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Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Titel: Meine Reise in die Welt der Gewuerze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfons Schuhbeck
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Kreuzkümmel und Koriander, der man von Andalusien bis zum Zweistromland überall begegnete. Auch der sprichwörtliche Sesam und das Ingwergewächs Galgant zählten zu den Standardgewürzen. So begehrt wie schon in der Antike war der Safran, denn er war nicht nur gut für den Gaumen, sondern genauso fürs Gemüt – wie es jenes persische Sprichwort besagt, das Safrantee fürs Fröhlichsein empfiehlt. Das Auge der Araber aß selbstverständlich immer mit, deswegen gehörte eine raffinierte Präsentation für jeden Koch zum Pflichtprogramm. Die Teller wurden mit Thymian, Estragon, Basilikum, Minze, Weinraute und Lauch verziert. Am wichtigsten aber waren Petersilie und Koriander als Dekoration. Und Desserts verschönerte man am liebsten mit gefärbtem Zucker und Konfetti aus kolorierten Nüssen. So wurde jedes Gericht zur essbaren Arabeske, während man im Europa dieser Zeit seinen Brei mit der Schöpfkelle in den Napf warf.

    Ein Kochbuch für Herrscher und Würdenträger
    Die beiden berühmtesten Kochbücher des arabischen Mittelalters haben kurioserweise denselben Namen: »Kitab al-Tabikh«, das »Buch der Gerichte«. Das erste wird im 10. Jahrhundert von Ibn Sayyar al-Warraq geschrieben und nennt sich im Untertitel selbstbewusst »Ein Kochbuch für Könige, Kalifen, Herrscher und Würdenträger«. Es enthält eine lange Liste von Würzmitteln, die für jeden guten Koch unverzichtbar sind, und führt dabei beinahe jedes Gewürz auf, das damals bekannt war. Selbst Zutaten zum Färben von Speisen wie Lapislazuli, ein blau glänzendes Mineralgemisch, oder Indigo werden genannt. Das Buch berücksichtigt in seinen Rezepten auch die Viersäftelehre des Hippokrates und des Galen von Pergamon. »Ich habe die Schriften der alten Philosophen und Ärzte gelesen«, bekennt der Autor nicht ohne Stolz. Er beschreibt in eigenen Kapiteln ausführlich die Wirkung der einzelnen Gerichte und Gewürze auf den Körper, gibt Tipps für die richtige Verdauung und sogar die angemessene Körperertüchtigung vor dem Essen. Das »Buch der Gerichte« ist also gleichermaßen ein Koch- und Gesundheitswerk im Geiste des antiken Medizinverständnisses, nach dem sich der Mensch ganz leicht gesund essen kann, wenn er ein paar simple Grundregeln beachtet. Auch Mohammed al-Khatib al-Bagdadi, der Verfasser des zweiten »Kitab al-Tabikh«, ist von diesem Gedanken beseelt. Er gibt im 12. Jahrhundert seinen Lesern eine Einführung in die heilsamen Freuden guter Ernährung. 164 Gerichte enthält sein berühmtes Werk, die vor Gewürzen nur so strotzen. Ein Fleischeintopf wird mit Koriander, Zimt und Safran gewürzt, mit Weinessig gesäuert, mit Dattelsaft und Honig gesüßt, mit Feigen, Mandeln und Rosinen dekoriert und vor dem Servieren mit Rosenwasser beträufelt. Die Kebabs kochen in einer Brühe, die mit Pfeffer, Mastix – dem Harz des Pistazienbaums –, Zimt, Ingwer, Karotten und Zwiebeln gewürzt ist. Und verschiedene Fische werden mit Walnüssen, Knoblauch, Sumach – den gemahlenen Früchten des Färberbaums –, Thymian, Koriander, Zimt, Kreuzkümmel und Mastix gefüllt, mit einer Paste aus Sesamöl, Safran und Rosenwasser bestrichen und im Lehmofen am Spieß gegart.
    Das Morgenland ist weder fremd noch fern
    So kunstvoll und elaboriert wie im Mittelalter kocht man heute in den arabischen Ländern nicht mehr. Es ist erstaunlich, dass sich die kulinarische Kultur des Islam nach einer ersten Blüte unter den Kalifen nicht weiterentwickelte, sondern in einem vergleichsweise kleinen Kanon aus Küchenklassikern erstarrte. Allerdings werden in den Küchen Arabiens bis heute nahezu alle Gewürze von damals verwendet, von Pfeffer, Kardamom und Koriander über Dill, Fenchel, Safran und Kreuzkümmel bis zu Anis, Zimt, Gewürznelken und Muskatnuss. Zum Aromatisieren nimmt man wie seit jeher Rosenwasser, wilde Minze oder Orangenblüten, und völlig verschwunden ist nur ein einziges Würzmittel des Mittelalters: Murri, die fermentierte Fischsauce, die dem römischen Garum und dem griechischen Garos entspricht. Die Anekdoten von kochverrückten Kalifen mögen wie Geschichten aus »Tausendundeiner Nacht« klingen, aus einem exotischen Morgenland, das uns unendlich fremd und fern ist. Das ist es aber nicht. Diese Welt ist mitten in uns. Denn der arabische Einfluss auf die abendländische Kulinarik – und nicht nur auf sie – kann gar nicht überschätzt werden. Die Schlüsselrolle spielte dabei die arabische Eroberung der Iberischen Halbinsel vom Jahr 711. Sie

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