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Meine letzte Stunde

Meine letzte Stunde

Titel: Meine letzte Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Salcher
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bemerken. Nur Menschen, die den scheinbar unsichtbaren Teil ihrer Arbeit mit dem gleichen Anspruch leisten wie den sichtbaren, werden insgesamt die höchste Qualität erzielen. Wer den Kompromiss schon von Beginn an einbaut und sich nur auf das Sichtbare konzentriert, wird nichts Unverwechselbares schaffen können.
    Nicht alles, was wir tun, wird perfekt sein, aber wer sein ganzes Leben die höchste Qualität anstrebt, wird sie auch in der letzten Stunde erleben. Denn in der letzten Stunde wird das Unsichtbare in unserem Tun sichtbar und spürbar. Wenn wir nur unsere Zeit absitzen und diszipliniert unsere Aufgaben erfüllen, bleibt am Ende auch nur diese Pflichterfüllung übrig. Viele sind ständig um ihren Lebensunterhalt besorgt, aber selten um ihr Leben. Gerade was unsere Arbeit betrifft, sollten wir uns rechtzeitig fragen:
     
    • Würden wir unseren Job auch machen, wenn wir nicht dafür bezahlt würden?
    • Was würden wir gerne tun, wenn wir finanziell völlig unabhängig wären?
     
    Versuch und Scheitern
    Alle, die den Film über die verunglückte Mondmission der Apollo 13 mit Tom Hanks gesehen haben, kennen das wichtigste Prinzip der NASA: Scheitern ist keine Option. Im Leben ist das anders. Fehler sind notwendig. Keine bedeutende Innovation, kein Kunstwerk, keine Entdeckung wurde ohne Risiken erreicht. Bei allem, was wir tun, müssen wir das Scheitern immer als eine Möglichkeit einkalkulieren. „Jeder kann alles erreichen, er muss nur wollen“, versuchen uns oberflächliche Ratgeberbücher oder eindimensionale Seminare zu vermitteln. Das stimmt leider nicht. Die Wahrheit ist: Jeder kann alles versuchen. Und jeder kann so mutig sein, sich nicht vor dem Scheitern zu fürchten.
    Der Extremkletterer Thomas Bubendorfer erzählt über seinen Umgang mit dem Scheitern: [5] „Der Mensch hat die Aufgabe aufzubrechen, um das, was nur er selbst sieht, zu erobern. Aber der Weg von dieser Vorstellung zur Realisierung ist unsichtbar. Genau darin liegt das Abenteuer des Lebens, sich auf dieses Ungewisse einzulassen. Das ist bei einer neuen Besteigung immer ein Herantasten, ein Hinauf und wieder Hinunter, nie wissend, ob das, was ich mir vorgenommen habe, auch tatsächlich so erreichbar ist. Dadurch, dass ich oft gescheitert bin mit Projekten, habe ich lernen müssen, dieses Unsichtbare zuzulassen. Man kann nicht mit dem Kopf durch die Wand, man muss mit dem Herzen durch die Wand gehen.
    Letztes Jahr bin ich super auftrainiert nach Patagonien gefahren, um einen Winteralleingang zu wagen. Zuerst fliegt man nach Buenos Aires und von dort 3000 Kilometer weiter nach Calafate. Ich hatte drei Gepäcksstücke zu je 48 Kilogramm in einer Tonne. Als ich am Förderband wartete, kam alles, nur nicht meine Tonne. Die Lufthansa informierte mich, dass meine Tonne in Buenos Aires liegen geblieben war, aber sicher am nächsten Tag kommen würde. Die ersten drei Tage belagerte ich den Lufthansa-Schalter, aber es gab einfach niemanden, an dem ich meinen Zorn auslassen konnte. Eine Woche herrliches Wetter, klare Sicht, kein Niederschlag und keine Tonne. Am siebten Tag kam dann die Tonne und ich startete sofort mit voller Kraft hin zum Berg. Am Morgen des achten Tages sah ich gar nichts. Es begann das schlechte Wetter, das so schlecht war, dass man kaum gehen geschweige denn klettern konnte, 14 Tage lang. Nach drei Wochen fuhr ich samt meiner Tonne wieder heim. Nach meiner Rückkunft bedauerten alle diese Katastrophe. Ich gab zu, dass ich die ersten drei Tage ganz schlecht drauf war, aber dann erkannte ich, dass ich mehr über mich gelernt hatte, als wenn ich den 99. Rekord geklettert wäre, was niemanden überrascht hätte. Es würde wohl zu weit gehen, zu sagen, dass das meine interessanteste Expedition war, aber sicher eine äußerst lehrreiche. Früher wäre ich völlig verzweifelt gewesen, weil ich jeden Schlechtwettereinbruch als Verschwörung des Schicksals gegen mich aufgefasst hätte. Heute weiß ich, dass nicht alles immer Sein oder Nichtsein ist, sondern dass es immer Sein ist.“
    Wir brauchen uns selbst keine Grenzen zu setzen, das tun ohnehin andere für uns. Am Ende Deines Lebens wirst Du keine Stunde bereuen, in der Du in ehrlicher Absicht gute Arbeit geleistet hast – für Deine Kunden, für Deine Kinder, bezahlt oder unbezahlt. Es geht um einfache Fragen: Was tue ich? Wie tue ich es? Mit welcher Begeisterung gehe ich auf meine Aufgaben zu? Wie hoch ist mein eigener Anspruch? Es sind diese vielen kleinen

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