Meine Reise in die Welt der Gewuerze
Küche Eingang fand. In der klassischen Zeit vom 6. Jahrhundert an wurden Düfte zu einer Art Volksdroge. Die Athener benutzten sie so exzessiv, dass sich der athenische Staatsmann Solon gezwungen sah, seine Mitbürger zur Mäßigung aufzurufen. Viel hat es nicht genutzt. In der Agora von Athen, dem Herz der Stadt, wimmelte es von Parfümläden, in denen Männer so selbstverständlich einkauften wie Frauen. Die Männer liebten es, sich beim Sport mit Olivenöl einzureiben, das zuvor mit Majoran aromatisiert worden war.
Wein, Weib, Gesang – das wilde Treiben auf den Symposien
Eine ganz besondere Rolle spielten Gewürze bei den Symposien, den geselligen Trinkrunden, bei denen Musikstücke gespielt, lyrische Gesänge vorgetragen und sehr viele Becher Wein getrunken wurden. Doch damit war es mit den leiblichen Genüssen noch lange nicht vorbei. In ganz Athen berüchtigt war ein Mann namens Stratokles, genannt »der Ausschweifungsmeister«, der im Ruf stand, jede gewünschte Prostituierte für ein Gelage herbeischaffen zu können. Da ist es kein Wunder, dass sich Philosophen wie Klearchos von Soloi über die Sittenlosigkeit ihrer Landsleute empörten. Diese Saufbrüder unterhielten sich bei Trinkgelagen, so meinte Klearchos entsetzt, nicht nur darüber, welcher Fisch wie am besten zu kochen sei, sondern befragten sich auch gegenseitig ganz offen, »welche Stellung beim Geschlechtsverkehr am angenehmsten ist«. Und da die Klugheit der alten Griechen auch überaus praktische Züge hatte, wussten sie ganz genau, wie man ein Symposion möglichst angenehm gestaltet. Ein gewisser Hikesios von Smyrna empfahl seinen Zechkumpanen, sich den Kopf vor dem Symposion mit einer Salbe aus Bockshornklee und anderen Gewürzen einzureiben, damit man nicht so schnell betrunken wird. Er kannte aber noch mehr Tricks: »Rosenduft passt zu einem Trinkgelage, ebenso Myrrhe und Quitte, Letztere wirkt auf den Magen und ist für Lethargiker angemessen. Mädesüß, das ebenfalls auf den Magen wirkt, hält den Verstand klar. Majoran- und Thymiandüfte passen ebenfalls zu einem Trinkgelage, ebenso Safran.«
Die Liebe der Griechen zu gutem Essen und gutem Wein war spätestens mit dem Beginn der klassischen Zeit um 500 vor Christus voll entbrannt. Das Kochen war ein allgegenwärtiges Thema, leidenschaftlich wurde über alle Fragen der Kulinarik debattiert, pausenlos traf man sich zu Festmahlen, die sehr gerne in Trinkgelagen mündeten. Und die besten Köche der griechischen Stadtstaaten waren hoch angesehene Persönlichkeiten, wobei die Küchenchefs aus dem griechisch besiedelten Sizilien als die Besten der Besten galten. In einem Werk des Komödiendichters Kratinos des Jüngeren gibt es diese hübsche Stelle, die alles sagt: »Spürst du, welch süßen Geruch dieses Land hat und wie ein gar würziger Rauch aufsteigt? In dieser Schlucht muss anscheinend ein Weihrauchverkäufer wohnen – oder ein sizilianischer Koch.«
Schwertlilienzwiebeln – das Viagra der Antike
Die wichtigste Quelle für die Küche und die Esssitten, die Bedeutung des Genusses und die Lust am Exzess, die Wertschätzung von Kräutern und den Gebrauch von Gewürzen in der Antike ist »Das Gastmahl der Gelehrten« des griechischen Grammatikers Athenaios. Es besteht aus fünfzehn voluminösen Büchern mit erfundenen Tischgesprächen kluger Gäste über alle Aspekte des Essens und ist gespickt mit Zitaten aus literarischen und philosophischen Werken. Auch Dutzende von Rezepten und Gerichten werden beschrieben, etwa geräucherte Fischstückchen mit Kapern, Salat mit scharfer Senfsauce oder dünne Fleischscheiben mit Hyazinthen-, Asphodelos- und Schwertlilienzwiebeln – sie galten als das Viagra der Antike.
Gewürze gab es im klassischen Griechenland in Hülle und Fülle, wobei sie – wie schon in Mesopotamien und dem Ägypten der Pharaonen – gleichermaßen in der Küche und der Medizin Verwendung fanden. Zimt wurde aus China importiert und als Königin der Gewürze angesehen. Fenchel war nicht nur eine Art Volksgewürz, sondern auch ein Symbol des Sieges. Knoblauch galt als das Allheilmittel der Armen und wurde als Abführmittel empfohlen. Petersilie war so begehrt, dass man die besten Qualitäten aus Mazedonien herbeischaffte. Denn sie schmeckte nicht nur gut, sondern soll überdies ein ausgezeichneter Kraftspender gewesen sein, der Inbegriff von Stärke: Herkules bekränzte sich gern mit Petersilie statt mit Lorbeer. Mohn, Sesam und Leinsamen wurden schon um 400 vor
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