Meine Reise in die Welt der Gewuerze
Benehmen«.
Der Christenkaiser lässt arabisch kochen
Der orientalische Stil revolutionierte das höfische Leben in Europa. Sofas, Teppiche und Baldachine wurden populär, in rauen Mengen importierte man morgenländische Luxusgüter wie Seide, Damast, Taft und Samt. Und die Küche der islamischen Welt mit ihrem ungeheuren Raffinement und ihren vielen Gewürzen wurde zur wichtigsten Inspirationsquelle für das Abendland. Mit gutem Beispiel voran ging der Stauferkaiser Friedrich II. (1212 –1250), der in seinen Residenzen in Sizilien und Apulien ungeniert nach orientalischem Vorbild kochen ließ – in der Küche gibt es keine Ketzerei.
Die kulinarische Kultur des europäischen Mittelalters war erstaunlich homogen, ähnlich wie die Architektur, in der erst die Romanik und später die Gotik das ästhetische Maß aller Dinge waren. Viele Gerichte würden uns heute allerdings eher an Arabien oder Indien erinnern als an italienische oder deutsche Küche. »Daz buoch von guoter spîse«, das um 1350 in Würzburg verfasst wurde, geht – wie die meisten anderen Kochbücher auch – derart großzügig mit Safran, Petersilie, Veilchen, Kubebenpfeffer und Zimt um, dass wir heute wahrscheinlich die Nase rümpfen und uns ein bisschen mehr Zurückhaltung erbitten würden. Ein Prinzip lag dabei allen Rezepten zugrunde: Es wurde stark, oft auch exzessiv, aber selten scharf gewürzt.
Zimt ist der Duft der Jungfrau Maria
Pfeffer blieb, wie schon in der Antike, das Lieblingsgewürz der Europäer. Eine spektakuläre Renaissance dank des Kontakts mit der arabischen Welt erlebte hingegen der Safran. Die Küche Spaniens färbte er gelb, und diese Farbe hat sie bis heute beibehalten. In der Medizin galt er als eine Art Universalheilmittel. Man kannte die luststeigernde Wirkung der Krokusfäden und den Trick, vor Trinkgelagen Safran zu nehmen, um einen Kater zu vermeiden.
Eine Trennlinie zwischen der kulinarischen, medizinischen und mythologischen Bedeutung von Gewürzen und Kräutern kann man im Mittelalter unmöglich ziehen. Alles floss ineinander, Aroma und Aberglaube, Heilwirkung und Hexerei. So verfeinerte Salbei nicht nur Gerichte, sondern sollte auch ewiges Leben verleihen, weil Maria das Jesuskind auf der Flucht vor Herodes unter Salbeiblättern versteckte. Der süße Duft des Zimts wiederum wurde mit Tugendhaftigkeit und der Jungfrau Maria selbst assoziiert.
Kümmel »stärckt das blöde Hirn«
Magische Kräfte wurden seit jeher dem Knoblauch zugeschrieben: Er half gegen Gespenster und Vampire, und angeblich wuchs dem Satan, als er noch im Paradies wohnen durfte, Knoblauch aus dem linken Fuß und eine Zwiebel aus dem rechten – bei seiner Vertreibung musste er dann beides zurücklassen. Eine ganz besondere Wirkung wird den Zehen bis heute in vielen Kulturen nachgesagt. In Spanien zum Beispiel stecken sich Toreros immer Knoblauchzehen in ihr Gewand, um den Stier in seiner Angriffslust zu besänftigen. Und ajo, spanisch für Knoblauch, ist nach allgemeiner Überzeugung das erste Wort, das jedes spanische Baby sagt.
Als Wunderpflanze galt der Kümmel, das Leib- und Magengewürz des einfachen Volks. Er half nicht nur bei Blähungen und anderen Magenleiden, sondern vertrieb ebenso zuverlässig böse Geister. Eine Redewendung aus Thüringen legte den grimmigen, hexengleichen »Holzweibern« diesen Spruch in den Mund: »Kümmelbrot, unser Tod.« In Sachsen stellte man Kindern, die angeblich von Dämonen besessen waren, einen Topf mit gekochten Kümmelkörnern unters Bett. Und im »Neuw Kreuterbuch« des rheinländischen Botanikers und Mediziners Tabernaemontanus heißt es: »Es ist der Mattkümmel in allen Nationen Europae, sonderlich aber in unserm Teutschland mehr gebräuchlicher, ja fast auch nützlicher in seiner Acht, als einige Specerey oder Gewürtz, so man aus Arabien oder Indien zu uns bringt.« Kein Wunder, denn Kümmel »benimmt den Schwindel und stärckt das blöde Hirn und macht es wiederum gesund«.
Lüsterne Jungfrauen im Liebstöckelbad
Kaum weniger vielseitig waren die Eigenschaften, die man der Petersilie zuschrieb. In der Küche war sie genauso beliebt wie in der Apotheke, die Blätter fanden ebenso Verwendung wie die Wurzeln. Meist wurde die Petersilie wegen ihrer Sanftheit und Milde mit salzigen Gerichten kombiniert. In der Medizin schätzte man sie als probates Mittel gegen Blähungen und für die Regulierung der Monatsblutung. In extrem hoher Dosierung soll sie sogar Aborte bewirkt haben. Auch auf
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