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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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uns, da ihnen keiner gesagt hatte, wohin die wilde Fahrt ging. Meiner Meinung nach verpassten sie nichts.
    Am Fischmarkt rannten alle im strömenden Regen zur Kai-Mauer, an der ein U-Boot vertäut lag. Ein russisches U-Boot, genau genommen ein original U- 434 , gebaut 1976 und von den Sowjets während des Kalten Krieges zu Spionagezwecken eingesetzt. Jetzt diente es als Museumsschiff und konnte besichtigt werden. Die perfekte Kulisse für ein Hochzeitsfoto.
    Der Wind pfiff und zerrte an den Festtagsgarderoben, als wir das Boot enterten. Es begann zu hageln, und es donnerte direkt über uns. Während ich auf dem glitschigen Deck herumeierte, merkte ich, wie meine Füße in den ungewohnten Schuhen erste Blasen bildeten.
    »Artjom«, schrie ich, bemüht, das Unwetter zu übertönen, »können wir das hier ein wenig abkürzen?«
    »Was hast du gesagt?«
    »Schneller machen!«
    »Was?«
    »Egal, vergiss es.«
    Der Stoff meines roten Wunders zeigte erste Ermüdungserscheinungen. Meine verträumte Hochsteckfrisur hatte sich in null Komma nix aufgelöst. Die anderen sahen nicht viel besser aus. In Windeseile wurden Fotos gemacht. Das schönste ließ Artjom später rahmen und hängte es in unseren Flur: ein stolzer Russe auf einem U-Boot, der kühn Wind und Wetter trotzt. Neben ihm ein nasses Etwas, umhüllt von einem feuchten Lappen und mit Haaren wie ein Wischmopp.
     
    Der Großteil der Gäste erreichte das Restaurant durchnässt und frierend. Nur einige wenige hatten das Schauspiel aus dem Schutz des Reisebusses heraus betrachtet. Die Frauen stürmten geschlossen den Waschraum, um Kleidung, Frisuren und Make-up zu richten. Eine beflissene Kellnerin reichte Handtücher und servierte vor den Toiletten heißen Tee und Wodka. Die Laune stieg.
    Nachdem ich einigermaßen wiederhergestellt war, begutachtete ich die Räumlichkeiten. Im Restaurant waren an den Seiten und auf einer kleinen Empore lange Tafeln aufgebaut, die sich unter den Speisen bogen. In der Mitte befand sich eine freie Fläche, über der eine Discokugel glitzerte, an einer Wand hing ein riesiger Flatscreen, auf dem ein heimeliges Feuer flackerte. Auf dem Weg zu den Toiletten gab es noch ein Séparée, von außen gestaltet wie ein Holzhäuschen, in dem Tee, Kaffee, Likör und Zigaretten konsumiert werden konnten.
    In puncto Dekoration hatte Darya alles gegeben. Innerlich wappnete ich mich gegen Pink oder Mint als vorherrschende Farben. Meine Schwiegermutter hatte sich für Schwarz und Lila entschieden. Seidig-violette Hussen zierten die Stühle, schwarze Tischläufer waren mit lila Glasherzen bestreut. Sogar die Blumenbouquets waren in dieser Farbkombination gehalten.
    Wo bekommt man bloß schwarze Blumen her?, fragte ich mich. Alles in allem aber war das Ambiente gelungen, ein wenig dunkel vielleicht, was der Veranstaltung einen morbiden Charme verlieh.
    »Wie auf einer Trauerfeier«, unkte Vater, »passt ja.«
    Liebevoll von Hand beschriftete Tischkärtchen standen auf den Tellern. Sie waren auf Kyrillisch, die Deutschen irrten umher, die Russen waren behilflich und lasen vor, es wurden erste, unfreiwillige Kontakte geschlossen.
    Auch bei der Plazierung hatte sich Darya Gedanken gemacht und alle Anwesenden bunt durcheinandergemischt, um Cliquenbildung vorzubeugen. So fand sich Tante Irmi zwischen zwei hünenhaften Kasachen wieder, beide des Deutschen kaum mächtig und rührend um ihr Wohlergehen besorgt. Angsterstarrt aß sie artig alles auf, was die beiden ihr abwechselnd auf den Teller luden.
    Heike wurde von ihrem Schweinehändler getrennt und saß mit den Kindern bei Anastassia und Julia, was sie sehr begrüßte. Von Zeit zu Zeit warf sie etwas bange Blicke zu ihrem Mann, den Darya treffsicher neben Nikolai postiert hatte.
    Elisabeth hatte ihr Schildchen heimlich getauscht, so dass sie neben Lena sitzen konnte. Bernhard landete weit abgeschlagen am hinteren Ende und lauschte gebannt Frau Petrowas Ausführungen über Hühnerzucht.
    Brautpaar nebst Eltern und Schwiegereltern thronten an der Stirnseite und hatten einen perfekten Blick auf die illustre Tafelrunde.
    Ein kleiner dicker Mann in einem gelben Anzug hüpfte unablässig um die Tische herum. In gewisser Weise erinnerte er an einen übergewichtigen Kanarienvogel.
    »Wer ist das?«, fragte ich Artjom.
    »Unser Tamada.«
    »Onkel oder Cousin?«, riet ich.
    »Nein, Tamada. So eine Art Moderator, der durch die Feier führt und dafür sorgt, dass sich alle amüsieren.«
    »Toll, was es bei euch alles

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