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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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schaffte es mein Ex, einen außergerichtlichen Vergleich herbeizuführen. Er überzeugte die Staatsanwältin davon, dass niemand in der Zeitung lesen wolle, die niedersächsische Polizei sei ein Schlägertrupp und verprügele harmlose Bürger.
    Selbstverständlich würden seine Mandanten für alle entstandenen Schäden aufkommen, das beschlagnahmte Geld – er wies einwandfrei nach, dass es den acht Herren zu gleichen Teilen gehörte, was nach meiner Berechnung einen Pro-Kopf-Anteil von exakt dreitausendsiebenhundertfünfzig Euro ergab – wurde gespendet und kam zwei Stiftungen zugute. Eine Hälfte ging an die »Polizeistiftung Niedersachsen«, die andere an die »Haus & Grundeigentum Bürgerstiftung«, die unter anderem älteren Hannoveraner Immobilienbesitzern unter die Arme griff, wenn diese in Not gerieten.
    »Das mit den Spenden, das war meine Idee«, sagte Artjom und kratzte sich selbstzufrieden an der Nase. »Den Rest hat Bernhard super hinbekommen. Dein Ex ist echt ein feiner Kerl.«
    »Nein, ist er nicht. Sonst wär ich ja bei ihm geblieben und hätte dich nicht geheiratet. Aber als Anwalt taugt er wirklich etwas.«
     
    Der feine Wolf im Schafspelz hatte mich ganz unerwartet zum Mittagessen gebeten. Misstrauisch folgte ich seiner Einladung und ging davon aus, dass er mir bei dieser Gelegenheit seine übertriebene Rechnung präsentieren wollte.
    Als ich den noblen Italiener in Eppendorf betrat, saß Bernhard schon da und sprang eilfertig auf, um mir den Stuhl zurechtzurücken.
    »Hallo, Paula, schön, dass du Zeit hast. Gut siehst du aus.«
    »Danke.« Die Rechnung musste sehr hoch sein.
    »Du hast dich überhaupt sehr verändert. Dein Outfit, deine Frisur, deine ganze Art …«
    Ich schaute an mir herab. In der Tat war ich dazu übergegangen, mich etwas lebensfroher zu kleiden. Keine gedeckten Töne mehr, eher kräftige Farben. Weniger Jeans und Blazer, dafür Röcke und Kleider. Auch höhere Absätze traute ich mir zu, noch nicht Lenas Format, aber immerhin. Meine Haare hatte ich durchstufen lassen, das fade Aschblond durch helle Strähnen aufgelockert. Ich gefiel mir gut.
    Wir bestellten beim wartenden Kellner. Dann hakte ich nach.
    »Was ist an meiner Art denn so anders?«
    »Du bist so … so … nun ja, so selbstbewusst geworden. Gar nicht mehr die graue Maus von früher.«
    Ob ich ihm einfach eine semmeln sollte?
    »Danke, Bernhard, du hast es schon immer verstanden, Komplimente zu machen. Und, wie schaut’s bei dir aus?«
    Ich betrachtete den Superanwalt. Obligatorisches Gel im Haar, blödes Hemd, blöde Hose, blöde Schuhe. Sofort war ich stolz auf meinen Mann. Artjom mochte ein Paradiesvogel sein, aber er hatte einfach dieses gewisse Extra, dieses innere Leuchten, das aus seiner Menschlichkeit und Wärme resultierte.
    Bei Bernhard leuchtete nichts. Im Gegenteil, ich fand, dass er ziemlich fertig aussah. Seine Augen waren blutunterlaufen, unter ihnen lagen schwarze Schatten.
    »Geht’s dir nicht so gut? Du siehst aus, als hättest du nächtelang nicht geschlafen.«
    »Hab ich auch nicht«, er gähnte, »der Kleine schreit die ganze Nacht. Und Madame erwartet von mir, dass ich dann aufstehe. Weil ihr Tag mit dem Baby ja schon stressig genug ist.«
    Unser Essen wurde serviert, Bernhard musste sein Gejammer unterbrechen.
    Soso, Schatzilein war also schon zu Madame mutiert, dachte ich. Das ging schnell.
    »Stimmt, du bist Vater geworden. Herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Stammhalter. Wie heißt er denn?«
    »Hubertus. Aber ein Kind macht ja so viel Arbeit«, jammerte er, »das glaubst du gar nicht. Ewig dieses Geschrei. Der Gestank von den Windeln! Und Claudia lässt sich total gehen, die hat mindestens noch zehn Kilo zu viel auf den Rippen.«
    »Bernhard«, unterbrach ich ihn, »ich bin nun wirklich die falsche Adresse, wenn du dich über deine Frau beschweren willst.«
    »Das ist nicht meine Frau.«
    »Freundin, Lebensgefährtin, was weiß ich. Und die Mutter deines Kindes! Ein bisschen mehr Respekt täte dir da ganz gut. Warum wolltest du mich eigentlich treffen?«, wechselte ich das Thema.
    Aufmerksam inspizierte er die Nudel auf seiner Gabel und sagte gedehnt: »Haaach, weißt du, eigentlich nur so. Ich finde es ganz schön, dass wir wieder Kontakt haben.« Er hüstelte. »Vielleicht können wir den weiter intensivieren …«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich bin ja auch nur ein Mensch. Und Menschen machen Fehler. Diese Affäre damals war wahrscheinlich so ein Fehler. Obwohl du auch

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