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Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Titel: Meine Reise in die Welt der Gewuerze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfons Schuhbeck
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Christus als Würzmittel dem Brotteig beigemischt. Auch Dill, Kapern, Zwiebeln, Lauch, Koriander, Kreuzkümmel, Ysop, Safran, Salbei und Rauke gehörten selbstverständlich in jede gute Küche, genauso wie die fermentierte Fischsauce Garos, die später bei den Römern als Garum überaus beliebt werden sollte. Weder ihr Geschmack noch ihr Geruch können sehr fein gewesen sein. Denn für sie wurden Sardellen und Makrelen zu einem Teig verknetet, der mit reichlich Salz angesetzt und dann in einem irdenen Krug zwei, drei Monate lang in der sengenden Sonne stehen gelassen wurde – nichts für delikate Nasen.

     
    Grollende Philosophen, schlemmende Bürger
    Einige sehr einflussreiche Griechen rümpften indes nicht nur über die Fischsauce Garos die Nase. Platon und Aristoteles, den größten Philosophen des Abendlands, waren die ständige Schlemmerei und Genusssucht ihrer Landsleute ein Dorn im Auge. Die beiden Großdenker mögen Geistesgenies gewesen sein, Gourmets waren sie ganz gewiss nicht. Sie verachteten das gute Essen, weil es ihrer Meinung nach die Menschen am vernünftigen Denken hinderte. Für sie war Völlerei prinzipiell der Feind des Verstands – eine Geisteshaltung, die sich im deutschen Sprichwort vom vollen Bauch, der nicht gerne studiert, niedergeschlagen hat.
    Platon befand kategorisch, dass Kochen »keine Kunst« sei, also keine Wissenschaft, sondern bestenfalls eine »Geschicklichkeit«. Er schimpfte über die Maßlosigkeit seiner Mitbürger beim Essen und ihre Sucht nach Delikatessen, über all die »ausländischen Leckereien« und die schädliche »Mannigfaltigkeit von Speisen«. Und ganz besonders grimmig verdammte er die »Gewürze« und »Süßigkeiten«, von denen die Griechen den Hals nicht voll bekommen konnten. Stattdessen pries er die trostlose, lustfeindliche Kost der Spartaner – ausgerechnet der Spartaner, die so streng waren, dass Dicke in ihrem Staat Geldstrafen zahlen mussten; ausgerechnet der Spartaner, über deren Küche dieses berühmte Bonmot eines Griechen aus Süditalien kursierte: »Natürlich sind die Spartaner die tapfersten Männer der Welt. Aber jeder, der nur irgendwie bei Trost ist, würde lieber zehntausend Tode sterben, als sich ein so schlechtes Essen vorsetzen zu lassen.« Noch radikaler war Aristoteles: »Kochen ist ein knechtisches Gewerbe«, befand er, eines freien Mannes nicht würdig, höchstens etwas für Sklaven, die im klassischen Griechenland alle körperlichen Tätigkeiten verrichten mussten – und tatsächlich waren die Köche in der Antike ausnahmslos Sklaven.
    Unser Denken wird bis heute von Platon und Aristoteles geprägt, unsere Küche zum Glück nicht. Und zum Glück waren die beiden Philosophen mit ihrer Lobpreisung der spartanischen Schmalkost in der Minderheit. Andere berühmte Denker wie Heraklit vertraten eine ganz andere, nämlich Volkes Meinung: »Der Herd«, sagte der lebenskluge Philosoph, »ist ein heiliger Ort.« Und genau diese Maxime sollten die Römer, die das Erbe der Griechen antraten, mit größter Lust beherzigen.

 
    D ie Befreiung des Menschen aus den Klauen der Götter und Dämonen begann vor 2500 Jahren. Damals fingen die Philosophen der griechischen Antike an, die alles entscheidenden Fragen zu stellen: nach dem Ursprung der Welt, nach den Ursachen für das Werden und Vergehen der Dinge und Menschen. Vor allem aber suchten revolutionäre Denker wie Thales von Milet oder Heraklit ihre Antworten nicht mehr in der Magie und Mystik, sondern in der Naturwissenschaft. Das hatte fundamentale Konsequenzen für die Heilkunde: Sie wurde zur wissenschaftlich begründeten Medizin. Die griechischen Ärzte waren die Ersten, die nach den natürlichen Ursachen für Gesundheit und Krankheit forschten. Götterbeschwörungen und Reinigungszeremonien wurden jetzt überflüssig. Denn man hatte begriffen, dass Krankheiten nicht von zürnenden Gottheiten oder Dämonen als Strafe verhängt wurden, sondern auf organischen Ursachen beruhten, die vom Menschen allein beseitigt werden konnten. Der Mensch hatte sein Schicksal also selbst in der Hand. Er war endlich frei.
    Ohne Gewürze ist die antike Medizin undenkbar. Denn sie sorgen dafür, dass im Körper Harmonie herrscht. Und genau das, die körperliche Harmonie, ist der Schlüssel zu allem, das Grundkonzept der Heillehre im Altertum. Als Erster formulierte es der Grieche Alkmaion von Kroton. Er lebte etwa von 500 bis 420 vor Christus, ist einer der ersten Ärzte der Weltgeschichte, deren Namen wir

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