Meine letzte Stunde
identifizieren.
Stufe 1: Urvertrauen vs. U rmisstrauen (1. Lebensjahr)
„Ich bin, was man mir gibt.“
Stufe 2: Autonomie vs. Scham und Z weifel (2. bis 3. Lebensjahr)
„Ich bin, was ich will.“
Stufe 3: I nitiative vs. Schuldgefühl (3. bis 6. Lebensjahr)
„Ich bin, was ich mir vorstellen kann zu werden.“
Stufe 4: Kompetenz vs. Minderwertigkeitsgefühl (6. Lebensjahr bis Pubertät)
„Ich bin, was ich lerne.“
Stufe 5: Pubertät
„Ich bin, was ich bin.“
Stufe 6: Intimität vs. I solierung (Frühes Erwachsenenalter)
„Ich bin, was mich liebenswert macht.“
Aufgabe dieser Entwicklungsstufe ist es, ein gewisses Maß an Intimität zu erreichen, anstatt isoliert zu bleiben. Die totale Fixierung auf Status, Wohlstand und Karriere steht dem Aufbau von Intimität entgegen. Das Verständnis dieser Phase, die immerhin 20 bis 30 Jahre unseres Lebens bestimmt, kann uns helfen zu verstehen, dass die tiefere Motivation, warum wir so erfolgreich sein wollen, nicht im Status oder im Geld liegt, sondern in dem Wunsch, uns damit liebenswerter zu machen. Je geringer unser tatsächliches inneres Selbstwertgefühl ist, umso größer kann der ständige Drang sein, es durch Bestätigung von außen zu erhöhen. Genau diese einseitige Ausrichtung auf die äußere Welt kann uns daran hindern, eine intime Beziehung zu anderen, aber auch zu uns selbst zu finden. Wird zu wenig Wert auf den Aufbau intimer Beziehungen zum Partner, den Kindern und auch Freunden gelegt, kann das schnell zur Isolierung führen. Nur wer als junger Erwachsener die Stufe der Intimität meistert, wird überhaupt erst zur Liebe fähig, die so entscheidend für ein glückliches Leben ist.
Stufe 7: Großzügigkeit vs. Stagnation (Mittleres Erwachsenenalter)
„Ich bin, was ich bereit bin zu geben.“
Unter Großzügigkeit (Generativität) versteht Erikson die Aufgabe, die Liebe in die Zukunft zu tragen und sich um zukünftige Generationen zu kümmern. Doch es geht dabei nicht nur darum, für die eigenen Kinder zu sorgen, es zählt dazu jede Form der Wissensweitergabe, die Auseinandersetzung mit Kunst sowie soziales Engagement. Stagnation ist das genaue Gegenteil von Großzügigkeit: sich um sich selbst kümmern und um sonst niemanden. Stagnation führt dazu, dass andere uns ablehnen und wir andere. Niemand ist so wichtig wie wir selbst. Zu viel Großzügigkeit heißt wiederum, dass man sich selbst vernachlässigt zum Wohle anderer. Das sind dann Menschen, die am Ende ihres Lebens enttäuscht feststellen, dass sie selbst eigentlich nie etwas vom Leben hatten, sondern immer nur für andere da waren. Wird diese Phase dagegen erfolgreich abgeschlossen, hat man die Fähigkeit zur Fürsorge für andere erlangt, ohne sich selbst dabei aus den Augen zu verlieren. Die siebte Stufe ist die Großzügigkeit, etwas einzubringen, was für die nächste Generation „brauchbar“ sein könnte.
Stufe 8: I ch- I ntegrität vs. Verzweiflung (Hohes Erwachsenenalter/Reife)
„Ich bin, was ich mir angeeignet habe.“
Der letzte Lebensabschnitt stellt den Menschen vor die Aufgabe, auf sein Leben zurückzublicken. Anzunehmen, was er getan hat und geworden ist, und den Tod als sein Ende nicht zu fürchten. Setzt sich der Mensch in dieser Phase nicht mit Alter und Tod auseinander, kann das zur Verachtung dem Leben gegenüber führen, dem eigenen und dem aller anderen. Die negativen Konsequenzen zeigen sich in Abscheu vor sich und anderen Menschen sowie in unbewusster Todesfurcht. Wird diese Phase erfolgreich gemeistert, erlangt der Mensch das, was Erikson Weisheit nennt – dem Tod ohne Furcht entgegensehen, sein Leben annehmen und trotz der Fehler das Glück darin sehen können.
Das Modell von Erikson kann uns helfen, den zuvor nur sehr grundsätzlich beschriebenen Übergang der Phase vom „Was will ich vom Leben?“ zu jener des „Was will das Leben von mir?“ genauer begreiflich zu machen.
Die meisten Leser werden sich in einer der drei Phasen
„Ich bin, was mich liebenswert macht.“
„Ich bin, was ich bereit bin zu geben.“
„Ich bin, was ich mir angeeignet habe.“
beziehungsweise im Übergang zwischen zwei dieser Phasen befinden. Der Übergang von einer zur nächsten Lebensphase heißt, auch immer etwas aufzugeben. Ein Kind, das sich nicht von der Abhängigkeit von seinen Eltern lösen kann, wird in der Pubertät kein eigenes Selbstbild finden können. Jemand, der auch als Erwachsener immer wieder
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