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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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mussten also von einem Überfall ausgehen. Das war reine Notwehr.«
    »Notwehr, dass ich nicht lache.«
    »Für die Sachbeschädigung sind Ihre Beamten übrigens genauso verantwortlich. Und selbstverständlich liegt kein Vergehen nach Paragraph 284 oder 285 vor. Das war ein harmloses Treffen unter Freunden.«
    »Harmlos! Das erzählen Sie mal dem Richter.«
    »Da beweisen Sie meinem Mann erst mal das Gegenteil.«
    »Ihr Mann? Das wird ja immer besser. Ich freue mich schon drauf, die feine Familie vor Gericht persönlich kennenzulernen.«
    Nicht gut, dachte ich, gar nicht gut. Erst recht nicht für meinen ohnehin lädierten Ruf. Ein weiteres Problem war, dass ich mich im Strafrecht nicht sonderlich auskannte. Meine Fachgebiete waren das Verkehrsrecht, das Miet- und Wohnungsrecht. Dem Hannoveraner Biest musste ein knallharter Profi die Stirn bieten. Immerhin ging es um meinen Gatten.
    Angestrengt überlegte ich, welchen guten Strafrechtler ich um Unterstützung bitten könnte. Elisabeth war auf teure Scheidungen spezialisiert. Heike hatte nie ernsthaft als Anwältin praktiziert. Mir fiel nur einer ein.
     
    »Hallo, Bernhard, ich bin’s, Paula.«
    »Paula, was kann ich gegen dich tun?«
    »Ich wollt mich nur mal melden. Ach ja, und mich ganz, ganz herzlich für das Geschenk zu unserer Hochzeit bedanken, persönlich.«
    »Ich hab euch nichts geschenkt. Was willst du?«
    Es blieb mir nichts anderes übrig, ich musste den direkten Weg wählen. Ich schilderte Bernhard den Sachverhalt und sah im Geiste, wie sich schmierige Genugtuung auf seinem Gesicht ausbreitete.
    »Tja, da hat dein sauberer Ehemann wohl ein Problem. Aber was hab ich damit zu tun?«
    »Ich möchte, dass du sein Mandat übernimmst.«
    »Ich? Ach, dafür bin ich dann also wieder gut genug! Erst verlässt du mich, dann heiratest du einen kriminellen Ausländer, und wenn’s schiefgeht, muss ich herhalten.«
    »Erstens hast du mich betrogen, zweitens ist Artjom nicht kriminell, drittens geht mit meiner Ehe überhaupt nichts schief. Und viertens finde ich, dass du mir noch etwas schuldest.«
    »So? Wofür denn?«
    »Wie gesagt – du hast mich betrogen, nicht umgekehrt.«
    Bernhard schwieg. Er schwieg lange. Dann sagte er: »Ich überleg’s mir. Besorg schon mal die Akten.«
    Artjom war nicht unzufrieden, dass nicht ich, sondern mein Ex ihn vertreten sollte. Wahrscheinlich gab es in diesem Fall einige Details, die ich noch nicht kannte. Ich fragte mich sowieso, welche Events mein Mann ansonsten so managte. Einem aufklärenden Gespräch wich er geschickt aus.
    »Ich weiß gar nicht, was du willst, Paula. Ich bin ein durch und durch seriöser Geschäftsmann.«
    »Seriös, dass ich nicht lache!«
    »Mindestens ebenso seriös wie die Frau Advokat …«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Glaubst du etwa, ich wüsste nichts von deiner Geldschublade in der Kanzlei?«
    Touché.
    »Komm her, mein Schatz«, er nahm mich in den Arm, »manchmal macht es einem das Leben aber auch verdammt schwer, seriös zu sein.« Wir seufzten beide.
     
    Das Telefon holte mich nachts wieder aus dem Schlaf. Das schien zur Gewohnheit zu werden. Diesmal war es meine Schwiegermutter. Und sie war aufgeregt. Ich weckte Artjom. Der weckte – nach einem kurzen Palaver mit Darya – Alexej.
    »Paula, wir müssen los.«
    »Was? Wohin denn?«
    »Dein Vater braucht Hilfe.«
    »Ist ihm was passiert?«
    »Nein, aber seine Hündin hat Probleme beim Werfen.«
    »Und warum rufen wir keinen Tierarzt?«
    »Wir brauchen keinen Arzt. Wir haben Deduschka.«
    Alexej schnappte sich einen seiner Koffer und los ging’s. Ich war zu müde, um viel zu denken. Trotzdem kam es mir seltsam vor, dass Darya anrief, wenn Vater Unterstützung brauchte.
    Das Matthessche Anwesen war hell erleuchtet, die Haustür nur angelehnt. Im Souterrain fanden wir den Rest der Sippe. Eika lag hechelnd in einer Blutlache auf dem Boden. Darya streichelte ihren Kopf, Vater stand kreidebleich daneben. In einer Ecke fächelte Rostislav Mutter Luft zu, sie konnte kein Blut sehen, in einer anderen kauerten Wassja, Sputnik, Caruso und Rasputin und beobachteten ernst das Geschehen.
    Mit einem Schritt war Alexej bei der Hündin und gab beruhigend brummende Laute von sich. Vater machte ein Gesicht, als würde er dem Leibhaftigen begegnen. Bis dato hatte er sich der Familienzusammenführung verweigert und traf nun das erste Mal auf den Besuch aus dem Osten.
    Routiniert untersuchte Alexej die leidende Kreatur, öffnete seinen Koffer, zog eine

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