem nichts mehr an ihm auszusetzen gehabt.
     
    6. Okt.
Ich befinde mich in
     einer ungünstigen Lage. Vier Personen im Haus sprechen Italienisch und sonst nichts,
     eine Person spricht Deutsch und sonst nichts, die übrigen Gespräche finden auf
     Französisch, Englisch und in gotteslästerlichen Sprachen statt. Ich beherrsche nur
     ein paar magere Brocken dieser Sprachen, von einer oder zweien mal abgesehen. Angelo
     spricht Französisch – ein Französisch, auf das er ein Patent anmelden könnte, da er
     es selbst erfunden hat; ein Französisch, das niemand versteht, ein Französisch, das
     einer Lautverwirrung ähnelt, wie man sie seit Babel nicht gehört hat, ein
     Französisch, das die Milch gerinnen lässt. Er zieht es seiner italienischen
     Muttersprache vor. Er liebt es, französisch zu sprechen; liebt es, sich selbst
     zuzuhören; für ihn klingt es wie Musik; er will einfach nichtdavon lassen. Die Familie würde gerne ihre kleinen italienischen Ersparnisse in
     Umlauf bringen, doch er rückt keine Münze heraus. Es spielt keine Rolle, in welcher
     Sprache man ihn anredet, seine Antwort erfolgt auf Französisch – in seinem seltsamen
     Französisch, seinem knirschenden, unheimlichen Französisch, das so klingt, als würde
     man Anthrazit eine Kohlenrutsche hinunterschaufeln. Ich kenne ein paar italienische
     Wörter und einige Wendungen, und zuerst habe ich sie zum Leuchten gebracht und
     frisch gehalten, indem ich sie an Angelo wetzte; doch teils konnte er sie nicht
     verstehen, teils wollte er sie nicht verstehen, und so musste ich sie fürs Erste
     wieder vom Markt nehmen. Aber das ist nur vorübergehend. Ich praktiziere, ich
     präpariere. Eines Tages werde ich für ihn bereit sein, allerdings nicht mit
     untauglichem Französisch, sondern in seiner eigenen Muttersprache. Ich werde diesen
     Burschen mit seiner Muttermilch tränken.
    27. Okt.
Der erste Monat ist zu Ende. Inzwischen haben
     wir uns eingewöhnt. Wir sind uns einig, dass das Leben in einer Florentiner Villa
     die ideale Existenz ist. Das Wetter ist himmlisch, die Umgebung herrlich, die Tage
    

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