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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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Streifenwagen vorbeizuschicken, sondern, wenn möglich, Beamte in Zivil.
    Durch eine Verkettung von nicht mehr aufklärbaren Missverständnissen und falsch verstandenen Zuständigkeiten seien Kollegen vom Drogendezernat verständigt worden, die seit mehreren Tagen, nur einen Kilometer Luftlinie vom Luisenhof entfernt, einen mutmaßlichen türkischen Drogenring observierten. Ein Teil dieses Teams, gelangweilt von der Ereignislosigkeit der vergangenen Nächte, habe sich zum Luisenhof begeben und wohl etwas zu enthusiastisch die Suite gestürmt. Dort trafen sie auf acht Herren, die, angetrunken und erschrocken, unmittelbar die Fäuste schwangen. So blieb leider keine Zeit, sich auszuweisen und den Sachverhalt friedlich zu klären. Die Beamten ihrerseits fackelten nicht lange, Widerstand gegen die Staatsgewalt ist kein Kavaliersdelikt, und überwältigten die Anwesenden mit der gebotenen Entschlossenheit.
    Nach der Überprüfung der Personalien sei man sich aber einig gewesen, dass weiter keine Gefahr bestünde. Immerhin fanden sich unter den Teilnehmern auch zwei Hannoveraner Honoratioren, Männer, über jeden Verdacht erhaben. Das Geld habe man trotzdem beschlagnahmen müssen, da sich seine Herkunft in dem Wirrwarr nicht endgültig feststellen ließ, und den Vorgang nun der Staatsanwaltschaft übergeben.
    Ich bedankte mich herzlich für die umfassende Information und rief bei der Staatsanwaltschaft an. Der Vorfall war aber noch so frisch, dass niemand die Akte fand oder sich zuständig fühlte und man mich auf den nächsten Tag vertröstete.
    Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und sortierte die Post zu drei akkuraten Häufchen. Das klingt gar nicht so schlecht, dachte ich, jedenfalls nicht nach Drogen oder Mafia. Vielleicht kommen wir mit einem blauen Auge davon.
    Am Abend schließlich führte ich das unvermeidliche Problemgespräch mit meinem Pokerface.
    »Du wirst angeklagt«, sagte ich düster.
    »Was? Warum denn? Wir haben doch nur Karten gespielt.«
    »Widerstand gegen die Staatsgewalt, wahrscheinlich Sachbeschädigung und …«, ich machte eine dramatische Pause, »… die unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels, Paragraph 284 des Strafgesetzbuches.«
    »Meine Güte, das war völlig harmlos. Außerdem sind wir angegriffen worden.«
    Alexej, der sich zu uns gesetzt und fleißig in sein Notizbuch geschrieben hatte, sagte fragend sein erstes deutsches Wort: »Straffgesätzbuch?«
    Artjom übersetzte, Alexej nickte wissend, beide lachten. So ging das nicht.
    »Alexej, sei so nett, und lass uns einen Augenblick allein, ja?«
    Alexej nickte, blieb sitzen und schrieb weiter. Ich seufzte.
    »Artjom, das ist kein Spaß. Du kannst ernsthafte Schwierigkeiten bekommen. Wie lange geht das denn schon mit diesen … harmlosen Herrenrunden?«
    »Das war das erste Mal.«
    »Artjom!«
    »Mann, das hat sich halt im Laufe der Zeit so ergeben. Auf einer Konferenz hat man mich mal angesprochen, ob ich nicht nach der Veranstaltung noch ein zwangloses Get-Together organisieren könnte. Als harmonischen Ausklang, sozusagen.«
    »Soso, harmonischer Ausklang.«
    »Genau, und da kam mir die Idee mit dem Poker. Ein gepflegtes Kartenspiel in angenehmer Atmosphäre und in einer kleinen, ausgesuchten Runde.«
    »Dir ist schon klar, dass das illegal ist?«
    »Na ja«, Artjom breitete die Arme aus, »es kann doch niemand etwas dagegen haben, wenn ein paar Männer sich zum Spielen treffen.«
    »Wenn dreißigtausend Euro auf dem Tisch liegen, schon.«
    »Können wir nicht sagen, dass das Geld für karitative Zwecke gedacht war?«
    »Für was?«
    »Spenden. Für ein Waisenhaus, den Tierschutzverein oder so. Das findet ihr Deutschen doch gut. Ich leiere das mal an.«
    »Du machst gar nichts. Ich kümmere mich darum. Unter einer Bedingung.«
    »Hmmm?«
    »Keine Pokerrunden mehr.«
    »Och, Paula …«
    »Kein Poker. Oder ich lass mich scheiden.«
    »Pffft, manchmal bist du spießig.«

[home]
    14
    D ie zuständige Staatsanwältin in Hannover war ein echter Zerberus. »Da kommt so einiges auf Sie zu! Drei der Polizeibeamten befinden sich immer noch in ärztlicher Behandlung. Dann haben wir noch Vergehen nach Paragraph 284 oder zumindest Paragraph 285 . Hat sich das Hotel schon mit Ihnen in Verbindung gesetzt? Wegen der entstandenen Schäden?«
    »Moooment«, unterbrach ich sie, »mein Mandant und seine Freunde sind überfallen worden. Zu keinem Zeitpunkt war ihnen bewusst, dass es sich bei den Angreifern um Polizisten handelte. Sie

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