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Meine gute alte Zeit - Teil I

Meine gute alte Zeit - Teil I

Titel: Meine gute alte Zeit - Teil I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Die Pariser Straßen waren voll von jenen neumodischen Vehikeln, die man automob i les nannte. Stinkend, hupend, mit allerlei Geräten b e stückt, gefahren von Männern mit Mützen und Schut z brillen, rasten sie durch die Straßen (nach heutigen Be g riffen »rasten« sie vermutlich recht langsam, aber damals brauchten sie ja nur mit den Pferden zu konku r rieren). Es war verwirrend. Vater sagte, man würde sie bald überall sehen, aber wir glaubten ihm nicht. Ich beobachtete sie ohne großes Interesse. Meine Liebe gehörte nach wie vor den Eisenbahnen.
    »Wie schade, dass Monty nicht da ist«, meinte Mutter. »Sie würden ihm sicher gefallen.«
    Es berührt mich sonderbar, wenn ich auf diesen A b schnitt meines L e bens zurückblicke. Mein Bruder scheint darin nicht in Erscheinung zu treten. Das liegt vermutlich daran, dass er mich damals recht wenig b e achtete. Ich erfuhr erst später, dass Vater sich große Sorgen um ihn machte. Er musste Harrow verlassen, weil er nicht fähig war, seine Pr ü fungen zu bestehen. Ich glaube, er arbeitete zuerst auf einer Werft am Dart; später ging er nach Li n colnshire im Norden. Die Berichte über seine Fortschritte waren enttäuschend. Man sagte es Vater ohne Umschwe i fe: »Er wird nie weiterkommen. Ihm fehlt die Mathem a tik, verst e hen Sie? Sie zeigen ihm etwas Praktisches – das nimmt er an. Er ist ein guter praktischer Arbeiter. Aber zu mehr wird er es im Masch i nenbau nicht bringen.«
    In vielen Familien gibt es ein Mitglied, das für die and e ren eine Quelle des Verdrusses und der Sorge ist. In u n serer Fam i lie war mein Bruder Monty dieses Mitglied. Bis an sein Lebensende hat er uns immer Kop f schmerzen bereitet. Ich habe mich oft gefragt, ob es nicht irgendwo e i nen Platz gegeben hätte, an den er gepasst haben würde. Wäre er als Ludwig II. von Bayern zur Welt gekommen, er hätte ein Leben nach seinem Geschmack führen kö n nen. Ich sehe ihn in einem leeren Theater sitzen und eine Oper genießen, die für ihn allein aufg e führt wird. Er war enorm musikalisch, hatte eine gute Bassstimme und spie l te mehrere I n strumente nach Gehör. Aber ihm fehlte die nötige Ausdauer, um Mus i ker zu werden, und ich glaube auch nicht, dass er je daran dachte. Er hatte ausgezeic h nete Manieren, viel Charme und war sein Leben lang von Menschen umgeben, die danach strebten, ihn aller Sorgen und M ü hen zu entheben. Es gab immer jemanden, der bereit war, ihm Geld zu leihen. Wenn er und meine Schwester ihr T a schengeld bekamen – er war damals sechs Jahre alt – geschah immer wieder das gleiche. Mo n ty gab seines am ersten Tag aus. Im Lauf der Woche schob er dann eines Tages plötzlich meine Schwester in einen Laden, verlangte schnell für drei Pe n ce Bonbons und sah Madge he r ausfordernd an, ob sie es wohl wagen würde, nicht zu zahlen. Sie zah l te. Natürlich ärgerte sie sich darüber und zankte ihn nachher heftig aus. Monty lächelte gelassen und bot ihr ein Bonbon an.
    Das war eine Einstellung, die er sein Leben lang beib e hielt. Es war, als ob sich alle verschworen hätten, für ihn Sklave n dienste zu leisten. Immer wieder haben Frauen zu mir gesagt: »Wissen Sie, Sie verstehen Ihren Bruder Mo n ty nicht. Er braucht Mitgefühl.« Wir verstanden ihn nur zu gut. Zugegeben, es war unmöglich, sich nicht zu ihm hingezogen zu fü h len. Er sah seine Fehler ein, und er war immer ganz sicher, dass in Z u kunft alles anders werden würde. Er war, glaube ich, der einzige Junge, dem in Ha r row gestattet wurde, weiße Mäuse zu halten. »Wissen Sie«, erklärte sein Hausaufseher meinem Vater, »er scheint so großes Interesse für Naturgeschichte zu haben, dass ich es für zulässig hielt, ihm diese Vergünstigung zu gewä h ren.« Die Familie allerdings war der Meinung, Monty int e ressiere sich überhaupt nicht für Naturgeschichte. Er wollte weiße Mäuse halten und nichts weiter!
    Die Frage, was er werden sollte, löste sich von selbst. Der Bure n krieg brach aus. So gut wie alle jungen Männer, die wir kannten, me l deten sich freiwillig – und Monty natürlich auch. (Er hatte sich gelegentlich herabgelassen, mit meinen Zinnso l daten zu spielen, hatte sie in Schlachtor d nung aufgestellt und ihren Kommandanten Captain Sturmbock getauft. Um A b wechslung in das Spiel zu bringen, schnitt er später Captain Sturmbock wegen Verrats den Kopf ab. Ich weinte heiße Tr ä nen.) Vater muss Erleichterung verspürt haben – vielleicht würde Monty in der A r mee

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