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Meine Mutter, die Gräfin

Meine Mutter, die Gräfin

Titel: Meine Mutter, die Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Hirdman
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könne Charlott II auch gut leiden, aber »ich fühle mich Dir doch sehr verbunden, Du mein liebes Kleines bist ja doch meine richtige Frau«.
    So also spricht ein Graf, denke ich. Er fährt fort: »Fühlst Du nicht auch so? Denk daran, was uns alles verbindet – Du bist doch ein Teil von mir und ich ein Teil Von Dir – das kann man doch nicht einfach so auseinanderreißen? Denkst Du noch an unsere letzte Nacht, mein Kleines? Wie schön es war, wie stark es Dir kam? Du hast in meinen Armen gelegen und geweint. Wie hat mich das alles erschüttert! Ich habe viel Schuld auf mich geladen, habe so oft an Dir vorbeigelebt. Jetzt möchte ich Dich streicheln und Dir schöne
Dinge sagen … ach, ich hänge doch so an Dir, Lottilein, verlass mich nicht.
    Aber wenn Heini kommt, willst Du bestimmt mit ihm zusammen sein. Vielleicht findest Du ja doch noch einen Weg zu mir. Ich kann nicht glauben, dass Heini Dir wichtiger ist als ich. Du wirst mich noch brauchen, Liebes, ich habe Dich sehr lieb. Dein Alexander.«

    Besser kann er's nicht?, denke ich gehässig. Und so einer nennt sich Schriftsteller! Ja, weshalb weint sie wohl, wohl doch aus dem Grund, weil alles vorbei ist, weil sie ihren Heini mit ihm betrügt, weil alles zu spät ist und weil er mal wieder nichts kapiert?

    Am 12. August trifft der nächste Verführerbrief ein, den er wieder bei Charlott II geschrieben hat:
    »Geliebtes Lottilein – wenn Du diesen Brief liest, werden wir den 13. August haben – erinnerst Du Dich noch – unser ›richtiger‹ Hochzeitstag – ich bin so sentimental – klammere mich an diese lieben Erinnerungen – denen ich wirklich treu bin – die Jahre, die wir zusammen waren, verbinden uns – ich kann mich so glücklich schätzen, dass Du meine Frau bist, eine, zu der man immer wieder zurückkehren kann – sag, hast Du mich noch lieb? – Ein Großteil meines Herzens wird immer Dir gehören.«

    Und am 21. August ist er immer noch bei Charlott II : »Weshalb redest Du immer von Scheidung? Ich habe mich doch schon entschieden – ich möchte gerne weiter mit Dir leben, wir passen doch so gut zusammen – Charlott II mag ich sehr – wir werden auch immer Freunde sein, aber Du bist doch meine Frau – ja, Du weißt, wie ich denke – Du musst Dich jetzt entscheiden – Du weißt doch, dass Du Dich auf lange Sicht nicht zwischen zwei Männern aufreiben kannst – Du musst Dich natürlich für einen entscheiden – ich kann
Dich natürlich nicht zwingen – wenn Du Heini wählst, gebe ich Dich frei – aber Du machst einen großen Fehler.
    Und er kann gewiss nicht in der Wohnung wohnen, bevor wir geschieden sind! So etwas darfst Du mir nicht antun – das wäre für alle äußerst peinlich – vor allem für mich. Denk nur an Frau Pochamer [ihre Vermieterin], sie wird das sofort spitzkriegen, selbst wenn Heini in dem kleinen Zimmer wohnt – Du darfst keinen Skandal provozieren – keinen wie auch immer gearteten Skandal, hörst Du!
    Ach, dann wäre da noch eine andere Sache, Liebes. Hast Du noch diese fünf Mark? Das Geld habe ich jetzt wirklich nötig, sitze ich hier doch ohne einen Pfennig – ich brauche hier ja auch nichts – Charlott II sorgt ja für mich – aber sie hat es selbst nicht so reichlich – ich will sie nicht darum bitten – vielleicht kannst Du ja 20 Mark zusammenkratzen?«

    Und am 8. September, aus Hamburg. Jetzt hat er begriffen, dass sie sich tatsächlich entschieden hat, und zwar für Heini. Und jetzt gilt seine einzige Sorge, wo er wohnen soll, wenn er in Berlin ist – noch seien sie immerhin verheiratet und Heini dürfe keineswegs bei ihnen wohnen. Und dann hätte er da noch eine andere Sorge – wie er überhaupt nach Berlin kommen soll: »Ich hab' Dich doch gebeten, mir 20 Mark zu schicken – Du hast nicht darauf reagiert – Charlott II hat mir Reisegeld bis Steinhude gegeben (wo Thiess wohnte) und von Frank habe ich Geld bis Hamburg bekommen, aber jetzt sitz' ich hier – ohne einen Pfennig – bitte, bring das Geld für mich zusammen – es sind ungefähr 17 Mark, schick sie, so schnell es geht.«

    Fünf Tage später – noch immer aus Hamburg: »O.k., ich könnte auch bei Florence wohnen, aber ich weiß nicht, ob sie da ist – kannst Du nicht mit Florence sprechen, damit
ich weiß, wohin ich meine Koffer schicken lassen kann. Und schreib mir einen richtigen Brief, nicht nur so belanglose Dinge – sondern über Dinge, die uns angehen! Dein abgesägter Gatte.« Und zwei Tage darauf, am 15. September:

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