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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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ganz hin und weg.
    Auch die Polyakows waren mit dem Verlauf des Besuchs mehr als zufrieden. Wiederholt versicherten sie mir auf der Rückfahrt, wie liebenswert meine Eltern seien und dass ich stolz und dankbar sein könne, aus so einem Hause zu stammen.
    »Familie, Paula, Familie!«, rief Artjom pathetisch. »Das ist das Einzige, was wichtig ist auf dieser Welt.«
    Das sah ich anders. Da ich die allgemeine Euphorie jedoch nicht dämpfen wollte, enthielt ich mich jedweden Kommentars.
    Ein wenig ließ ich mich auch von dem »We are family«-Gefühl anstecken. Sah uns alle an lauschigen Sommerabenden trinkend und lachend auf der Terrasse meiner Eltern sitzen oder in frostigen Winternächten zu Rostislavs Akkordeonklängen sinnierend ins Kaminfeuer starren.
    Darya würde wieder Cello spielen, mein bildungsbürgerlicher Vater dazu wohlwollend im Takt nicken, den Cognacschwenker in der Hand. Mutter und Rostislav im intensiven, leisen Gespräch vertieft, die Köpfe über Bildbände italienischer Meister gebeugt. Artjom, in Vaters Ohrensessel sitzend und in ein Buch versunken. Und wo blieb ich in diesem Bild? Nun ja, ich könnte die Getränke servieren.
    Als Mutter abends erneut anrief, war ich in einer gelösten Stimmung.
    »Was war das für ein schöner Nachmittag«, sagte sie. »Ich habe mich lange nicht mehr so gut unterhalten.«
    »Ach, Mama, das freut mich sehr«, antwortete ich und meinte es ehrlich. Dann hakte ich nach. »Und Papa? Hat er sich auch so gut amüsiert?«
    »Na ja, du kennst doch deinen Vater. Wenn der nichts zu meckern hat, ist er nicht zufrieden.«
    Das klang nach offener Rebellion im Hause Matthes. Mutter seufzte. »Ach, Kind, der ändert sich nicht mehr. Den müssen wir so nehmen, wie er ist.«
    »Und, Mama, wie findest du Artjom?«, fragte ich unvorsichtigerweise weiter.
    »Sehr sympathisch, Paula, sehr sympathisch. Und groß ist er! Was macht er gleich noch mal beruflich?«
    »Er ist Event-Manager.«
    »Aha. Manager! Na, das ist doch was Anständiges.« Mutter schien erleichtert. »Wirklich, Paula, ich bin ganz erleichtert. Was für nette Menschen! Und sie sind so gar nicht … so gar nicht … jüdisch.«
    »So? Wie sind Juden denn?«
    »Ach, Kind, was weiß ich. Anders eben.«
    Jetzt seufzte ich. Auch Mutter musste man so nehmen, wie sie war.
     
    Nachdem sich die Familien nun kennengelernt hatten, nahmen die Hochzeitsvorbereitungen unausweichlich ihren Lauf. Darya schleppte Berge von Katalogen mit scheußlichster Brautmode an. Schnell war klar: Ihre und meine Vorstellungen darüber, was ich am Tag der Tage tragen sollte, waren grundsätzlich grundverschieden.
    Meine zukünftige Schwiegermutter sah mich in alptraumhaften Wolken aus Tüll und Taft, wahlweise in Jungfräulichweiß, Schreiendpink oder Quietschmint, immer aufwendig mit Strass, Perlen und Pailletten bestickt, mit meterlangen, sich bauschenden Schleppen und Schleiern, die nur notdürftig kaschierten, dass das jeweils dazugehörige Kleid knapp unter dem Po endete.
    »Darya«, sagte ich, »wir heiraten nicht in der Kirche, nur standesamtlich. Ich brauche keinen Schleier.«
    Bei diesem Einwand rollte sie jedes Mal mit den Augen und schlug den nächsten Katalog auf.
    Im Internet fand ich ein Etuikleid in einem leicht glänzenden Dunkelgrau. Festlich, aber nicht zu aufgerüscht. Genau mein Stil. Ich zeigte Darya das Bild. Sie lachte ihr kehliges Lachen und schüttelte den Kopf.
    »Du Heirat. Nix tot.«
    Gut, das Dunkelgrau war wirklich sehr dunkel.
    »Vielleicht in einer anderen Farbe?«, fragte ich.
    Sie schimpfte und verschwand türenknallend, nur um kurz darauf mit neuen Prospekten zurückzukehren. Ich beschloss, die Kleiderfrage zu vertagen.
    Artjom war mir bei den Auseinandersetzungen mit seiner Mutter keine große Hilfe.
    »Da halte ich mich raus«, sagte er, »das ist wirklich reine Frauensache.«
    »Das ist keine Frauensache. Das ist meine Sache. Kannst du deiner Mutter bitte erklären, dass ich mir mein Hochzeitskleid allein aussuche?«
    »Frauensache!«, beschied er stur und verschwand mit Mischa zu einer »geschäftlichen Besprechung«.
    Was mich viel mehr umtrieb als die Wahl des passenden Outfits, war die rein organisatorische Seite des Events. Mit gnadenloser Gründlichkeit schrieb ich seitenweise Listen und hielt sie Artjom unter die Nase.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Das sind alles Punkte, die wir klären müssen.«
    »Jetzt?«
    »Na ja, irgendwann sollten wir damit anfangen, sonst wird das nichts mit unserer

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