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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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hatte.
    »Wenn du noch mal einen Blick draufwerfen könntest. Nicht dass ich jemanden vergessen habe.«
    »Nur noch so wenige? Weiß Mam davon?«
    »Natürlich, das habe ich alles mit ihr abgesprochen.« Innerlich klopfte ich mir selbst für mein geschicktes Vorgehen auf die Schulter. »Und außerdem sollst du doch sagen, ob jemand fehlt.«
    Artjom überflog die Zettel, kritzelte drei Namen dazu und seufzte schwer.
    »Deduschka wird es wohl nicht schaffen …«
    »Wer?«
    »Deduschka, mein Großvater. Er will unbedingt kommen, aber er hat das Visum zu spät beantragt. Das klappt nie und nimmer.«
    »Ach, das ist schade. Deinen Opa würde ich gern kennenlernen.«
    »Keine Sorge, das wirst du. Aber wahrscheinlich erst nach dem Fest. Hättest du eigentlich etwas dagegen, wenn er während seines Besuchs bei uns wohnt? Bei meinen Eltern ist es doch etwas eng und auf der Datscha im Winter zu kalt.«
    »Natürlich kann er zu uns, solange er zu Besuch ist«, sagte ich mit blauäugiger Großzügigkeit und hatte das gute Gefühl, dass endlich alles auf dem richtigen Weg war.
    Meiner Mutter erklärte ich, dass sie sich bezüglich ihrer Wünsche und Fragen zum Fest bitte an Darya, die Cheforganisatorin, wenden möge. Sollten die beiden doch zusehen, wie sie miteinander klarkamen – sprachlich und menschlich.
    Daryas Brautmodenkataloge entsorgte ich unauffällig mit dem Altpapier und überredete Lena, mit mir auf Shopping-Tour zu gehen. Stundenlang schleifte sie mich durch Boutiquen mit sündhaft teurer und nach meinem Geschmack etwas zu auffälliger Mode.
    Sie zerrte unzählige Kleider von den Stangen und hielt sie mir unter die Nase, die ich jedes Mal rümpfte. Ihr Missmut wuchs, das konnte ich deutlich an der immer tiefer werdenden Falte zwischen ihren Augenbrauen erkennen. Dann platzte ihr der Kragen.
    »Verdammt, Paula, wir suchen hier was für deine Hochzeit. Da willst du doch gut aussehen, atemberaubend, sexy.«
    »Jaha, schon. Aber meinst du nicht, dass etwas weniger mehr ist?«
    »Lass mich raten, was du damit meinst: grau, hochgeschlossen, knöchellang?«
    »Also knöchellang muss es nicht gerade sein, aber …«
    »Paula!« Lena stampfte mit dem Fuß auf. »Du bist eine attraktive Frau und machst so wenig aus dir. Schau dich doch mal an. Du läufst immer rum wie … wie …«
    Ich guckte in den Ankleidespiegel. Die Haare zum zweckmäßigen Zopf gebunden. Kaum Make-up. Dunkelblauer Hosenanzug, weiße Bluse, flache Schuhe. Nicht gerade der letzte Schrei, dafür praktisch.
    Lena dagegen sah wie immer umwerfend aus und trug etwas sehr Enges, Kurzes von einem sehr teuren Label. Dazu die obligatorischen High Heels. Ihre dunklen langen Haare glänzten im Licht des Ladens, als hätte sie sie drei Stunden durch ein Glätteisen gezogen. Selbstredend war sie perfekt geschminkt. Nun ja, neben ihr wirkte ich tatsächlich ein wenig farblos.
    »Okay.« Ich kapitulierte. »Dann gib den Fummel mal her. Anprobieren schadet ja nicht.«
    Ich zwängte mich in mindestens dreißig weitere Fummel, bis Lena mit einem spitzen Schrei ein knallrotes Teil vom Bügel riss. »Das ist es, Paula, das ist es!«
    Mittlerweile nahezu willenlos taumelte ich in die Umkleidekabine und streifte das Kleid über. Es saß wie angegossen. Von vorn wirkte es fast ein bisschen streng, reichte hoch bis zum Hals, dafür hatte es ein Rückendekolleté, das erst kurz vor der Poritze endete. Es war schmal geschnitten, ohne störende Applikationen und bodenlang. Klassisch, aber trotzdem verrucht. Sexy, aber angezogen. Und die Farbe war der Hammer.
    Lena war mehr als zufrieden. Nachdem ich mich ausgiebig vor ihr gedreht und gewendet hatte, nickte sie dem Verkäufer kurz zu: »Nehmen wir. Packen Sie außerdem bitte das kleine Schwarze, das Silberne mit den Pailletten und das Türkisfarbene dazu.« Und zu mir gewandt: »Du gehst ja schließlich öfter mit Artjom aus. So, und jetzt brauchen wir nur noch drei, vier Paar Schuhe.«
    Verarmt, aber glücklich stolperte ich abends mit meinen exklusiven Tragetaschen nach Hause, wedelte den neugierigen Artjom aus dem Schlafzimmer und versteckte mein Hab und Gut.
    Ich ließ mich aufs Sofa fallen, kuschelte mich an ihn und raunte bedeutungsschwanger:
    »Ich sage nur so viel: Du solltest kein Pink und kein Lila tragen. Sonst passen wir farblich nicht zusammen …«
    Artjom kicherte. »Kein Pink? Ach, wie schade!«
     
    Ich hatte ein Kleid. Die Einladungen waren verschickt. Darya war im Vorbereitungswahn und ruhiggestellt. Meine

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