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Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde

Titel: Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Crowley Knut Krueger
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Nase und ungefähr so große Füße wie du. Außerdem hat sie immer schief gesungen, wenn das Autoradio lief.« Mein Blick fiel auf den Ewigen Fuß. Mir wurde ein wenig schwindelig.
    »Was war das für ein Lied, das du für mich gepfiffen hast, als ich ein schreiendes Baby war?«
    »Mannomann, du fragst mir vielleicht Löcher in den Bauch. All die Fragen hast du dir dein Leben lang aufgespart, stimmt’s?«
    »Ich will wissen, womit du mich damals beruhigt hast, das ist alles.« Ich warf einen Blick auf die Werkzeuge, die kreuz und quer durcheinanderlagen, als hätten sie nachts getanzt und wären schließlich erschöpft zusammengesunken. Auf einigen Werkzeugen waren weiße Rückstände zu erkennen. Ich starrte sie verwirrt an, als hätte ich etwas gesehen, das unmöglich war.
    »Ich kann mich nicht daran erinnern«, sagte er. Ich wusste, dass er nicht log, sondern, wie Biswick, davor zurückschreckte, die Vergangenheit wieder lebendig werden zu lassen. Ich vermied es, die Statue anzusehen, als ich zu ihm hinüberblickte.
    »Hast du noch mehr Fragen?«, erkundigte er sich mit unbestimmtem Lächeln wie der frühere Onkel Dal. Es war ein sanftes Lächeln, hinter dem sich eine große Stärke zu verbergen schien, die ich nicht deuten konnte. Ich folgte seinem Blick, der an der Statue hängen blieb.
    Auf halber Höhe erblickte ich eine zartgliedrige, feminine
Hand, die sich auf wundersame Weise aus dem weißen Marmor herausschälte. Der sorgsam modellierte Zeigefinger wies mit einer anmutigen Geste nach unten. Es war ein wunderschöner, ätherischer, fast unwirklicher Anblick.
    »Onkel Dal?«, fragte ich.
    »Gib mir eines der Reibeisen, Hug«, bat er. Während ich meine Hand ausstreckte, dachte ich daran, wie sehr ich diesen Tag immer herbeigesehnt hatte. Ich machte einen FF-Atemzug. Ich gab ihm das Reibeisen und ließ meine Finger über den rauen Marmor gleiten, bis ich die Hand erreichte. Sie war so weich wie Veraleens Stein. Meine Hand zuckte, als hätte ich mich verbrannt.
    Dann ließ ich mich wie betäubt auf meinen Melkschemel sinken. Onkel Dal begann, an einem der Finger zu arbeiten …
    »Onkel Dal?« Er schaute zu mir herüber, doch ich hatte vergessen, wonach ich fragen wollte. Für eine lange, lange Zeit saß ich regungslos da.
    Bevor ich ihn verließ, ging ich zur Leiter, die sich unterhalb des Heubodens befand. Ich betrachtete sie. Eine Reihe alter, morscher Sprossen führte hinauf ins Dunkel. Ich nahm sie in Angriff.
    »Hug?«, hörte ich Onkel Dals Stimme von unten.
    Ich rutschte ab und hätte fast die Balance verloren. Einatmen - ausatmen. Dann kletterte ich weiter, bis ich die letzte Sprosse erreichte. Ich schaute mich enttäuscht um. Nichts als ein bisschen altes Stroh und abgestandene Luft.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Onkel Dal.
    »Yeah«, antwortete ich. Ich machte mehrere FF-Atemzüge und kletterte wieder hinunter.
    Wenig später machte ich mich auf den Heimweg. Während die Sterne über mir funkelten, hielt ich es doch für möglich, dass auf dieser Welt hin und wieder sanfte Wunder geschehen.
Aber wenn es einen Gott gibt, fragte ich mich, wie entscheidet er dann, welche Wunder er zu uns herabschickt und welche er zurückhält?
     
    Bevor ich am nächsten Tag zu den Bahnschienen ging, stattete ich Veraleen einen Besuch ab. Ich fragte mich ein wenig beklommen, was mich bei ihr erwarten würde. Ich hatte den ganzen Morgen dieses flaue Gefühl im Bauch, dass irgendwas nicht in Ordnung war, wusste aber nicht, woher es kam.
    Doch Veraleen ging es gut. Sie öffnete die Tür, noch ehe ich klopfen konnte, und winkte mich zu sich herein. Sie war wieder ganz die Alte, lief in ihrem kleinen Haus geschäftig umher, machte mir zuerst eine Tasse Tee und nötigte mich dann, ihre selbst gebackenen dreischichtigen Kekse zu probieren. Als sie einen ganzen Teller davon brachte, hatte sie eine Zigarette in ihrer Hand. Das versetzte mir einen Stich. Sie führte mich nach draußen, um mir die Katzenmama mit ihren Jungen zu zeigen. Ich setzte mich auf den staubigen Boden und streckte meine Hand in die Hundehütte, um sie zu streicheln. Veraleen stand rauchend in der Tür.
    Ich hustete demonstrativ und warf ihr einen verstohlenen Blick zu. »Mir geht’s gut, Merilee«, sagte sie, »alles in Ordnung.« Sie zog an ihrer Zigarette und blies den Rauch zur Seite. »Das muss an der köstlichen Suppe liegen, die deine Großmutter mir gebracht hat«, fuhr sie fort und zwinkerte mir zu. Sie hatte einen Make-up-Stift benutzt und

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