Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine gute alte Zeit - Teil I

Meine gute alte Zeit - Teil I

Titel: Meine gute alte Zeit - Teil I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
oben langen, um die Tasten zu erre i chen, und dann noch aus dem Handgelenk spielen. Nach Fräulein Uders M e thode saß man hoch und spielte aus den El l bogen.
     
     
    5
     
    Es muss kurz nach unserer Rückkehr von den Kanali n seln gewesen sein, als die Krankheit meines Vaters ihre ersten Schatten warf. Er hatte sich schon in Frankreich nicht wohlgefühlt und zweimal einen Arzt au f gesucht. Der zweite Arzt hatte eine ziemlich beunruhigende Dia g nose gestellt – auf eine Nierenkrankheit. Nach unserer Rückkehr zog er uns e ren Hausarzt zurate, der sich dieser Diagnose nicht a n schloss und ihn zu einem Spezialisten schickte. Der Schatten war da, ein leiser Schatten, von einem Kind nur als eine jener atmosphär i schen Störungen empfunden, die für die psychische Welt das sind, was ein sich nähernder Gewitte r sturm für die physische bedeutet.
    Die Medizin schien nicht viel zu helfen. Vater konsu l tierte zwei oder drei Spezialisten. Der erste sagte, es wäre zweifellos eine Herzg e schichte. Ich weiß die Einzelheiten nicht mehr, ich erinnere mich nur an ein Gespräch zw i schen Mutter und me i ner Schwester und an die Worte »eine Entzündung der Ne r ven, die das Herz umgeben«. Das klang sehr e r schreckend.
    In zunehmend kürzeren Intervallen bekam Vater in der Nacht Schmerzen und Atembeschwerden. Mutter wachte bei ihm, veränderte seine Lage und gab ihm die Medik a mente, die der neue Arzt verschri e ben hatte.
    Und immer der rührende Glaube an den neuen Arzt, der zurate gezogen worden war, an die von ihm veror d nete Diät oder Behandlung. Der Glaube richtet viel aus, kann aber letzten Endes das organische Leiden nicht he i len, das der Erkrankung zu Grunde liegt.
    Die meiste Zeit war Vater wohlauf und munter wie eh und je, aber die Stimmung im Haus veränderte sich. Er ging immer noch in den Klub, verbrachte die Sommert a ge auf dem Kricketplatz, erzählte am ü sante Geschichten – er war derselbe gütige Mensch, den wir liebten. Er war nie böse oder gereizt, aber der Schatten der Angst lastete auf uns allen – natürlich auch auf Mutter, die tapfer ve r suchte, Vater neue Kraft zu g e ben und ihm einzureden, dass er besser aussah, sich besser fühlte und dass sein Gesundheitszustand sich gebessert habe.
    Gleichzeitig verdunkelten sich auch die Schatten uns e rer finanziellen Sorgen. Das von meinem Großvater g e erbte Ve r mögen war in Häusern in New York angelegt, aber die Ba u lichkeiten waren verpachtet und nicht frei. Wie es schien, sta n den sie in einer Gegend, wo der Boden wertvoll war, die Häuser selbst aber praktisch nichts a b warfen. Das wenige Ei n kommen, das uns hätte zufließen sollen, ging in Steuern und Reparaturen auf.
    Nachdem ich Gesprächsfetzen aufgeschnappt hatte, die mir von gr o ßer Bedeutung zu sein schienen, eilte ich nach oben, um Marie im besten viktorianischen Stil mitzute i len, dass wir ruiniert waren. Marie war nicht so verzwe i felt, wie sie es me i ner Meinung nach hätte sein sollen, muss aber Mutter gege n über wohl ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht h a ben.
    »Also wirklich, Agatha!«, hielt Mutter mir ein wenig ä r gerlich vor. »Wir sind nicht ruiniert. Wir sind nur im A u genblick etwas im Druck, und wir werden sparen mü s sen.«
    »Wir sind nicht ruiniert?«, sagte ich tief bekümmert.
    »Nein.«
    Ich muss zugeben, dass ich enttäuscht war. In den vi e len Büchern, die ich gelesen hatte, gingen die Leute hä u fig zu Grunde, und das Thema wurde mit der ihm gebü h renden Ernstha f tigkeit behandelt. Der Held drohte sich eine Kugel durch den Kopf zu jagen, die Heldin ve r ließ in Lumpen gehüllt ihr Schloss, und so weiter.
    »Ich habe gar nicht gewusst, dass du im Zimmer warst«, sagte Mu t ter. »Aber wenn du etwas mit anhörst, hast du es nicht vor anderen Leuten zu wiederholen, verstanden?«
    Ich versprach, es nie wieder zu tun, fühlte mich aber ungerecht behandelt, denn ich war erst vor Kurzem get a delt worden, weil ich über einen anderen Zwischenfall nicht beric h tet hatte.
    Tony und ich hatten eines Abends kurz vor dem Di n ner u n ter dem Esszimmertisch gesessen. Es war eines unserer Lie b lingsplätzchen, bestens geeignet, Abenteuer in Grüften, Verliesen und Ähnlichem zu best e hen.
    Wir wagten kaum zu atmen, damit uns die bösen Rä u ber, die uns ei n gesperrt hatten, nicht hören sollten – ein schwieriges Unterfangen für Tony, der dick war und schnaufte – als Barter, das Hausmädchen, das dem St u benmädchen bei den

Weitere Kostenlose Bücher