Meine Schwester und andere Katastrophen
von ausgewählten Schamhaaren zu ignorieren. Während Cassie zu einer Eve-Lom-Gesichtsbehandlung verschwand, legte mich eine nette Dame in weißem Mantel unter ein warmes Handtuch und verabreichte mir eine Tiefengewebsmassage. Mir fiel unwillkürlich ein, dass in den Schwangerschaftsbüchern geraten wurde, während des ersten Schwangerschaftsdrittels keine Behandlungen oder Aromatherapien vorzunehmen, und dabei kam mir der Gedanke, dass sie mir im wahrsten Sinn des Wortes einmassierte, dass ich nicht mehr schwanger war.
Jede Woche verwöhnte Cassie mich mit einer umsichtigen Geste, einer kleinen Leckerei. Eines Tages erschien sie mit einem Korb voller Delikatessen aus ihrem italienischen Feinkostgeschäft. Er war gefüllt mit Parmaschinken, weichem, geschmeidigem Käse, Schokolade-Espressobohnen und edlem
Rotwein, alles eingebettet in rosa Seidenpapier. Ich nehme an, der Korb sollte mir sagen, dass es auch Vorteile hat, nicht schwanger zu sein. Sie meinte es nur gut, ich weiß. Aber ganz ehrlich gesagt kamen die freundlichen Gesten zu spät. Sie hatte mir mein Baby missgönnt, und jetzt war mein Baby tot. Ich hatte das Gefühl, dass sie mit ihrer neidischen Ausstrahlung die Katastrophe herbeigeführt hatte.
Ich hasste sie.
KAPITEL 14
Unsere Mutter hatte keine Ahnung von guten Umgangsformen, und oft träumte ich, wenn sie etwas sagte, sie brutal mit Erdnussbutter vollzustopfen, bis ihr die Zunge am Gaumen klebte. Einmal waren wir beide zu einer Beschneidungsfeier eingeladen. Alle, der Rabbi eingeschlossen, waren mit Schwatzen beschäftigt, weshalb niemand bemerkte, dass das Baby jeden Augenblick von seinem Samtkissen auf den Boden zu fallen drohte. Tim rief: »Vorsicht!« Und Vivica schrie: »JESUS!«
Aber zu meiner Überraschung schien sie mich halbwegs zu verstehen. Sie wirkte traurig und bedrückt, als sie mich besuchen kam, und jammerte dann: »Ich hätte dem Kind nichts zum Anziehen kaufen sollen. Ich habe mich hinreißen lassen. Ich habe es schon als Teil der Familie betrachtet.«
Natürlich hatte ich meine ungeborene Tochter bereits als Teil der Familie betrachtet. Aber ich hatte geglaubt, die Einzige zu sein. In meinen Träumen führte sie ein ganz eigenes Leben. Es rührte mich, dass Vivica die Schuld bei sich suchte. Normalerweise reagierte sie auf jeden dezenten Hinweis unseres Vaters, dass sie für etwas verantwortlich sein könnte - etwa weil sie eine Zigarette nicht ausgedrückt und dadurch seinen geliebten Parker-Knoll-Sessel zu einer schwarzen Karkasse verkohlt hatte -, abweisend und fassungslos.
Ehrlich gesagt war ich froh, dass Vivica Babysachen gekauft
hatte. Es zeigte mir, dass sie an das Baby geglaubt hatte. Das war wichtig. Wie bei den Feen. Wenn du an etwas nicht glaubst, dann stirbt es. Cassie zum Beispiel hatte nicht an mein Baby geglaubt. Wir, die Glaubensfesten, hatten dem Baby das Zimmer mit den hellblauen Wänden zugewiesen, und dort saß ich jetzt jeden Tag auf den gefirnissten Dielenbrettern, drückte die winzigen Hosen und Leibchen an mein Gesicht und weinte still in den weichen Stoff.
Tims Mutter war ganz weicher Busen und weiche Stimme, weshalb ich erwartet hatte, dass sie perfekt reagieren würde - ein emotionales Ein-Frau Rettungskommando -, aber ich hatte mich getäuscht. Sie kam uns besuchen und erwähnte, abgesehen von einem kurzen »Wie geht es dir?«, die Fehlgeburt mit keinem Wort. Im Gegenteil, sie wirkte fast mürrisch, so als hätte ich sie böswillig um ihr Enkelkind gebracht. Zum Abschied gab sie mir den goldenen Rat: »Nächstes Mal musst du dich entspannen und es zulassen , Elizabeth.«
Ich kannte sie seit sieben Jahren und entdeckte schlagartig, dass ich sie überhaupt nicht kannte. Sie und Tims Vater hatten sich unserer Familie gegenüber stets höflich und respektvoll verhalten, wobei Höflichkeit und Respekt leicht aufrechtzuerhalten waren, da sie unsere Familie kaum je sahen. Außerdem kam mir der Gedanke, dass ich bis dahin die perfekte Freundin für ihren Sohn gewesen war. Tims Eltern waren nie auf den Gedanken gekommen, dass ich irgendwie nicht funktionieren könnte. Ich war nicht sexy, ich war nicht darauf aus, sie von meinen politischen Ansichten zu überzeugen, ich war nicht gepierct, ich aß genug und ich betete ihren Jungen an. Mrs Higgins war immer so nett zu mir gewesen, weil ich ihr nie einen Grund gegeben hatte, es nicht zu sein.
Tim fand unzählige Rechtfertigungen für sie, bis ich zu rätseln begann, ob er mich wohl genauso ritterlich
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