Meine letzte Stunde
angetan hat. Natürlich möchte ich gerne erleben, wenn meine Tochter Abitur macht.“
Warum trägt Ben Becker diesen auffälligen Ring mit dem Totenkopf? Er hat eine Kurzantwort für Journalisten, die besteht aus einem Satz, der nicht sonderlich originell ist: „Der Ring soll mich täglich an meine Sterblichkeit erinnern.“ Und dann gibt es die wahre Geschichte dahinter. Ben Becker fühlte sich immer vom Totenkopf von Keith Richards angezogen. Chrislo Haas, ein Freund von Becker, hatte einen ganz ähnlichen Ring. Haas wusste, wie sehr Becker sich nach dem Ring sehnte. Eines Tages nahm er den Ring ab und übergab ihn Becker mit den Worten: „Jetzt gehört er Dir.“ Chrislo Haas war Gründungsmitglied der deutschen Gruppe DAF und starb am 23. Oktober 2004 im Alter von 47 Jahren in Berlin. Seit damals trägt Ben Becker diesen Ring.
Der Ring mit dem Totenkopf war auch das Erste, was seine Tochter nach der Geburt von ihrem Vater gesehen hat, sie hatte mit „Papas Monsterring“ aber nie ein Problem. Becker kann sich nicht vorstellen, den Ring jemals in seinem Leben ganz abzuziehen. Er ist ein Teil von ihm geworden. Es gibt ganz sensible Momente, wo er ihm zu viel ist und ihn abnimmt. „Blöd gesagt: Rock ’n’ Roll verpflichtet und ich bin irgendwie ein Rock ’n’ Roller unter den Schauspielern.“
Über die Frage, ob er sich selbst schon einmal verletzt hat, denkt er lange nach und kommt dann zu dem Schluss: „Ja, immer wieder und komischerweise das auch gerne. Man weiß dann wieder, dass man lebendig ist. Ich hätte gerne, dass eine schöne Erinnerung von mir übrig bleibt – bei möglichst allen, sonst wäre ich nicht Schauspieler geworden. Ich halte mich für einen schönen und reinen Menschen, auch wenn man mich in der medialen Darstellung oft zum Rüpel oder Enfant terrible macht. Mein Publikum und die Menschen, die mich gut kennen, wissen, dass das nicht stimmt. Tief in mir drinnen will ich niemanden verletzen, sondern lieben und geliebt werden. Das hat für mich mit Reinheit zu tun.“
Christian Rainer aus einem Zwang, den er sich selbst nicht erklären kann, und Ben Becker, der lebenshungrige Seiltänzer, der gerne ohne Netz arbeitet, sind nur zwei der unendlich vielen Wege, sich dem Tod zu stellen, ja sich dabei sogar seinen Kick an Lebendigkeit zu holen. Tut sich im Ernstfall jener leichter, der sich mit seiner letzten Stunde schon davor vertraut gemacht hat? Was ist der bessere Weg, und hat man überhaupt eine Wahl?
Die ehrliche Beschäftigung mit der letzten Stunde gleicht immer dem Aufstieg in die Todeszone. Dort wird die Luft zum Atmen sehr dünn und sind alle Schwingungen besonders spürbar. Die Anstrengung und das Risiko werden belohnt durch den Blick auf das Gipfelkreuz, der uns zeigt, wie sehr wir unser Leben lieben. An diesen Aggregatzustand müssen wir uns immer erst gewöhnen. Nur wir selbst können spüren, wie lange, wie oft und wie intensiv wir uns der letzten Stunde aussetzen wollen, um dann erfüllt mit dem überwältigenden Gefühl der eigenen Lebendigkeit wieder in die Tiefen des Alltags abzusteigen. Wenn wir nur einen Augenblick fühlen, wie klein und zerbrechlich unser Leben ist, lieben wir es gleich noch mehr.
Wenn wir dem Tod ins Antlitz blicken – die fünf Phasen des Sterbens
„Ich doch nicht, das kann doch gar nicht möglich sein.“ Die meisten der Patienten, die Elisabeth Kübler-Ross für ihre bahnbrechende Studie „Interviews mit Sterbenden“ befragt hatte, reagierten auf die erste Mitteilung, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr lange zu leben hätten, mit Nicht-wahr-haben-Wollen. [7]
Die Beobachtungen von Kübler-Ross legten den Grundstein der heutigen Erkenntnisse über die Situation Sterbender. Ihr Ziel war es, von den Sterbenden zu lernen, wie man mit Sterbenden umgeht und welche Hilfe sich diese erhoffen. Zu diesem Zweck führte sie Interviews mit unheilbar kranken Menschen. Während der Gespräche wurden die Betroffenen direkt auf ihre Gefühle und Gedanken zu Tod und Sterben angesprochen. Wie alle Pioniere hatte auch Kübler-Ross anfangs mit offenen und verdeckten Widerständen, vor allem von Ärzten, zu kämpfen. Trotz dieser heftigen Kritik fand ihre Methode sehr viel Unterstützung von den Betroffenen selbst. Von 200 Patienten nahmen 198 diese Möglichkeit zur Aussprache an.
Fast alle Patienten versuchen ihre Krankheit nicht nur im Augenblick der Entdeckung, sondern auch im Verlauf immer wieder vor sich selbst abzuleugnen. Das ist ein
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