Meine Reise in die Welt der Gewuerze
in Aspik zubereitete, bekam er Ärger wegen der irrwitzigen Kosten. Die Speise wurde dann als »Gericht für 1000 Dirham« berühmt. Legendär war auch die unglaubliche Badi'a, die Konkubine von Ibrahim bin al-Mahdi, weithin gerühmt als beste Köchin des Erdkreises, als blonde Schönheit und Königin der kalten Vorspeisen und Desserts. Selbst der Kalif konnte ihren Künsten nicht widerstehen und bat sie, für ihn Gerichte zuzubereiten. Bida zauberte kunstvolle Arrangements, richtete die Speisen wie blühende Gärten, geschmückte Schwerter oder Bräute vor der Hochzeit an und wurde als Dank vom Kalifen mit einer Kette für 1000 Dirham nebst einem persönlichen Lobgedicht beschenkt.
Prügelstrafe für schlechte Köche
Dass gutes Essen etwas vorbehaltlos Gutes ist, muss in der arabisch-islamischen Welt breitester Konsens gewesen sein. Kritische Stimmen, die das Prassen verdammten und zur Mäßigung aufriefen, gab es kaum. Einer der wenigen Nörgler war der Philosoph und Moralist Abd al-Quddus. Er lebe, so klagte er bitter, unter »wilden Tieren«, die sich für nichts anderes als ihren Gaumen und ihren Magen interessierten. »Wenn man über Fisch und Gemüse schreibt, sammelt man in ihren Augen große Verdienste. Legt man indes wahrhaft wissenschaftliche Dinge dar, finden sie das ermüdend und langweilig.« Genau dieser Meinung war auch der genusssüchtige Kalif al-Mahdi, der die moralischen Werke von Abd al-Quddus derart öde fand, dass er ihn kurzerhand hinrichten ließ. Am Hof der Kalifen war ebenjene Haltung kulinarische Staatsräson, die ein Gourmet namens Thawb Ibn Shama kurz und bündig formulierte: Er wolle lieber Hungers sterben, als mittelmäßige Speisen zu essen.
Die Liebe zum guten Essen war unermesslich in der islamischen Welt. Das hat sich nicht nur auf dem Teller, sondern – zu unserem Glück – ebenfalls in der Literatur niedergeschlagen. In den Erzählungen von »Tausendundeiner Nacht« wimmelt es von Episoden, die das Hohelied des guten Geschmacks anstimmen, doch nicht nur das. Hier kann man auch nachlesen, dass es für schlechte Köche kein Erbarmen gab. Der arme Hasan musste das in der »Geschichte Nuruddins und seines Sohnes und Schemsuddins und seiner Tochter« erleben. Er, der Koch, bereitet Granatäpfel zu, die ihm offensichtlich nicht so recht gelingen, wird deswegen von den Schergen des Sultans fürchterlich verprügelt, in eine Kiste gesperrt und soll sogar hingerichtet werden. Schon ist der Galgen errichtet, und Hasan fleht: »Doch sagt mir endlich, was ich dabei für ein Verbrechen begangen habe?« Endlich wird es ihm verraten: »Weil du so schlechte Granatäpfel gekocht und zu wenig Pfeffer dazu genommen hast.« Hasan ist fassungslos: »Wie? Weil an den Granatäpfeln zu wenig Pfeffer war, habt ihr meinen Laden verwüstet und mein Geschirr zerbrochen? O ihr Muselmänner, um ein bisschen Pfeffers willen habt ihr mich also gebunden und in diese Kiste gesperrt: darum habt ihr mich gefesselt und wollt mich nun hängen lassen? O ihr Muselmänner, und dies alles, weil die Granatäpfel nicht genug gepfeffert waren; verdient denn ein solches Vergehen eine so grausame Strafe?« Am Ende lässt man allerdings Gnade vor Recht walten – und den guten Koch Hasan am Leben.
Brot so dünn wie feinster Stoff
Die Philosophie der Kalifen-Küche war so modern, dass sie bis heute plausibel klingt: Nicht teure Zutaten und hochkomplexe Aromen waren – wie noch bei den Römern – das Wichtigste, sondern die sorgfältige Zubereitung und saubere Verarbeitung der Ingredienzen. Man bevorzugte das langsame, schonende Kochen und Schmoren in Tontöpfen und entwickelte raffinierte Techniken wie das Pochieren – das Garen im Wasserbad – oder das Dampfgaren. Und man experimentierte leidenschaftlich gern, zum Beispiel mit Brot, das man hauchdünn backen wollte. Nach vielen Versuchen gelang es, und so kam das berühmte Ruqaq zustande. Es soll so dünn gewesen sein, dass es die derben Beduinen bei ihren Besuchen in der Stadt für feinen Stoff hielten. Das Alpha und Omega der arabischen Kochkunst aber waren die Gewürze. In einem anonymen Kochbuch aus der Zeit der Almohaden, die im 12. und frühen 13. Jahrhundert Andalusien beherrschten, steht es klipp und klar: »Wisse, dass die Kenntnis der Gewürze die Grundlage aller Kochkunst ist, der Fels, auf dem alles errichtet wird, weil die Gewürze das haben, was den Speisen am besten bekommt.«
Die beliebteste Gewürzmischung Arabiens war die Kombination aus Pfeffer,
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