Meine Reise in die Welt der Gewuerze
sondern ist auch stark choleretisch, das heißt, er regt besonders die Galle an. Außerdem beeinflusst Ingwer die Blutfettwerte positiv und verhindert den übermäßigen Anstieg unter anderen von Cholesterol und Triacylglycerolen selbst bei ungünstiger Ernährung. In hohen Dosen beugt er Arteriosklerose vor. In Tierversuchen hat sich sogar gezeigt, dass Ingwer vor Krebs schützen kann. Und in klinischen Studien konnte eine Besserung bei rheumatischen Beschwerden nachgewiesen werden.
Dioskurides war aber nicht nur ein großer Arzt, sondern muss ein ebenso großer Feinschmecker gewesen sein. Denn er beschreibt mit großem Enthusiasmus viele Gewürze, die sowohl in der Heilkunde also auch in der Küche verwendet werden können. Die wichtigsten sind für ihn Anis, Bertramwurzel, Koriander, Zimt, Ingwer, Safran, Myrrhe, Pfeffer, Süßholz, Sesam, Kardamom und Schwarzkümmel.
Das Fundament legte Dioskurides, doch das Haus sollte ein anderer bauen: Galen von Pergamon, der bedeutendste Mediziner der Antike neben Hippokrates. Galen lebte im 2. Jahrhundert nach Christus, war Gladiatorenarzt, medizinischer Berater verschiedener Kaiser und Begründer eines völlig neuen Verständnisses von Gesundheit, das die Lehre der vier Körpersäfte weiterentwickelte. Kein Mensch, so seine Kernthese, ist vollkommen gesund, sondern nur mehr oder weniger krank. Der Normalzustand ist also, dass wir immer auf unsere Gesundheit achten und uns um sie kümmern müssen. Es gilt, durch eine Harmonisierung der Körpersäfte im Sinne des Hippokrates einen möglichst guten gesundheitlichen Zustand zu erreichen – »einen Zustand, in dem wir weder Schmerzen leiden noch im Gebrauch der Lebenskräfte behindert sind«. Es geht also um nichts anderes als präventive Medizin. Der Arzt soll nicht erst dann kommen, wenn es zu spät ist, sondern eben dafür sorgen, dass er gar nicht kommen muss.
Und dann macht Galen von Pergamon den alles entscheidenden, alles verändernden Schritt: Er verknüpft in seiner Schrift »Die Kräfte der Nahrungsmittel« die Viersäftelehre des Hippokrates mit den Primärqualitäten des Alkmaion. Galen bildet aus diesen und den Körpersäften, den vier Elementen und den vier wichtigsten Organen Korrespondenzen: warm–feucht/Luft/Blut/Herz; warm–trocken/Feuer/gelbe Galle/Leber; kalt–trocken/Erde/schwarze Galle/Milz; kalt–feucht/Wasser/Schleim/Gehirn. Dadurch erkennt er, welche Krankheiten welche Ursachen haben. Und er kann sie entsprechend mit Gewürzen und Kräutern bekämpfen, denen er ihrerseits Qualitäten wie warm oder feucht zuordnet. Krankheiten mit kalten und feuchten Ursachen können also mit warmen und trockenen Mitteln geheilt werden. Bei Schnupfen zum Beispiel sammelt sich zu viel Schleim im Gehirn, was zu einer Dominanz von kalt–feucht führt. Abhilfe schaffen hier warme und trockene Würzmittel wie Fenchel, Salbei, Thymian, Sellerie und Wermut. Bei Verdauungsstörungen wird die Harmonie des Körpers durch zu viel Kälte im Magen aus dem Gleichgewicht gebracht, also muss man warmen Dill oder Liebstöckel nehmen. Stellenweise lesen sich Galens Anweisungen wie Koch- und nicht wie Arztrezepte: »Trockene« Speisen soll man mit Anis und Fenchel anreichern, damit sie harmonischer und bekömmlicher werden. Und zu Geflügel, Ziege und Ferkel empfiehlt er aus Gründen der medizinischen Prävention Pfeffer, Senf, Ölrauke und die Fischsauce Garum.
Unfassbar aufwendig sind seine Gewürzmischungen. Sie beweisen, dass den Griechen und Römern so gut wie alle zur damaligen Zeit bekannten Gewürze zur Verfügung standen. Galen empfiehlt zum Beispiel ein Gewürzsalz als appetitanregendes Verdauungsmittel – und behauptet ein wenig kühn, es erzeuge einen derart großen Hunger, dass man danach einen ganzen Ochsen verschlingen könne. Das Salz soll bei schlechter Verdauung wegen der Kälte des Unterleibs hilfreich sein und enthält einen ganzen Gewürzbasar: ein Pfund Pfeffer, drei Unzen Petersilie, drei Unzen Katzenminze, drei Unzen getrocknetes Flohkraut, drei Unzen Liebstöckel, eine Unze Baldrian, eine Unze Selleriefrüchte, zwei Unzen Bergkümmel, ein Pfund Salz und zwei Unzen geröstetes zerkleinertes Brot, alles fein zerstoßen und als Streugewürz zu verwenden.
Wissenschaftlich ist diese Salzmischung vollkommen plausibel. Allein die ätherischen Öle von Pfeffer, Petersilie, Minze, Liebstöckel, Baldrian, Selleriefrüchten und Bergkümmel sowie die scharf schmeckenden Säureamide des Pfeffers, die
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