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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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sie schnippisch und ließ ihn stehen. »Komm, Kind, wir machen es uns gemütlich.«
    Es wurde tatsächlich ein schöner Abend. Vater zog sich schmollend in sein Arbeitszimmer zurück, Mutter und ich versanken in alten Fotoalben. »Guck mal, du warst so ein süßes Baby!«
    Natürlich schauten wir uns auch ihre Hochzeitsbilder an – Mutter ganz in Weiß, schüchtern unter ihrem Schleier hervorlugend, Vater im strengen schwarzen Cut, etwas ungläubig blickend.
    »Sag mal«, fragte ich, »warst du eigentlich sehr in Papa verliebt?«
    »Und wie! Dein Vater war aber auch ein schmucker Kerl, so groß und schlank. Und charmant war er, er hat mich mit Komplimenten überschüttet. Er wusste genau, was er wollte, nämlich mich!« In Mutters Stimme schwang Stolz mit.
    »Na ja«, wandte ich vorsichtig ein, »du warst eine gute Partie.«
    Mutter stammte aus einer alteingesessenen Hamburger Kaufmannsfamilie. Vater dagegen kam aus bescheidenen Verhältnissen, Großvater war im Krieg gefallen, und Großmutter verdingte sich als Schneiderin, um sich und ihren Sohn durchzubringen. Sein Jurastudium in Trier hatte sie sich vom Munde abgespart.
    Als Mutter ihn kennenlernte, war er ein aufstrebender Referendar bei Gericht, entschlossen, es in die besseren Kreise zu schaffen. Mutters nicht unerhebliche Mitgift erleichterte diesen Aufstieg deutlich.
    »Glaub mir, Paula, dein Vater hat mich nicht nur wegen des Geldes geheiratet. Er war damals ganz verrückt nach mir.« Ich erinnerte mich an die alten Geschichten, als Vater, noch in der Phase des Werbens und Balzens, nächtens das Verdeck von Mutters froschgrüner Isetta unsachgemäß öffnete, um im Innenraum Hunderte von Blumen zu versenken. Und dass er einmal eine kleine Zigeuner-Kapelle engagiert hatte, die unter Mutters Mädchenzimmer aufspielte, so lange, bis jemand die Polizei rief.
    Eine Weile schwiegen wir, jede ihren Gedanken nachhängend. »Paula«, sagte sie schließlich, »du gehörst ins Bett. Morgen ist dein großer Tag. Und der wird anstrengend.«
     
    Ich erwachte vom Geräusch des prasselnden Regens auf dem Fenster. Das klart bestimmt noch auf. Kann ja nicht den ganzen Tag schütten, dachte ich.
    Es konnte. Es konnte sogar hageln und gewittern. Doch vorerst machte mir das Wetter überhaupt nichts aus. Ich merkte, wie die Aufregung sich langsam in mir ausbreitete, meine Haut zu kribbeln begann und mein Herzschlag sich beschleunigte. Am Ende dieses Tages würde ich eine verheiratete Frau sein. Endlich unter der Haube, um es mit den Worten meiner Mutter zu sagen.
    Im Laufe des Vormittags fiel Darya in das Haus meiner Eltern ein. Schon zu diesem Zeitpunkt war sie aufgelöst, lachte und weinte gleichzeitig und riss uns alle an ihre mütterliche Brust. Dann zerrte sie eine junge Frau herein, die mit einem Rollköfferchen bescheiden vor der Tür gewartet hatte, und erklärte mit großartiger Geste: »Visagist!«
    »Was für eine nette Idee! Paula hat es ja nicht so mit Make-up, schön, dass ihr heute jemand dabei hilft«, freute sich Mutter.
    Darya nickte eifrig und scheuchte mich und ihren Anhang die Treppe hinauf, dann rauschte sie vom Hof.
    »Kaine Zait, kaine Zait. Tschüssi.«
    Die Aussicht, dass mir gleich ein wildfremder Mensch im Gesicht herumfummeln würde, löste bei mir Beklemmungen aus. Gottergeben ließ ich die Prozedur über mich ergehen und zählte dabei die Kacheln an der Badezimmerwand.
    Die Fachfrau gab derweil alles: Sie tuschte, sie puderte, sie schmierte, sie fluchte. Dann endlich war sie zufrieden und zog mich vor den Spiegel. Das Ergebnis war erschütternd. Lider in Grün und Lila, knallrote Apfelbäckchen, konkurrierend mit grellpinken Lippen.
    »Oh«, sagte ich, »das ist wirklich außergewöhnlich.«
    Ich bedankte mich überschwenglich und komplimentierte Daryas Gehilfin aus dem Haus. Auf der Treppe begegnete uns Vater. »Oh«, sagte er, »ein Clown.«
    Ich ging zurück ins Bad und wusch mir das Gesicht. Es gelang mir nicht wirklich, die wasser- und seifenresistente Wimperntusche vollständig zu entfernen, sie blieb als dunkler Schatten unter meinen Augen hängen. Ich griff nun selbst in die Schminkschatulle und zauberte ein für meine Verhältnisse ansehnliches Make-up, nicht zu viel und nicht zu wenig, wie ich fand. Meine Haare steckte ich hoch, das hatte ich tagelang heimlich vorm Spiegel geübt.
    Ein Blick auf die Uhr – es war Mittag – bestätigte mir, dass noch ausreichend Zeit zum Ankleiden war. Gegen vierzehn Uhr sollte ein mir unbekanntes

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