Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition)
jetzt alle euer Bestes geben mit den Ersatzspielern, die wir reinnehmen mussten , sagte der Direx, und ich fand den Boden plötzlich total interessant und betrachtete ihn genau, während der Direx noch etwas sagte, was ich nicht mitbekam.
Am Spielfeldrand standen Eltern und Großeltern. Zwischen den braunen, schwarzen und roten Köpfen sah ich einen pinken und einen grünen und einen mit einem gelben Hijab. Ich versuchte, ganz sportlich zu wirken, und machte drei Ausfallschritte und zehn Scherensprünge, während wir auf die andere Mannschaft warteten. Und ich lief am linken Rand des Spielfelds auf und ab und übte Dribbeln, obwohl ich gar keinen Ball hatte.
Endlich kamen die Spieler von Grasmere auf den Platz. Der Schiedsrichter rief Kapitäne zu mir. Ryan trat zu ihm, und Daniel lief rot an vor Neid. Kopf , sagte Ryan, und der Schieri sagte Nein, Zahl , deshalb kriegte die andere Mannschaft das Anspiel. Dann kam der Pfiff, und ich war zum ersten Mal nicht als Tormann auf dem Platz.
Bei den ersten drei Ballkontakten wurde ich gefoult. Der Junge, der auf mich angesetzt war, sah aus, als sei er schon dreizehn. Er hatte Haare auf der Oberlippe, und an seinem Hals ragte etwas vor, das eher wie eine Adamsmelone als wie ein Adamsapfel aussah. Er war stark und tough und roch nach Deo wie ein erwachsener Mann. Nach fünf Minuten waren meine Beine schlammverschmiert, mein Knie tat mörderisch weh, weil ich einen Tritt abgekriegt hatte, und meine Zehen kribbelten wegen der engen Schuhe, trotzdem war ich im siebten Himmel. Mein Gegenspieler war groß, aber langsam, und ich kam leicht an ihm vorbei.
Ich strengte mich mehr an als in meinem ganzen Leben zuvor, und ich hoffte, dass Jas und Leo und Sunya mich gut finden würden. Und ich fragte mich, ob Dad wohl zuschaute und ob er beeindruckt war von mir. Immer wenn ich an den Ball kam, hörte ich im Kopf einen Fußballkommentator: Jamie Matthews schlägt einen ausgezeichneten Pass in den Strafraum und umläuft einen Abwehrspieler, dann noch einen und noch einen und noch einen. Neuzugang Matthews spielt eine großartige erste Halbzeit.
Nach fünfundvierzig Minuten lagen wir null zu eins zurück. Unser Tormann hatte ein Eigentor reingelassen. Daniel sagte, der Tormann sei ein Weichei und der könne ums Verrecken nicht Fußball spielen. Ryan lachte, aber ich lachte nicht mit. Ich weiß, wie es sich anfühlt, Torhüter einer unterlegenen Mannschaft zu sein. Wir aßen Orangenschnitze, die ganz lecker waren, und ich bekam klebrige Hände davon. Dann mussten wir wieder raus.
Wir hatten jede Menge Chancen, kriegten aber den Ball nicht ins Netz. Daniel traf den Pfosten. Ryan traf mit einem Kopfball aus meiner Ecke die Querlatte. Die Zeit verging, und die Angst in meinem Bauch fühlte sich wie ein Ballon an, der immer größer wird. Dann ging ein Junge namens Fraser im Strafraum zu Boden, und der Schieri gab Strafstoß, und Daniel wollte ihn machen, aber Ryan sagte Nein, den übernehm ich . Er schoss ihn in die obere rechte Torecke. Dann riss er die Arme hoch und rannte zu seinen Fans, und der Rest der Mannschaft lief ihm nach. Als ich da ankam, hatten sie schon aufgehört zu jubeln, und ich musste lossprinten, um am linken Spielfeldrand zu sein, als Grasmere wieder anstieß.
Ich war schon ganz kraftlos, aber irgendwie lief ich immer weiter. Obwohl mir die Füße wehtaten, ließ ich nicht locker, nicht eine Sekunde. Der Direx marschierte am Spielfeldrand auf und ab, und seine glänzenden Schuhe waren schmutzig geworden, und er schrie irgendwelche Anweisungen, die ich nicht hören konnte. Ich hatte zu viel Blut im Kopf, und in meinen Ohren rauschte es, wie wenn man an einer Muschel horcht. Der Schieri schaute auf die Uhr, und ich wusste, dass wir nur noch eine Minute bis zum Schlusspfiff hatten, und plötzlich hatte ich den Ball und lief an meinem Gegenspieler vorbei bis zum Rand des Strafraums. Ich hatte den Ball immer noch und dribbelte und hatte den Ball immer noch, und dann war da nur noch der Tormann. Der Kommentator in meinem Kopf schrie Jamie Matthews hat die Chance , das Spiel für seine Mannschaft zu entscheiden, und ich dachte an Mum und Dad und Jas und Sunya und trat mit dem linken Fuß mit aller Kraft gegen den Ball.
Dann lief alles in Zeitlupe ab. Der Tormann sprang hoch. Seine Füße lösten sich vom Boden. Er streckte die Hände aus. Das Netz beulte sich aus. Die Zuschauer rissen die Arme hoch. Der Ball war im Tor.
Er war wirklich im Tor. Ich starrte mit aufgerissenen
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