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Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde

Titel: Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Crowley Knut Krueger
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sah auch wieder aus wie die alte Veraleen. »Aber ich werde bald fortgehen, Schatz. Dann muss sich jemand anders um die Katzen kümmern.«
    Ich folgte ihr wieder ins Haus und ließ mich auf ihr ramponiertes Sofa fallen, aus dem bereits die Federn herausschauten, während sie weiter herumwieselte. Ich hatte Bauchschmerzen. Unter dem Weihnachtsbaum sah ich ein Geschenk liegen. Es war in ein Witzblatt eingeschlagen und mit so viel
Klebeband versehen, dass man auch eine Mumie darin hätte einwickeln können. An einigen Stellen guckten ein paar rosafarbene Haare heraus. Als ich überlegte, was ich ihr schenken könnte, fiel mir ein, dass ich noch nie in meinem Leben jemandem ein Geschenk gemacht hatte.
    »Habt ihr Spaß gehabt beim Lights Festival, Biswick und du?«, fragte sie, während sie ihrerseits ein paar Pralinenschachteln in Geschenkpapier einschlug. »Mist, ich brauche mehr Klebeband!«, schimpfte sie und ging in die Küche. Ich hörte, wie mehrere Schubladen aufgezogen und wieder zugeknallt wurden.
    Ich biss mir unwillkürlich auf die Lippen, während ich an Gideon dachte. »Was?«, fragte ich.
    »Biswick und du, ob ihr Spaß hattet!«
    »Ja, ja, ich glaub schon. Ich hab ihn seitdem nicht mehr gesehen.«
    Sie streckte den Kopf zur Tür herein. »Aber mit wem ist er dann nach Hause gegangen, Schatz?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht ist er … alleine gegangen«, antwortete ich. In diesem Moment kehrte das mulmige Gefühl in meinem Bauch zurück.
    »War sein Daddy da und hat sich zum Narren gemacht?«, fragte sie. »Wahrscheinlich hat er wieder dieses Cowboy-Gesöff in sich hineingeschüttet.« Grandma bezeichnete Bier auch als Cowboy-Gesöff.
    »Nein«, antwortete ich und überlegte, ob ich ihr von der Müllhalde erzählen sollte. »Er war nicht da.«
    Veraleen ging quer durch das Zimmer und blieb vor mir stehen. Sie stemmte eine Hand in die Hüfte, während die andere die Zigarette hielt. Ihre blauen Augen sahen mich durchdringend an. »Was verschweigst du mir, Merilee? Du guckst wie ein Hund, der ein Ei ausgeschlürft hat.«
    »Nichts, gar nichts«, antwortete ich und wusste sofort, dass
ich damit nicht durchkommen würde. »Biswick ist weggelaufen. Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
    »So, eine kleine Meinungsverschiedenheit...«
    »Yeah.« Ich dachte über alles nach, was er mir anvertraut hatte. Er hätte niemals gewollt, dass ich Veraleen von seiner Mutter erzählte und was sie ihm angetan hat. »Er war nur unruhig, wollte unbedingt in die Berge ziehen, um den Baum des Konquistadors zu finden«, sagte ich. »Lächerlich.«
    »Diesen Baum gibt es nicht!«, sagte Veraleen kopfschüttelnd.
    »Genau.« Ich war froh, dass sie mir zustimmte. »Das hab ich ihm auch gesagt. Man soll nicht irgendwelchen Träumen hinterherjagen, sondern da bleiben, wo man hingehört.«
    »Ein Junge braucht aber seine Träume, und du hast sie kaputtgemacht, so wie auch alle anderen seine Träume kaputtgemacht haben«, sagte sie, während sie sich einen Stuhl heranzog.
    Ich war völlig durcheinander. »Ich hab ihm doch nur die Wahrheit gesagt«, entgegnete ich.
    »Nein, du hast Mauern um ihn errichtet, die ihn gefangen halten. Genauso wie dich.«
    Ich starrte sie verständnislos an.
    »Du weißt, was ich meine.« Sie klopfte die Zigarette am Aschenbecher ab.
    Es entstand eine lange gereizte Stille, in der ich versuchte, alles auf Distanz zu halten, was sie mir mit ihrem Gesicht, ihren Augen, ihrer gesamten Persönlichkeit mitteilte.
    »Ich muss jetzt nach Hause!«, sagte ich und wollte aufstehen.
    »Oh nein, du bleibst hier!«, widersprach sie. »Du wirst mir jetzt zuhören, auch wenn’s dir schwerfällt! Du wirst etwas daraus lernen. Nur Mut, Merilee. Atme tief durch und beiß die Zähne zusammen.«

    Nichts anderes hatte ich mein ganzes Leben getan.
    Wieder lief mir ein Schauer über den Rücken. »Wenn jemand so etwas zu mir sagt, dann schreibe ich es immer in mein Notizbuch. Aber damit hat sich’s dann auch«, erzählte ich ihr. »Es landet in meinem Notizbuch und fertig.«
    »Dann kommt jetzt ein wichtiger Eintrag für dein Notizbuch, Miss Merilee. Erstens ist Klugheit besser als Pfiffigkeit, und zweitens solltest du dich auf die Dinge konzentrieren, die tatsächlich existieren, nicht umgekehrt.« Sie ging mit gemessenen Schritten zur Haustür.
    »Und was soll das bedeuten?«, fragte ich und stand auf. »Irrtümlich. Unverständlich.« Ich musste drei FF-Atemzüge nacheinander machen.
    »Du hast es dir hier

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