Meine letzte Stunde
lieben es, zu schreiben – sie sind gerüstet für die vielen einsamen Stunden am Schreibtisch, das Überwinden der Selbstzweifel und die Angst vor dem leeren Blatt Papier. Die einen wollen etwas werden, die anderen wollen etwas tun.
Man muss nicht Harry Potter lieben, um von J. K. Rowling lernen zu können
Joanne K. Rowling kommt aus einem wenig wohlhabenden Elternhaus. Trotzdem war ihre größte Angst am Beginn ihres Berufslebens nicht jene vor dem Rückfall in die Armut, sondern jene vor dem Scheitern ihrer Lebensträume. Doch genau das passierte, nachdem sie gegen den Willen ihrer Mutter klassische Literatur studiert hatte, ein vermeintlich brotloses Studium. Nach einer sehr kurzen gescheiterten Ehe fand sie sich als allein erziehende Mutter arbeitslos am untersten Ende der britischen Gesellschaft, darunter gab es nur mehr die Obdachlosigkeit. So weit ist die Geschichte der Frau, die mit „Harry Potter“ nach der Queen die zweitreichste Frau Großbritanniens wurde, bekannt und tausendfach in der Presse wiedergegeben worden. Ihr ganzes Leben gleicht in der Rückbetrachtung eher einem Märchen als einer wahren Geschichte.
Doch wer ist diese Frau wirklich? Ist sie eine Frau aus Fleisch und Blut? Hat sie auch eine Botschaft, die über ihre Bücher hinausgeht? Ihre Rede vor den Absolventen der Harvard-Universität im Juni 2008 ergreift einen vom ersten Augenblick an und lässt einen bis zum Ende nicht mehr los. Ihre Worte zählen zu den wunderbarsten Beispielen, warum wir den Kampf für unsere Lebensträume nie aufgeben sollten. [1]
„Ich stehe hier nicht, um Ihnen zu erzählen, wie toll das Scheitern ist. Diese Periode meines Lebens war eine dunkle, und ich hatte damals keine Ahnung, dass sich das dann wie im Märchen positiv auflösen würde. Ich hatte keine Ahnung davon, wie lange der Tunnel sein würde, und dass am Ende Licht sein würde, war viel mehr eine Hoffnung als eine realistische Einschätzung. Warum rede ich daher von den Vorteilen des Scheiterns? Einfach deshalb, weil das Scheitern hilft, alles Unwesentliche abzulegen. Ich war gezwungen damit aufzuhören, mir vorzuspielen, dass ich irgendetwas anderes war als ich selbst, und begann meine ganze Energie darauf zu konzentrieren, die einzige Arbeit zu vollenden, die mir wichtig war. Wenn ich irgendwo anders erfolgreich gewesen wäre, hätte ich vielleicht nie die Entschlossenheit gehabt, auf dem einzigen Gebiet erfolgreich zu werden, wo ich wirklich hingehörte. Ich konnte mich nur deshalb befreien, weil meine größte Befürchtung eingetreten war und ich trotzdem weiterlebte, und ich eine Tochter hatte, die ich liebte, und eine alte Schreibmaschine und eine große Idee. Dieser absolute Tiefpunkt war das starke Fundament, auf dem ich mein Leben neu aufbaute.“
Man muss kein „Harry Potter“-Fan sein, um ein Joanne-Rowling-Fan zu werden. Nicht das Ausmaß ihres Erfolges sollten wir uns als Maßstab nehmen, da könnten wir nur enttäuscht werden, sondern die Tiefe ihrer Einsicht, dass es eben keine Magie braucht, um seine Lebensträume zu verwirklichen, sondern den Mut, auch am dunkelsten Punkt weiterzugehen. Jeder hat diesen Punkt schon mindestens einmal in seinem Leben erlebt und weiß, wie viel Kraft es kostet, weiterzugehen. Und wenn man überhaupt nicht mehr kann, dann bekommen wir manchmal von völlig unerwarteter Seite Hilfe.
Der Satz „Das wunderbarste Märchen ist das Leben selbst“ wurde von Hans Christian Andersen, lange bevor Joanne Rowling geboren wurde, geschrieben. Der Kampf für seinen Lebenstraum ist der Stoff, aus dem die guten Geschichten gemacht werden, im Märchen – wie im Leben.
Im Wartesaal der verpassten Möglichkeiten
Wer erinnert sich nicht daran, wie oft wir in der Schulzeit Gelegenheiten verpasst haben, zum Beispiel wenn gefragt wurde, wer denn die Hauptrolle bei der Aufführung des Schultheaters spielen möchte. Und obwohl wir uns nichts sehnlicher gewünscht hätten, blieb unser Arm wie gelähmt unten, so lange, bis jemand anderer sich gemeldet hat. Wie haben wir dann gelitten, wenn dieser andere, obwohl zweifellos weit weniger begabt als wir, den großen Schlussapplaus bekam? Ist es die Angst, zu versagen? Ist es das uns von den Eltern eingeimpfte „gute Benehmen“, sich nicht in den Vordergrund zu drängen? Ich glaube, es gibt zwei Kräfte, die uns daran hindern, gerade jene Chancen, nach denen wir uns besonders sehnen, zu nutzen. Erstens, nichts fürchtet der Mensch mehr als Ablehnung. Es ist die völlig
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