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Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Titel: Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Bedel
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Haus erneuern. Kurz zuvor hatte ich drei Säcke
     Zement nach Hause gebracht, die vermutlich von irgendeiner Baustelle stammten. Man hatte sie »in den Graben« geworfen, das
     war eine Art wilder Müllkippe. Nicht selten landeten dort auch Sachen, die man noch gut gebrauchen konnte. Ich war oft dort.
    Mit diesen noch völlig unberührten drei Säcken Zement machte ich mich dann zu Hause an die Arbeit.
    Bevor man neuen Putz aufbringt, muss man – wie vor der Aussaat – den Grund herrichten, damit er gut hält. Also habe ich den
     alten Mörtel abgeschlagen und den Kamin gesäubert. Im
bûlin
, einer Vertiefung am Kamin, in der wir normalerweise Salz und Zündhölzer aufbewahren, damit sie schön trocken bleiben, bemerkte
     ich plötzlich einen Hohlraum. Ich stocherte ein wenig darin herum, wie ich es auch in meinen Hummerlöchern mache, und plötzlich
     löst sich ein Stein.
    Er wäre mir fast auf den Kopf gefallen.
    Mir stockte der Atem, denn in Auderville redet man schon seit Ewigkeiten davon, dass irgendwo im Dorf ein Schatz versteckt
     sein soll. Ich dachte kühn: »Das ist der Schatz! Der Schatz aus Merquetot ist nach siebzig Jahren endlich aufgetaucht. Und
     ich habe ihn gefunden!«
    Ich war völlig aus dem Häuschen. Mir kribbelte esregelrecht in den Fingern, als ich meine großen Pfoten in das Loch schob. Ich untersuchte es eingehend, tastete Höhe und Seiten
     ab. Eine Öllampe stand darin. Sie war ganz schön heruntergekommen, bestimmt war sie uralt. Roststückchen bröselten mir auf
     die Finger. Ich hatte schon Angst, die Schwestern würden mich ausschimpfen, wenn sie sahen, wie ich da allerhand Schweinereien
     aus dem Loch herausholte.
    Bei jedem Stück Schmutz, das herausbröckelte, drehte ich mich um und sah über die Schulter, ob nicht etwa eine ins Zimmer
     kam. Den herausgefallenen Schutt schob ich mit dem Fuß weg. Aber schließlich fand ich doch noch etwas drin. Ich sage nicht,
     was es war   … vielleicht ein Schatz, vielleicht auch nicht   …
    Dann überlegte ich kurz. Wenn jemand früher schon etwas in diesem Loch versteckt hatte, konnte ich das doch auch tun. Ich
     strengte meine Gehirnzellen an, dann holte ich ein Heft. Ich kramte mein Zeug hervor und schrieb eine Seite an den Knaben,
     der das Loch später einmal entdecken und ausräumen würde. Der konnte sich dann sagen: »Der Kerl, der das geschrieben hat,
     hat sicher keine Karies mehr.« (Was bedeuten soll: Der ist tot.) Vielleicht wird es wieder ein Bedel sein, vielleicht auch
     nicht   … Ich klaute Marie-Jeanne eine Plastikdose mit Deckel, verstaute alles und legte es ins Loch zurück. Dann verschloss ich es
     wieder. Wie oft mochten meine Vorfahren wohl etwas darin versteckt haben?
    Irgendwie hat mir das Ganze keine Ruhe gelassen. Ich habe meine Plastikdose für den Nächsten eingemauert und selbst allerhand
     Staubiges, aber auch Kostbares gefunden. Ich habe auf dem Blatt erklärt, wieso ich es dort gelassen habe. Bestimmte Dinge
     müssen dort bleiben, wo man sie findet. Ob sie nun wertvoll sind oder nicht.
    Ohne Bedauern.
    Dann wollte ich das natürlich noch ein wenig verschönern. Ich strich die Wand weiß und hatte die Idee, bevor der Zement trocknete,
     Ähren hineinzudrücken, erst eine Ähre, dann noch eine und noch eine. Natürlich von meinen Feldern. Das Symbol des Brotes,
     der Nahrung und des Sämannes. Für mich sind das die Symbole des Lebens schlechthin. Eine Art Abendmahl, das die Dinge, Tiere
     und Menschen vereint, und auch die Schönheiten der Natur.
    Danach habe ich noch lange an die vielen Nachtwachen gedacht, bei denen man so gerne über Schätze redet, die im Garten vergraben,
     im Haus eingemauert oder auf dem Speicher versteckt sind. Ich kann mich an einen sehr alten Mann erinnern, der vergessen hatte,
     wo er seinen Spargroschen versteckt hatte. Nach seinem Tod ging eine anständige Frau aus dem Dorf zu seiner Tochter, um ihr
     zu sagen, wo sie das Geld finden würde. Sie wusste das seit ihrer Kindheit, damals hatte sie es irgendwo aufgeschnappt.
    Am Ende wird das ganze Geld eines Mannes, alles, was er sich erarbeitet hat, irgendwo eingeschlossen, in einem kleinen Raum
     in einer alten Mauer.
    In Auderville finden sich immer wieder »Schätze« in den Häusern. Die Leute entdecken sie, und das geht dann herum. Jeder redet
     darüber. Meist sind es alte Geldscheine, die keinen Wert mehr haben. Das ist wirklich zum Lachen.
    Im Kohlenkeller oder Holzschuppen hat man dagegen immer die guten Weine

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