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Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde

Titel: Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Crowley Knut Krueger
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den zauberhaften Anblick der vielen Lichter, die sich immer noch über die nun leere Straße spannten, noch ein bisschen genießen. Wenn ich meine Augen verengte, drängte sich alles zu einem wirbelnden Muster zusammen. Und plötzlich hatte auch ich den Drang zu tanzen, herumzuwirbeln, wie die Glühwürmchen im September. Ich schloss meine Augen und machte einen Schritt nach vorne.

    »Was machst du da?«
    Seufzend schlug ich die Augen auf. Es war Gideon. Gideon mit seinem Rucksack, der ihm über der Schulter hing. Ich glaube, das war der zweite Satz, den er je zu mir gesagt hat.
    Ich zuckte die Schultern und hob meinen Kopf.
    Er stand neben mir und fragte: »Warum schaust du in den Himmel?«
    Ich antwortete ihm nicht. Ich wollte ihn nach den Pennys in der Schule fragen, doch kamen mir nicht die richtigen Worte über die Lippen. Ich hoffte, dass Mama endlich aus ihrem Laden kommen würde.
    »Brechung. Ich mag es, die Lichter tanzen zu sehen«, sagte ich schließlich. »Als würde der Himmel auf dem Kopf stehen.«
    »Glaubst du an die Irrlichter?«
    »Nein«, sagte ich trocken. »Aberglaube.«
    »Warum nicht?«
    Ich war nervös. »Im Grunde ist mir das egal.« Ich zuckte erneut die Schultern.
    »Das glaube ich dir nicht«, entgegnete er.
    »Warum sagst du das?«
    Er legte den Kopf in den Nacken und blickte ebenfalls in den Himmel.
    »Weil wir beide gleich sind. Wir sind beide Beobachter.«
    Ich ignorierte diese Behauptung. »Was hältst du von den Irrlichtern?«, fragte ich. Ich erwartete mir eine lange wissenschaftliche Antwort.
    »Ich halte sie für neugierige Beobachter, so wie wir.«
    Er war mir jetzt so nah, dass ich sein Eau de Toilette riechen konnte: Das »Pride of the Rose« aus der Rexall Drogerie. Mein Daddy benutzt es auch. Ohne es zu wollen, blickte ich ihn an. Er zwinkerte ein paar Mal, und ich fragte mich, ob er in meinen Augen dasselbe sah wie ich in seinen: die Reflexion
der Lichter um uns herum, die mir von innen entgegenstrahlten, so wie Biswick gesagt hatte.
    Ich war wie gebannt.
    »Weißt du, dass du wirklich ein sehr interessantes Gesicht hast?«, fragte er lächelnd.
    »Oh …«, murmelte ich. Ich wartete, dass mein Herz zu rasen anfinge und meine Handflächen schweißnass würden, doch stattdessen hatte ich das Gefühl, als flatterten liebliche Schmetterlinge in mir herum.
    »Darf ich ein Foto von dir machen?«, fragte er, während er seine Kamera aus der Tasche holte. Sie hatte ein altmodisches 35-Millimeter-Objektiv.
    »Es ist so unglaublich schön hier, Merilee. Ich muss gar nicht fortgehen, um ein großer Fotograf zu werden.« Er stellte scharf. Ich drehte meinen Kopf zur Seite.
    »Warte«, sagte er leise. »Bleib so.«
    Das Blitzlicht blendete mich, und als ich wieder sehen konnte, war Gideon einen großen Schritt zurückgetreten und hielt seine Kamera ehrfürchtig von sich gestreckt - genauso ehrfürchtig, wie Biswick den Cheeto von sich gestreckt hatte. Er lächelte mich an, bevor er die Straße hinunterschlenderte. Die bunten Lichter rahmten seine Silhouette ein.
    Grandma glaubt, ein Fotograf könne die Wahrheit einfangen, wenn auch nur die Wahrheit eines kurzen Augenblicks. »Lass dich niemals fotografieren!«, sagte sie einmal zu mir. Später am Abend, als ich im Bett lag, dachte ich an Gideon. Was würde er sehen, wenn er mein Foto betrachtete? Würde er die Wahrheit sehen, ein hässliches, seltsames Mädchen? War das die Wahrheit? Ich dachte an die Landschaft, die Jumbo umgibt, an die weite, sanfte Prärie, die sich bis zu den Bergen erstreckt, die ihre Geheimnisse bewahren. Ich dachte daran, wie leicht das Auge sich täuschen lässt, an die Staubteufel, die Irrlichter, sogar an die Illusion meines zwinkernden
Drachen. War überhaupt irgendetwas wahr in dieser Gegend? Oder mussten wir uns mit Luftspiegelungen und optischen Täuschungen begnügen?

Neunzehntes Kapitel
    E s war einmal ein Drache, der von seiner Familie fortgeschickt wurde, weil er zu sanftmütig war. Er flog hinauf zu den Sternen im Himmel, wo er fortan lebte, über die Träume und Hoffnungen der Menschen wachte und hin und wieder ein paar Tränen hinabregnen ließ.
    Ich dachte an diesen himmlischen Drachen, als ich, dick eingepackt gegen die Kälte, an einem Sonntagnachmittag zu Onkel Dal fuhr, nachdem ich den ganzen Tag herumgelegen und Sturmhöhe von Emily Brontë gelesen hatte. Onkel Dal war inzwischen seit über einem Monat verschwunden. Es war der Tag vor Heiligabend, nur wenige Tage nach dem Jumbo Lights

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