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Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Titel: Meine Reise in die Welt der Gewuerze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfons Schuhbeck
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saubere Löffel.

     
    Am Abend zeigt mir dann Siwar Al Bitar, der Chefkoch des edlen, aus zwei umgebauten Altstadthäusern entstandenen Hotels »Beit Zafran«, wie er kocht. Siwar war zuvor Chef-Patissier in einem Luxushotel in Damaskus und ist in der ganzen Stadt für seine Süßspeisen berühmt – doch längst nicht nur das. Auf der Dachterrasse des Hotels präsentiert er die Klassiker der arabischen Küche in westlichem Gewand, mit Hummus gefüllte kleine Tomaten oder Artischockenböden mit einer Gemüsevariation. Den krönenden Abschluss bilden hauchdünne, knusprige gelbbraune Zuckerfäden, die in der arabischen Küche für verschiedene Nachspeisen verwendet werden. Es gibt sie in Form von kleinen, mit Nüssen gefüllten Nestern, als Rollen mit karamellisierten Pistazien oder ganz schlicht auf einem Tablett mit einer schmelzenden Käsefüllung.
    Nach dem üppigen Mahl lasse ich mich im Innenhof des »Beit Zafran« in die dunkelroten Samtpolster der Sessel sinken. Der Brunnen plätschert, die Blätter der Bäume rascheln, und die Kupferlaternen mit den vielen kleinen Buntglasscheiben werfen ein melancholisches Licht in den Hof. Auch ich werde bei dem Gedanken, Damaskus bald verlassen zu müssen, ein wenig wehmütig. Ich muss an eine Geschichte denken, die ich über die älteste Stadt der Menschheit gelesen habe: Für die Gewürzhändler mit ihren Karawanen war der Anblick dieses Orts nach vielen Wochen in der Ödnis der Wüste eine Offenbarung. Diese grüne, fruchtbare, hochkultivierte Oasenstadt kam ihnen wie ein Garten Eden vor; deswegen erhielt Damaskus den Beinamen »Jannat al-Ard«, Paradies auf Erden. Und genau deswegen soll sich der Prophet Mohammed im 7. Jahrhundert geweigert haben, Damaskus zu betreten – weil er nur einmal, und zwar im Jenseits, ins Paradies eingehen könne. Ich hingegen habe es vielleicht schon getan. Und ich bereue nichts.
    Aufgezeichnet von Kristin Helberg

     



 

DER HERD IST EIN HEILIGER ORT
Die Kunst des Kochens und Würzens im antiken Griechenland
     
    D ie Götter Griechenlands liebten Gewürze genauso glühend wie die Menschen. Kaum einen Gott gab es, der nicht irgendein Lieblingsgewürz hatte, und kaum ein Gewürz, das nicht einen göttlichen Paten besaß. Lorbeer zum Beispiel war viel mehr als nur ein Gewürz von dieser Welt. Für den Göttervater Zeus waren seine Blätter heilig. Die Siegerkränze bei den Olympischen Spielen wurden aus Lorbeer geflochten. Die Priesterinnen des Orakels von Delphi kauten Lorbeerblätter, um mit den Göttern in Kontakt zu treten. Und die Nymphe Daphne verwandelte sich in einen Lorbeerbaum, um vor dem aufdringlichen Dichtergott Apollon sicher zu sein – deswegen war der Lorbeer für die Griechen auch das Sinnbild der Dichtkunst.
    Genauso göttlich war der Granatapfel. Paris übergibt Aphrodite diese Frucht als Zeichen ihres Sieges beim Wettbewerb mit Hera und Athene um den Rang der schönsten aller Frauen. Der schreckliche Totengott Hades wiederum raubt Persephone, die Tochter der Erdgöttin Demeter, die aber mit einer nicht minder schrecklichen Drohung die Rückgabe ihres Kindes erzwingt: mit der Drohung des ewigen Winters. Da Persephone in der Unterwelt aber schon von einem Granatapfel genascht hat, muss sie Jahr für Jahr für eine gewisse Zeit als Gemahlin des Hades in die Unterwelt zurückkehren – so sind nach der griechischen Mythologie die Jahreszeiten entstanden. Eine besonders schaurige Geschichte steckt hinter den Harztropfen der Myrrhe: Sie sollen nichts anderes als die Tränen der Nymphe Myrrha sein, die von den zürnenden Göttern wegen ihres Ungehorsams in einen Baum verwandelt wurde. So hatte jedes Gewürz in Griechenland einen mythologischen Duft.
    Die einflussreichste Epoche der Weltgeschichte
    Die Wiege des Abendlands stand in Griechenland – und wir alle lagen in dieser Wiege, die mehr als 3000 Jahre alt und immer noch intakt ist. Denn keine andere Epoche der Weltgeschichte war einflussreicher und folgenschwerer als die Antike. All die philosophischen, moralischen, politischen Ideen, die das alte Griechenland entwickelte, bestimmen bis heute unser gesellschaftliches Zusammenleben, unser Verständnis von Recht und Gesetz, unser Streben nach Glück – und auch unseren Umgang mit Gewürzen.
    Die Antike begann etwa 1200 vor Christus, als sich die griechischen Stadtstaaten allmählich herausbildeten und den Mittelmeerraum kolonisierten, ohne allerdings ein starkes, homogenes Reich wie später das römische Imperium zu

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